Frage an Andrea Nahles von Hans-Günter G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Nahles,
z. Zt gibt es innerhalb der SPD-Führung wieder einmal ein irrsinniges Gedankenspiel: Nichtmitglieder sollen die Möglichkeit haben, den nächsten Kanzlerkandidaten der SPD mitbestimmen zu dürfen. Auch will man vor weitgreifenden Entscheidungen Nichtmitglieder verstärkt in die Willensbildung einbeziehen.
Versprechen sich die Seeheimer in der SPD von dieser Möglichkeit größere Siegchancen bei ihrer Bewerbung als Kanzlerkandidat?
Ich könnte mir vorstellen, dass Herr Gabriel, Herr Steinmeier etc. von den denkenden Mitgliedern an der Basis Stimmenverweigerung befürchten könnten und durch das mitbestimmen dürfen von CDU-FDP-und anderen konservativen Freunden dieses Manko ausgeglichen werden kann.
Wird über den "Öffnungsvorschlag" die Parteispitze allein entscheiden, oder ist die Meinung der Mitglieder noch gefragt?
Feundliche Grüße
Hans-Günter Glaser
Sehr geehrter Herr Glaser,
die Vorschläge zur Parteireform werden quer (Flügel unabhängig) durch die Partei kontrovers diskutiert. Wir befinden uns derzeit mitten in der Debatte um die Reform der SPD und die Frage, wie wir uns künftig organisatorisch aufstellen wollen. Entscheidungen oder Festlegungen gibt es noch nicht. Dieser Prozess wird erst mit dem Beschluss eines Organisationspolitischen Grundsatzprogramms im Dezember beendet sein.
Inhaltlich möchte ich zunächst klar stellen, dass Nichtmitglieder keinesfalls die gleichen Rechte wie Mitglieder erhalten sollen. So bleiben Wahlen für innerparteiliche Ämter Mitgliedern der SPD vorbehalten.
Nichtmitglieder sollen sich in zweierlei Hinsicht an der Arbeit der SPD beteiligen dürfen:
1. Gliederungen sollen die Möglichkeit erhalten, Vorwahlen bei der Aufstellung von Einzelkandidaten für öffentliche Ämter durchzuführen, an denen Nichtmitglieder beteiligt werden können. Über eine Vorwahl entscheidet der Vorstand der jeweiligen Ebene, also nur SPD-Mitglieder. Auch wer als Kandidat zugelassen wird, entscheiden nur SPD-Mitglieder. Für die Durchführung von Vorwahlen soll es bundesweit einheitliche Kriterien geben, um Missbrauch und Manipulation auszuschließen. Diese Regelung soll es den Gliederungen, die ein Mehr an Beteiligung von Nichtmitgliedern wünschen ermöglichen, diese auch durchzuführen. Es gibt keine Verpflichtung dazu. Das Prinzip ist Freiwilligkeit.
2. Weiterhin möchten wir die Möglichkeit sog. Bürgerparteitage schaffen, d.h., dass auf diesen Parteitagen auch Nichtmitglieder Rede- und Antragsrecht erhalten. Dies kann ein wichtiger Schritt sein, um z.B. uns nahestehende Initiativen und Organisationen enger in unsere inhaltliche Arbeit einzubinden. Wer allerdings mit entscheiden möchte, muss Mitglied der SPD sein oder werden, denn Stimmrecht in Sachfragen erhalten Nichtmitglieder nicht.
Weiterhin möchten wir auch die Mitbestimmungs- und Beteiligungsmöglichkeiten unserer Mitglieder stärken. Deshalb soll den SPD-Gliederungen auf allen Ebenen ermöglicht werden, die Wahl von Vorsitzenden (natürlich nur, wenn mehr als ein/e Kandidat/in vorhanden ist) durch eine Wahl aller Mitglieder durchzuführen.
Diese Vorschläge wären jedoch nicht verpflichtend. Wir möchten damit nur Möglichkeiten für Gliederungen schaffen, die eine Veränderung ihrer Arbeit wünschen.
Beste Grüße
Andrea Nahles