Frage an Andrea Nahles von Bernd B. bezüglich Finanzen
Sehr geehrte Frau Nahles,
im Mai 2011 habe ich Sie gefragt, warum in unserem Lande immer noch 2 Versorgungssysteme bestehen. Warum Beamte und "normale" Arbeitnehmer bei der Zahlung ihrer Ruhestandsgehälter bzw. Renten so unterschiedlich behandelt werden. Sie antworteten mir damals, das es bereits Diskussionen gibt, die Ausgaben für Beamtenpensionen einzuschränken. Ich würde gerne von Ihnen als einflussreiche Volksvertreterin wissen, welche Änderungen in diesen knapp 15 Monaten nach Ihrer Antwort vollzogen wurden oder welche Änderungen in der Höhe der Beamtenpensionen kurzfristig geplant sind. Desweiteren würde ich gerne wissen, welchen Beitrag Beamte in der Zukunft an den steuerfinanzierten Pensionen leisten werden, um die Ungerechtigkeit der Höhe und Bemessung der Renten bzw. Pensionen auszugleichen. Reformen der gesetzlichen Rente werden immer schnell durchgewunken, Pensionsangelegenheiten werden m.E. nach totgeschwiegen. Es erscheint wie der blanke Hohn, das in einer Zeit der Diskussion über die mickrigen Rentenhöhen in der Zukunft, die Beamtenpensionen und deren Kosten in keinster Weise diskutiert werden. Eine Erhöhung der Diäten in NRW für eine angemessene Altersvorsorge der Landtagsabgeordneten über € 500,-- die schnellstens durchgewunken wurde, kann man als Steuerzahler dagegen als Frechheit und Volksverrat beurteilen.
Gerechterweise müsste man bei Beamten den Barwert der zukünftigen Pension analog dem Barwert einer Firmenleibrente versteuern.
Was spricht Ihrer Meinung nach gegen eine Gleichstellung aller Pensionssysteme, in das Arbeitnehmer, Arbeiter und Beamte , meinetwegen auch Freiberufler und Selbständige einzahlen ? Mit dem Ergebnis, das alle dieselbe Rente bekommen und weitere Ansprüche privat ergänzt werden müssen.
Sehr geehrter Herr Bremer,
für die Kritik an der Gestaltung und der Höhe der Pensionen habe ich Verständnis. Ich will aber auch darauf verweisen, dass ein Großteil der Beamtinnen und Beamten weder über besonders hohe Gehälter noch über besonders hohe Pensionsansprüche verfügen. Polizisten, Feuerwehrleute oder die Beschäftigten in Meldeämtern erfüllen wichtige staatliche Aufgaben bei durchschnittlichen Gehältern.
Die beiden unterschiedlichen Alterssicherungssysteme sind historisch und systematisch bedingt und nur bedingt vergleichbar. Unsere gesetzliche Rentenversicherung ist als Sozialversicherung für abhängig Beschäftigte entstanden und funktioniert bis heute nach dem Äquivalenzprinzip, d.h. dass sich die Rentenleistung im Alter aus der addierten Beitragsleistung während des gesamten Erwerbslebens ergibt. Dagegen fußt die Altersversorgung der Beamten auf den Grundsätzen des Berufsbeamtentums. Diese Grundsätze des Berufsbeamtentums sind verfassungsrechtlich geschützt.
Tatsächlich erwerben Beamte Pensionsansprüche, ohne selbst Beiträge einzuzahlen. Pensionen werden unmittelbar aus Steuermitteln gezahlt. Dies ergibt sich aus dem so genannten Alimentationsprinzip, nach dem der Dienstherr verpflichtet ist, Beamten während des aktiven Dienstes, bei Krankheit und Invalidität und nach dem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst einen angemessenen Lebensunterhalt zu gewährleisten. Dem entspricht ein besonderes öffentlich-rechtliches Dienst- und Treueverhältnis, das beispielsweise das Streikrecht ausschließt.
Für das Sicherungsniveau in der gesetzlichen Rente und bei den Beamten kann durchaus ein Vergleich zwischen Beamten und Angestellten des öffentlichen Dienstes angestellt werden. In diesem Fall ist aber nicht allein die Leistung der gesetzlichen Rentenversicherung heranzuziehen, sondern auch das Zusatzversorgungssystem des öffentlichen Dienstes, um das Sicherungsniveau beurteilen zu können. Letztlich geht es bei beiden Alterssicherungsprinzipien um eine annähernde Sicherung des Lebensstandards im Alter, die in der Regel erreicht werden kann.
Zweifellos gibt es aber bei der Beamtenversorgung Vorteile gegenüber den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, die sich ihre Rentenansprüche durch Beitragszahlungen erarbeiten müssen. Die SPD will deshalb die gesetzliche Rentenversicherung langfristig auf alle Erwerbstätigen ausdehnen – also auch Beamte mit einbeziehen. Kurzfristig ist dieses Ziel nicht zu erreichen, da wesentliche Elemente der Beamtenversorgung durch Artikel 33 des Grundgesetzes geschützt sind. Außerdem kann der Bund seit der Föderalismusreform nur noch die Versorgung der Bundesbeamten (und Berufssoldaten) regeln. Für die weitaus größere Zahl der Landesbeamten liegt die Gesetzgebungszuständigkeit seitdem beim jeweiligen Land. Auch wenn ein grundlegender Wechsel im System der Beamtenversorgung bis auf Weiteres nicht stattfinden kann, sind Änderungen des Rentenrechts auf die Beamtenversorgung übertragen worden. So ist mit dem Versorgungsänderungsgesetz 2001 der sogenannte Riester-Faktor, mit dem die Rentensteigerungen vermindert werden, in die damals noch bundeseinheitliche Beamtenversorgung übernommen worden.
Ursprünglich war auch geplant, den in der Rentenversicherung ab 2005 zusätzlich eingeführten Nachhaltigkeitsfaktor im Beamtenversorgungsrecht umzusetzen. Der entsprechende Antrag der SPD-Bundestagsfraktion ist jedoch durch das vorzeitige Ende der Wahlperiode im Sommer 2005 nicht weiter beraten worden und wurde bislang nicht erneut aufgegriffen, da auch Ihnen ja bekannt ist, dass die SPD derzeit nicht die Bundesregierung stellt. Trotzdem wollen wir auch
in Zukunft als SPD darauf achten, dass Veränderungen in der gesetzlichen Rente auch auf die Beamtenversorgung übertragen werden und Schritte zur Angleichung der beiden Alterssicherungssysteme gemacht werden.
Beste Grüße
Andrea Nahles