Frage an Andrea Nahles von Silvia N. H. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Frau Nahles,
mit Interesse verfolge ich die Diskussion über die Erhöhung des ALG2 und habe folgende Fragen:
1.) ALG2 gibt es jetzt seit 2005, ursprünglich in einer viel geringeren Höhe. Wie kommt es, dass sich (u.a.) die SPD zur Zeit so stark für eine stärkere Erhöhung des Regelsatzes einsetzt, als die Regierung es zu planen scheint?
2.) Wie hoch soll, nach Ansicht der SPD, der Regelsatz sein?
Ich freue mich auf Ihre Antwort!
Mit freundlichen Grüßen
S. N. Halusiak
Sehr geehrte Frau Halusiak,
folgendes ist gemeint: bisher galten zwei Regeln bei der Berechnung der Regelsätze:
1.) Als Rechnungsgrundlage dienten die untersten 20 % der Einkommensskala. Das, was diese Menschen konsumierten, sollte als Referenzgröße für Langzeitarbeitslose gelten.
2.) Man betrachtete dabei nicht nur diejenigen, die ausschließlich von Hartz IV leben, denn man kann den Regelsatz nicht errechnen, indem man erfasst was Hartz IV-Empfänger ausgeben. Das wäre unlogisch.
In dem Gesetzentwurf, den die Ministerin vorgelegt hat, wird nun ein anderes Verfahren angewendet. Im ersten Schritt werden die Hartz IV-Empfänger heraus gerechnet (s. Punkt 2). Statt den untersten 20 % (s. Punkt 1) wurden aber jetzt die untersten 15 % als Referenzgröße verwendet. Man betrachtet eine etwas ärmere Gruppe und richtet danach den Regelsatz für kinderlose Erwachsene aus.
Dass hier wohl mit zweierlei Maß gemessen wurde, sieht man daran, dass bei den Regelsätzen für Kinder nach wie vor die unteren 20 % als Orientierungsgröße dienen. Die Regierung hat also ziemlich konkrete Vorstellungen davon, was einem Langzeitarbeitslosen zusteht und was nicht und sie ist bereit, das bisherige Rechenverfahren so zu korrigieren, dass ein passender Regelsatz herauskommt. Dem kann ich leider wenig abgewinnen.
Meiner Meinung nach darf man den Regelsatz nicht wegen des Lohnabstandsgebots künstlich niedrig halten und gleichzeitig das Thema Mindestlöhne verweigern. Denn genau darum geht es doch. Den Menschen ein Einkommen zu ermöglichen, das sie vor Armut schützt.
Im Januar 2010 gab es mehr als 1,3 Millionen Menschen, die trotz Arbeit Geld von der Arbeitsagentur erhalten haben. Ganz einfach deswegen, weil ihr Lohn unterhalb der Grundsicherung lag!
Beste Grüße
Andrea Nahles