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Frage von Hans-Günter G. •

Frage an Andrea Nahles von Hans-Günter G. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Seher geehrte Frau Nahles,
die scharfe Kritik der Gewerkschaften an den vielen Ausnahmeregelungen beim geplanten Mindestlohn, sind m. E. voll berechtigt, denn sie verstoßen nicht nur gegen das Gleichheitsprinzip, sonder treffen genau die Menschen , die den Schutz vor Ausbeutung und Diskriminierung am dringendsten brauchen.
Z.B. die Zeitungsausträger, die bei Wind und Wetter, meist zu nachtschlafender Zeit, ihre Arbeit verrichten und wir alle froh sind, wenn wir zum Frühstück unsere Tageszeitung lesen können. Doch Sie, Frau Nahles, kuschen vor der Macht der Verleger – warum eigentlich? Was hat man Ihnen geboten, dass Ihnen das Wohlwollen der Verleger wichtiger ist, als der Schutz der fleißigen Austrägerinnen und Austräger vor Ausbeutung?
Ist etwa die Zusage einer positiven Berichterstattung zur Regierungsarbeit der Judaslohn für diese Ausnahmeregelung?
In der Internetzeitung www.nachdenkseiten.de vom 01.07.2014 konnte man erfahren, dass mit zwei Ausnahmen, sämtliche Tageszeitungen mit einer Auflage von mehr als 200.000 Exemplaren Familien gehören, die in der Manager-Magazin-Top-500-Liste der reichsten Deutschen vertreten sind. Diese verdanken Ihren Reichtum auch von den Hungerlöhnen ihrer Austrägerinnen und Austräger.
Ist Ihr Versprechen, dass ja ab 2017 auch diese Menschen den Mindestlohn bekämen, überhaupt noch glaubhaft? Warum sollen die Zustellerinnen und Zusteller bis 2017 warten?
Haben sich die Verhältnisse oder Bedingungen für die Verleger bis dahin geändert?
Zahlt die Bundesregierung den Zustellerinnen und Zusteller die Differenz vom Hungerlohn zum Mindestlohn?
Mit verständnislosen Grüßen
Hans-Günter Glaser

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Glaser,

auch Sie unterliegen dem Irrtum, dass es beim Mindestlohn Ausnahmen gibt. Die wird es nicht geben. Keine Branche ist ausgenommen. Darüber hinaus wird der Mindestlohn sogar bereits 2017 erhöht.

Das, was Sie meinen, sind fast ausschließlich die von Anfang an geplanten Übergangsregelungen für zwei Jahre bis 2016. In einer Übergangszeit bis zum 31. Dezember 2016 ist es möglich, per Tarifvertrag auf der Grundlage des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes davon abzuweichen. Ab dem 1. Januar 2017 gilt der allgemeine gesetzliche Mindestlohn ohne jede Einschränkung. Die Zeitungsverleger haben einen Tarifvertrag nicht hinbekommen. Aus diesem Grund schaffen wir im Gesetz eine Stufenregelung. 2016 darf ein Lohn nur 15 Prozent, im Jahre 2015 nur 25 Prozent unter dem gesetzlichen Mindestlohn liegen. Ab dem 1. Januar 2017 gibt es für alle 8,50-EUR.

Letztlich gilt der gesetzliche Mindestlohn für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, damit sind Auszubildende und Ehrenämtler nicht erfasst. Ausgenommen sind Kinder und Jugendliche im Sinne des Jugendarbeitsschutzgesetzes, also unter 18 Jahren, ohne Berufsabschluss. Sie sollen nicht wegen besser bezahlter Hilfstätigkeiten auf eine Ausbildung verzichten.

Für Praktikantinnen und Praktikanten, die ein verpflichtendes Praktikum im Rahmen von Schule, Ausbildung oder Studium absolvieren oder ein Schnupper- bzw. Orientierungspraktikum von maximal sechs Wochen für die Wahl einer Ausbildung machen, gilt der Mindestlohn ebenfalls nicht. Gleiches gilt für freiwillige Praktika von bis zu sechs Wochen begleitend zu einer Berufs- oder Hochschulausbildung, wenn nicht zuvor ein solches Praktikumsverhältnis mit demselben Ausbildenden bestanden hat. Die Vorschriften zur angemessenen Vergütung für Praktikanten nach dem Berufsbildungsgesetz bleiben in solchen Fällen unberührt.

Bei Personen, die zuvor langzeitarbeitslos im Sinne von §18 Drittes Sozialgesetzbuch waren, kann in den ersten sechs Monaten vom Mindestlohn abgewichen werden. Beschäftigte, für die ein Tarifvertrag gilt, werden nach Tariflohn bezahlt. Die Bundesregierung wird zum 1. Januar 2017 überprüfen, ob diese Ausnahme zu besseren Beschäftigungschancen von Langzeitarbeitslosen geführt hat. Ihnen soll die Chance auf eine Perspektive im ersten Arbeitsmarkt nicht verbaut werden.

Beste Grüße,
Andrea Nahles