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Frage von Roman B. •

Frage an Andrea Nahles von Roman B. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Nahles,

ich zitiere folgende Quelle: http://schwarzbuch10.steuerzahler.de/topten.php?idarticle=414 .

"Subvention an Vier-Sterne-Hotel
Bad Bergzabern. Aus einem leer stehenden Gebäudekomplex in der südpfälzischen Stadt Bad Bergzabern wollte ein Wormser Investor ein Vier-Sterne-Hotel machen. Nach Verhandlungen mit der Stadt und dem Land einigte man sich darauf, die Umbaukosten von 3,1 Mio. Euro wie folgt zu verteilen: 1,9 Mio. Euro sollte das Land tragen, die Stadt und der Investor jeweils etwa 600.000 Euro. Als die Kosten auf 6,23 Mio. Euro angestiegen waren, mahnte der Rechnungshof, eine 90-prozentige Subvention an einen Privaten sei nicht zu vertreten. Kurzerhand zog man einen Plan aus der Schublade, der nach BdSt-Informationen schon länger vorgehalten worden war: Die Stadt kauft das Grundstück und tritt in sämtliche Verträge mit Planern und Baufirmen ein, der vormalige Investor bleibt im Projekt als Betreiber – ein Konzept, das verdächtig an den Nürburgring erinnert. Das Land gibt der Stadt, die zum Wahlkreis von Ministerpräsident Kurt Beck gehört, einen Zuschuss in Höhe von 5,6 Mio. Euro. Schließlich hatte Beck diese Maßnahme zur Chefsache erklärt und als „Leuchtturmprojekt“ tituliert. Der Privatmann erhält ein Erbbaurecht über zehn Jahre und darf anschließend das Objekt käuflich erwerben. Die jährliche Pacht soll 120.000 Euro betragen, der Kaufpreis ist auf 1,4 Mio. Euro taxiert. Ein wahrlich traumhaftes Geschäft: Der Investor verabschiedet sich aus allen wirtschaftlichen Risiken, zahlt in den zehn Jahren insgesamt 1,2 Mio. Euro an Pacht und kauft dann das Objekt für 1,4 Mio. Euro. Für die erbrachten 2,6 Mio. Euro erhält er dann ein Vier-Sterne-Hotel, das Stadt und Land vormals über sechs Millionen Euro gekostet haben. Mittlerweile haben sich die Baukosten auf 7,2 Mio. Euro verteuert."

Nennen Sie das einen angemessenen Umgang mit dem Steuergeld der Menschen in Rheinland-Pfalz, auch angesichts des desolaten Landeshaushalts?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Baumgart,

Ihre Frage ist, nicht in drei Sätzen zu beantworten. Die Berichterstattung zum „Schlosshotel Bad Bergzaberner Hof“ ist leider davon geprägt, aus einer städtebaulichen Maßnahme ein Politikum zu machen. Die Landesregierung hilft Bad Bergzabern so, wie sie es auch bei jeder anderen Kommune tut. Die Entwicklung der Kurstadt ging in den vergangenen Jahren deutlich bergab. Die Stadt Bad Bergzabern hatte sich vor rund 20 Jahren entschlossen, ihren Stadtkern zu sanieren, verfolgte den Weg jedoch trotz Aufnahme in die Städtebauförderung des Landes nicht weiter. Es bestand die Gefahr, dass die Stadt Bad Bergzabern wie andere Kurstädte in eine nicht mehr umkehrbare Abwärtsspirale gerät. Ich erinnere an das Beispiel Bad Münster am Stein-Ebernburg: die Stadt soll jetzt mit Landesmitteln entschuldet werden – 30 Millionen Euro wird das kosten! Es gilt deshalb zu verhindern, dass Bad Bergzabern in eine ähnliche Lage gerät.

Im Jahr 2006 ergriff der zuständige Wahlkreisabgeordnete, unser Ministerpräsident Kurt Beck, die Initiative und bat das Innenministerium um eine Einschätzung der Entwicklungsmöglichkeiten der Stadt. Dieses bat die Entwicklungsagentur RLP e.V. in Kaiserslautern um eine erste Einschätzung und um Perspektiven für die zukünftige Entwicklung. Dies führte schließlich dazu, dass die Stadt ihre Entwicklungsverantwortung wieder übernahm, sie nach Anpassung des Sanierungsgebietes eine Perspektive in der Städtebauförderung erhielt und diese Aufgaben mit einem beauftragten Planer und Sanierungsberater anging. Eine vorbereitende Untersuchung des Stadtplaners ergab, dass die Innenstadt von vielen Leerständen gekennzeichnet ist, die von einem Verlust der Einkaufsfunktion zeugen.

Das Gebäude, das jetzt zum „Schlosshotel Bad Bergzaberner Hof“ umgebaut wurde, stand jahrelang leer. Es handelt sich um ein denkmalgeschütztes Gebäude von hohem historischem Wert. Die zentrale Lage im Ensemble mit dem Schloss erforderte aus Sicht der Stadtentwicklung in jedem Fall eine Modernisierung. Ausgangspunkt des Vorhabens war also die Sanierung dieses zentralen ortsbildprägenden Gebäudes mit dem Ziel, es einer sinnvollen Nutzung zuzuführen und die Stadtsanierung insgesamt in Gang zu bringen. Da es nachweislich einen Bedarf an gehobener Hotellerie und Gastronomie gab, hatte die Stadt sich deshalb entschieden, das Projekt eines Vier-Sterne Hotels mit gehobener Gastronomie anzugehen. Nicht zu vergessen ist, dass in dem Komplex auch eine Markthalle zur Nahversorgung mit regionalen Produkten unterhalten wird. Das Innenministerium ist diesem Vorhaben gefolgt und hat seine Unterstützung zugesagt.

Was in der Debatte bisher in Vergessenheit gerät ist, dass die Städtebauförderungsmittel nicht nur dem Einzelvorhaben zu Gute kommen, sondern einen breiten Effekt haben. In der Regel löst ein Städtebauförderungs-Euro acht Euro öffentliche und private Investitionen aus. Vor allem in Innenstädten mit solch wichtigen Starterprojekten wie dem „Bergzaberner Hof“ wird diese Relation erreicht, da sich eine „Kettenreaktion“ ergibt. Private werden animiert, ebenfalls zu investieren, vor allem in unmittelbarer Nähe zum ehemaligen „Schandfleck“.

Wichtig ist zudem, dass bei Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen im Altbaubestand der Anteil der Arbeitsleistungen an der Investitionssumme wesentlich höher liegt als bei Neubaumaßnahmen - dieser Anteil kann bis zu 70 % betragen. Sanierungsmaßnahmen haben somit einen hohen Arbeitsmarkteffekt und in der Folge positive Wirkungen für den Fiskus und die Sozialkassen. Dazu kommen die direkten Effekte durch die Schaffung von Arbeitsplätzen und Ausbildungsplätzen im Schlosshotel selbst und die Steuereinnahmen für die Stadt.

Es ist wichtig, noch einmal deutlich zu machen, dass es sich um eine Maßnahme der Stadt Bad Bergzabern, nicht der Landesregierung handelt. Die Stadt sah die Notwendigkeit, das leer stehende Gebäude zu sanieren und einer aus ihrer Sicht sinnvollen Nutzung zuzuführen. Und schließlich sind die Nachrichten aus Bad Bergzabern nur gute, das Hotel und das Restaurant laufen und die Bürgerinnen und Bürger der Stadt sind sehr zufrieden.

Beste Grüße

Andrea Nahles