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Frage von Nico R. •

Frage an Andrea Nahles von Nico R. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrte Frau Nahles,

ihr Parteigenosse Albrecht Müller hat auf seinem Internetblog "nachdenkseiten.de"
erläutert, wie die mediale Meinungsmache in Bezug auf 10 Jahre Hartz V zu werten ist.
http://www.nachdenkseiten.de/?p=14179

Was halten Sie davon?

Zudem schreibt er unter "Die gravierendste Folge von Hartz IV: Die Zerstörung der Arbeitslosenversicherung" folgendes:
"Wenn abhängig arbeitende Menschen damit rechnen müssen, nach einem Jahr Arbeitslosigkeit auf das Niveau von Hartz IV abzusinken und dann auch ihre Ersparnisse angreifen zu müssen[...]"

Stimmt es, dass ALG-2-Empfänger ihre Ersparnisse angreifen müssen? Für was soll man dann überhaupt noch sparen? In der heutigen Gesellschaft, in der gerade junge Leute wie ich davon ausgehen müssen, nur noch befristet oder in Kurzzeit-Arbeitsverhältnissen unterzukommen (Danke SPD!) ist es doch dann Quatsch, eh noch arbeiten zu gehen, oder nicht? Schließlich muss man davon ausgehen, dass man gerade im Osten und in strukturschwachen Regionen im Westen eh früher oder später arbeitslos wird. Und wenn man dann wegen Hartz IV enteignet wird, ist es doch Quatsch überhaupt arbeiten zu gehen.

Wie sehen Sie das?

Mit freundlichem Gruß,
Nico Rudolph

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Rudolph,

dass die sog. Hartz IV Reformen zu vielen Diskussionen innerhalb der SPD geführt haben, ist ein offenes Geheimnis, aber ich werde einzelne Veröffentlichungen nicht bewerten. Ich habe meine Position dieser Tage deutlich gemacht. Meiner Meinung nach ist die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit durch die Hartz-Gesetze auf der Tagesordnung ganz nach oben gerückt. Es muss immer unsere Ziel sein, eine bessere Betreuung und Vermittlung von Langzeitarbeitslosen zu gewährleisten. Gleichzeitig sage ich aber auch ganz klar, dass es eine Reihe von Fehlentwicklungen gab. Eine Schattenseite der Reformen ist eindeutig der starke Aufwuchs prekärer Beschäftigungsverhältnisse.

Was die Anrechnung von Ersparnissen anbetrifft, ist dies so pauschal nicht richtig, aber die SPD ist für die Abschaffung der Anrechnung bei ALG II. Sofern überhaupt Vermögen vorhanden ist, wird es oberhalb bestimmter Freigrenzen auf das Arbeitslosengeld II angerechnet. Der Grundfreibetrag liegt bei 150 Euro pro Lebensjahr. Für Kinder unter 23 beträgt er unabhängig vom Alter z. B. 3.100 Euro. Dient das Vermögen der Alterssicherung, gilt eine Freigrenze von 250 Euro pro Lebensjahr. Dies sind z. B. Lebensversicherungen. Nicht mit eingerechnet werden Betriebsrenten, die "Riester-Rente" oder weitere gesetzlich geförderte Rentenversicherungen sowie Hausrat, ein Kraftfahrzeug und selbstgenutztes Wohneigentum, solange sie "angemessen" sind. Über die Angemessenheit entscheiden die Leistungsträger.

Aber ich sage auch, für mich ist klar, wer jahrzehntelang gearbeitet hat, darf nicht um seine Lebensleistung gebracht werden. Sie sind ja noch jung, wie Sie schreiben. Ich kenne vor allem Menschen, die Angst haben, dass das, was an Vermögen aufgebaut wurde, im Falle von Arbeitslosigkeit schnell wieder verloren geht. Deshalb will die SPD durch anstrengende Arbeit geschaffenes Vermögen schützen. Zwar gibt es bereits heute zahlreiche Ausnahmen von der Vermögensanrechnung. Diese sind jedoch eher unübersichtlich. Das Ergebnis ist eine offene Gerechtigkeitsfrage, auch weil verschiedene Vermögenspositionen nicht gleich behandelt werden. Um Ungerechtigkeiten beim Schutz von durch Arbeit erwirtschaftetem Vermögen zu vermeiden, fordern wir als SPD bereits länger, auf die Anrechnung desselben vollständig zu verzichten. Auch wenn im Ergebnis nur wenige Bezieher von Arbeitslosengeld II über nennenswerte Vermögenswerte verfügen, so wird durch die geplante Neuregelung bei der Vermögensanrechnung doch sehr vielen Menschen die Angst genommen, dass sie ihrer Lebensleistung beraubt werden. Darüber hinaus hat die Unübersichtlichkeit ein Ende und die Menschen wissen woran sie sind.

Beste Grüße
Andrea Nahles