Frage an Andrea Nahles von Bernd B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Nahles.
Ich möchte Sie stellvertretend für die führenden Politiker einer Volkspartei folgendes fragen:
Ich zitiere:
"... GEZ: Garantien aus Art. 5 des Grundgesetzes
Freiheit und Unabhängigkeit der Berichterstattung von Staat, Wirtschaft, Kirche:
es findet kein staatlicher Einfluss auf die Programmgestaltung statt
es findet kein staatlicher Einfluss auf die Inhalte von Programmen statt
es gibt keinen alleinigen Einfluss einzelner Gruppen
die Berücksichtigung aller gesellschaftlich relevanten Kräfte wird gewährleistet
eine Ausgewogenheit von Wertung und Kritik findet statt....."
Dazu meine Fragen:
Wieso tauchen in jeder Talkshow nahezu ausschließlich Politiker derselben Parteien auf?
Wieso sind Politiker im Verwaltungsrat der angeblich so freien Rundfunkanstalten?
Warum beschließen Politiker / Intendanten die Höhe der Gebühren?
Ich sehe da eine sehr große Einmischung seitens der Parteien im Öffentlich-rechtlichen Rundfunk, da die entscheidenden Leute seitens der Parteien eingesetzt werden und die Finanzierung ebenfalls seitens der Politik festgesetzt wird.
Wie verhält es sich also mit der angeblichen Unabhängigkeit des ÖR?
Ich danke für Ihre Antwort.
Sehr geehrter Herr Bremer,
die grundsätzliche Zuständigkeit für Medienpolitik und damit die jeweiligen öffentlich-rechtlichen Sender liegt bei den Ländern. Aber ich gebe zu, dass sich die Medienpolitik zu einem wichtigen Bestandteil der Bundespolitik entwickelt. Die deutsche und europäische Medienlandschaft befindet sich in einem Prozess tief greifender Veränderungen und die Medienpolitik steht vor großen Herausforderungen. Dies betrifft insbesondere die Sicherstellung der besonderen Rolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks innerhalb des dualen Systems in Deutschland, die Definition und Reichweite seines Funktionsauftrages sowie dessen Finanzierung.
Immer wieder finden wir auch Fälle versuchter staatlicher Einflussnahme, wenn wir z. B. daran denken, dass der damalige hessischen Ministerpräsident Roland Koch, ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender aus parteipolitischen Gründen aus dem Amt entfernen wollte. Dies stellt natürlich einen gefährlicher Eingriff in die Autonomie und die Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Damals haben 35 renommierte Staatsrechtler zurecht in einem offenen Brief deutlich gegen die beabsichtigte staatliche Einflussnahme Position bezogen und darauf hingewiesen, dass es um den offenkundigen Versuch geht, einen unabhängigen Journalisten zu verdrängen und den Einfluss der Parteipolitik zu stärken. Sie verwiesen in diesem Zusammenhanghang ausdrücklich auf die in Artikel 5 Absatz 1 Satz 2 GG garantierte Rundfunkfreiheit.
Ich denke jedoch nicht, dass es generell eine Infragestellung der Mitwirkung der Politik neben anderen gesellschaftlichen Gruppen in den Aufsichtsgremien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sollte. Die Grenze wird aber dort überschritten, wo durch den unangemessenen Einfluss die Unabhängigkeit des Journalismus in Frage gestellt wird. Welche Gefahr darin liegt, die Rundfunkfreiheit und die Garantie der Staatsfreiheit in Frage zu stellen, wird uns in anderen Ländern deutlich vor Augen geführt.
Hinsichtlich der Zusammensetzung von Talkshows kann ich nur sagen, da gibt es Produktionsfirmen, die nach ihren eigenen Konzepten Gäste anfragen und einladen.
Beste Grüße
Andrea Nahles