Frage an Andrea Nahles von Jürgen G. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrte Frau Nahles
ich werde mit meiner Familie in Kürze in die Grafschaft ziehen und möchte daher gerne wissen, was "meine" Abgeordnete zu einem Thema sagt, dass mich Woche brennend interessiert.
Fokussiert hat dieses Interesse der Zwischenruf von Herrn Jörges im STERN 3/2007 mit dem Titel "Unsere versteckten Toten". Hier wird deutlich gemacht mit welchem Desinteresse der Tod von Bundeswehrangehörigen im Auslandseinsatz von den offiziellen Instanzen unserer Republik behandelt wird.
Insbesondere würde mich hier die Lesart im Bundestag interessieren, der -wie ich meine- zu nonchalant und mit leichter Hand Soldaten (Familienväter, Söhne - Individuen halt ,und keine uniformierte Masse) in Auslandseinsätze schickt und dann nicht einmal bereit ist gefallene Kameraden auch als solche zu bezeichnen, geschweige denn ihnen ein würdiges Gedenken zu gewähren.
Den Datenschutz als bequemen Schutzwall gegen Verantwortung und schlechtes Gewissen vorzuschieben kann es wohl nicht sein. Schutz der Hinterbliebenen? Mit der Entscheidung zu einem Einsatz gehören die Opfer desselben nicht mehr alleine den Familien sondern allen Bürgern und gerade unsere Volksvertreter sollten sich dieser Bürde bewusst sein.
Ich bin selber Berufssoldat und habe mit meiner Entscheidung für diese Berufung auch bewusst das damit verbundene Risiko für Leib und Leben in Kauf genommen. Ich habe dieses Thema mit meiner Frau besprochen und ihr wäre es unerträglich wenn sie zum Verlust auch noch zusätzlich die Ignoranz derer wegstecken müsste, die für diesen verantwortlich zeichnen.
Diese Diskussion betrifft natürlich nicht nur Soldaten - sondern auch Polizisten, Bundespolizisten, etc. die mit Bundestagsplacet in Einsätze geschickt werden.
Ein anonymisierendes Ehrenmal für unsere Toten auf dem unzugängliche Gelände des Bundesverteidigungsministeriums würde dem geschuldeten öffentlichen Interesse jedenfalls m.E. in keiner Weise gerecht werden.
Ich freue mich auf Ihre Ansicht.
MfG
J.Gehring
Sehr geehrter Herr Gehring,
ich kann ihr Anliegen verstehen, muss Ihnen aber widersprechen, dass der Deutsche Bundestag und ich als Abgeordnete selbst mit leichter Hand Soldaten in Auslandseinsätze entsenden. Umfangreiche Debatten in den Parteien, entsprechenden Ausschüssen und im Plenum gehen solchen Beschlüssen voraus. Und glauben Sie mir, niemandem fällt der Beschluss über einen Auslandseinsatz der Bundeswehr leicht. Insbesondere weil alle wissen, welche Gefahren bestehen. Darüber hinaus werden die in einem solchen Einsatz getöteten Soldaten keinesfalls ignoriert. Bundespräsident Horst Köhler hat z. B. bei der zentralen Gedenkveranstaltung zum Volkstrauertag im Bundestag gesagt: "Wir trauern um die Bundeswehrsoldaten und anderen Einsatzkräfte, die im Auslandseinsatz ihr Leben verloren haben". Darüber hinaus wurde auch in der Neuen Wache seitens des Bundestages und der Bundesregierung u. a. der im Auslandseinsatz getöteten Soldaten gedacht. Angela Merkel hat im Bundestag dazu geredet. Insofern sind sich alle Bundestagabgeordneten ihrer Verantwortung gegenüber den Angehörigen der Bundeswehr und insbesondere derer, die im Auslandseinsatz sind, sehr bewusst.
Mit freundlichen Grüßen
Andrea Nahles