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Andrea Nahles
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Frage von Claudiac J. •

Frage an Andrea Nahles von Claudiac J. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Nahles,

Das Thema "Zwangsbehandlung psychiatrisch auffälliger Personen" erweckt starke Emotionen und steht z.B. bei mir persönlich auf einer Stufe mit Hexenverfolgung, Holocaust, Euthanasie im Nationalsozialismus, Ausschaltung politischer Gegner in Diktaturen u.s.w.

Das Thema ist außerordentlich negativ besetzt.

Das Bundesverfassungsgericht hat sich eindeutig gegen Zwangsbehandlung positioniert.

Es gibt zahlreiche aktuelle Skandale, wo Psychiatrie mißbräuchlich gegen unliebsame "querulatorisch" denkend und handelnde Bürger eingesetzt wurde, z. B. gegen Gustl Mollath oder die hessischen Steuerfahnder.

Es gibt keinen vernünftigen, menschlich vertretbaren Grund, eine Zwangsbehandlung gesetzlich einzuführen.

Das Hamburger Modell, durch das Zwangsmaßnahmen auf ein Zehntel gesungen sind, zeigt, daß es für wirklich relevante Fälle wirksame Alternativen gibt.

Meine Fragen lauten:
Warum wird im Bundestag ein so radikaler, menschenfeindlicher Gesetzentwurf zur Zwangsbehandlung diskutiert, wenn er aktuell verfassungsfeindlich ist und außerdem es mit dem Hamburger Modell eine wirksame und menschliche Alternative gibt.

Wie ist Ihre persönliche Einstellung zu dieser Thematik.

Mit freundlichen Grüßen
Claudia Jurjanz

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Jurjanz,

eine Gleichsetzung beispielsweise mit dem Holocaust lehne ich ab und sehe diese auch nicht als richtige Herangehensweise an das Thema.

Infolge der Änderung der Rechtsprechung sehen wir ebenso wie die Bundesregierung dringenden Handlungsbedarf. Es handelt sich hier auch um einen erheblichen Eingriff in die Grundrechte der Betroffenen. Entgegen der ursprünglichen Planung, nach der eine gesetzliche Grundlage für eine solche Zwangsbehandlung im Rahmen eines bereits eingebrachten Gesetzentwurfes geschaffen werden sollte, liegt nun ein entsprechender Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen vor. Dieser wird in 1. Lesung beraten.

Bereits am 19. November 2012 hat der federführende Rechtsausschuss ein Expertengespräch zu dem Entwurf durchgeführt. Derzeit finden weitere Berichterstattergespräche statt, um möglichst gemeinsam zu einer Regelung zu finden, die für alle tragbar ist und die verfassungsrechtlichen Anforderungen erfüllt. Wir werden uns für die zeitnahe Durchführung einer öffentlichen Sachverständigenanhörung einsetzen, um alle Beteiligten in das Gesetzgebungsverfahren mit einzubeziehen.

Darüber hinaus haben wir in der Fraktion eine thematische Arbeitsteilung und ich würde Sie bitten, weitere Fragen zum Thema unserer zuständigen Berichterstatterin Hilde Mattheis zu stellen.

Unter folgendem Link finden Sie eine Stellungnahme zum Thema von ihr: http://www.spdfraktion.de/presse/pressemitteilungen/%C3%BCber-%C3%A4rztliche-zwangsbehandlungen-darf-nicht-leichtfertig-entschieden-werd

Beste Grüße
Andrea Nahles