Frage an Andrea Nahles von Hermann A. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Nahles,
mit Verwunderung habe ich am 22.08.2011 auf Handelsblatt-Online gelesen, dass Sie Neuwahlen nicht ausschließen. So sehr ich Ihnen auf Grund der momentanen Situation zustimmen möchte, dass dies möglich ist, stellt sich für mich jedoch eine entscheidente Frage:
Wie und auf Grund welcher Rechtsgrundlage sind momentan Bundestagswahlen möglich?
Mit seinem am 03.07.2008 verkündeten Urteil (2 BvC 1/07, 2 BvC 7/07) hat das Bundesverfassungsgericht folgendes festgestellt:
Zitat Bundesverfassungsgericht:
"§ 7 Absatz 3 Satz 2 in Verbindung mit § 6 Absätze 4 und 5 des Bundeswahlgesetzes verletzt die Grundsätze der Gleichheit und der Unmittelbarkeit der Wahl, soweit hierdurch ermöglicht wird, dass ein Zuwachs an Zweitstimmen zu einem Verlust an Sitzen der Landeslisten oder ein Verlust an Zweitstimmen zu einem Zuwachs an Sitzen der Landeslisten führen kann."
Das Bundesverfassungsgericht hat in diesem Urteil den Gesetzgeber verpflichtet, bis zum 30.06.2011 eine verfassungsgemäße Regelung zu treffen.
Da bis heute jedoch kein neues Wahlrecht umgesetzt wurde (zur Erinnerung: 2008 bis 2009 war die SPD noch mit in der Regierungskoalition - defakto ist es nicht möglich den Schwarzen Peter abzuschieben) interessiert mich sehr eine Erklärung ihrerseits, wie Neuwahlen (bei einem evtl. Auseinanderbrechen der momentanen Regierungskoalition) momentan auf Bundesebene möglich sein sollen.
Vielen Dank für Ihre fundierte und aussagekräftige (juristisch korrekte) Antwort.
Mit freundlichen Grüßen
Hermann Allgaier
Quellen:
http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/euro-krise-koennte-zu-neuwahlen-fuehren/4529312.html
Sehr geehrter Herr Allgaier,
Sie haben recht, dass zuerst eine verfassungsgemäße Regelung für die nächsten Wahlen getroffen werden muss.
Aber Neuwahlen nicht auszuschließen, ist ja zunächst eine politische Einschätzung der gegenwärtigen Situation in der Regierungskoalition, die ich unabhängig der notwendigen Neuregelungen zum Wahlrecht treffen kann.
Es ist natürlich davon auszugehen, dass bevor Wahlen (Neuwahlen) stattfinden, die bestehende Regierungskoalition einen entsprechenden Gesetzentwurf in das Parlament einbringt, wozu das Parlament ja auch verpflichtet ist.
Beste Grüße
Andrea Nahles