Frage an Andrea Nahles von Solveig K. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrte Frau Nahles,
was werden Sie unternehmen, damit das Antikorruptionsgesetz schnellstmöglich ratifiziert wird?
Danke und Gruss,
Solveig Kulas
Sehr geehrte Frau Kulas,
ich bin bewusst, dass das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Integrität der Volksvertreter in den vergangenen Jahren stetig geschwunden ist. Wurden Skandale in der Vergangenheit noch als Einzelfälle wahrgenommen, beschädigen sie heute längst die Gesamtheit der politisch Verantwortlichen. Zugleich gibt es schon seit Jahren internationale Abkommen zur besseren Bekämpfung von Korruption, die endlich auch in deutsches Recht umgesetzt werden müssen.
Wir haben bereits einen Gesetzestext ( http://www.spdfraktion.de/cnt/rs/rs_datei/0,,15596,00.pdf ) ausformuliert. Unser Vorschlag setzt eine konkrete Unrechtsvereinbarung voraus. Das heißt, der Vorteil muss gerade dafür gefordert oder gewährt werden, dass der Mandatsträger sich in einer bestimmten Weise im Auftrag oder nach Weisung des Auftraggebers verhält. Ein solches Verhalten steht in krassem Widerspruch zu Artikel 38 Absatz 1 Satz 2 Grundgesetz, wonach Abgeordnete gerade nicht an Aufträge und Weisungen gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen sind (sogenanntes freies Mandat). Um die im parlamentarischen Verkehr üblichen Verhaltensweisen aus der Strafbarkeit auszuklammern, wollen wir Zuwendungen, die parlamentarischen Gepflogenheiten entsprechen, explizit aus dem Vorteilsbegriff herausnehmen. Insbesondere soll die im Zusammenhang mit Informationsgesprächen üblicherweise verbundene Bewirtung gelten. Ebenfalls haben wir klargestellt, dass politische Ämter und Funktionen ebenso wenig als Vorteil anzusehen sind wie die nach Parteiengesetz zulässigen Parteispenden.
Deutschland hat 1999 und 2003 völkerrechtliche Übereinkommen über globale Standards bei der Korruptionsstrafbarkeit und der Abgeordnetenbestechung unterzeichnet. Mehr als 150 Länder haben das Antikorruptionsübereinkommen umgesetzt, Deutschland peinlicherweise noch nicht neben Ländern wie Syrien, Saudi-Arabien und Sudan.
Dabei ist die Umsetzung notwendig. Nach deutschem Recht ist bislang nur der Stimmenkauf beziehungsweise -verkauf bei Wahlen strafbar. Regelungsbedarf mahnte zudem der Bundesgerichtshof an. Er entschied im "Wuppertaler Korruptionsskandal" und "Kölner Müllskandal", dass kommunale Mandatsträger in der Regel keine Amtsträger und daher nicht wegen Bestechung beziehungsweise Bestechlichkeit im Amt zu belangen sind. Damit klafft eine Gesetzeslücke auch bei der Korruptionsbekämpfung im kommunalen Bereich.
Die SPD-Bundestagsfraktion hatte bereits in der 15. Wahlperiode einen Vorschlag vorbereitet, die vorgezogene Bundestagswahl verhinderte jedoch die weiteren Beratungen. In der 16. Wahlperiode verweigerte die Union jedwede Gespräche zum Thema. Wir fordern alle Fraktionen des Bundestags auf, jetzt einen neuen Anlauf zu machen. Damit könnten die Abgeordneten ein Signal setzen, dass sie es ernst meinen mit dem Kampf gegen die Korruption.
Beste Grüße
Andrea Nahles