Frage an Andrea Nahles von Klaus-Peter S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Nahles,
zu Ihrer Antwort an Herrn Kleinelsen. Ich stimme den Ausführungen von Herrn Kleinelsen zu. Ich bin auch nicht mehr bereit mich zwischen Pest und Cholera zu entscheiden. So wie es im übrigen auch die SPD Bundestagsfraktion betrieben hat als es um den Euro-Rettungsschirm ging. Warum hat sich die SPD-Fraktion bei der Abstimmung enthalten? Wenn Griechenland den Kredit nicht zurückzahlen kann, wird dann die SPD sagen, wir haben ja nicht dafür gestimmt? Geht die Angelegenheit gut aus, wird die SPD dann vermutlich sagen, wir waren ja nicht dagegen? Also, für mich ist eine Wahlenthaltung auch wie nicht wählen! Sehen Sie das anders?
Mit freundlichem Gruß
Klaus-Peter Steinberg
Sehr geehrter Herr Steinberg,
es wird Sie nicht weiter verwundern, dass ich dies natürlich anders sehe.
Eine Enthaltung im Bundestag gehört zu den Rechten von Abgeordneten, so wie Bürgerinnen und Bürger entscheiden können, nicht wählen zu gehen. Aber beides gleich zu setzen, halte ich für falsch.
Wir haben uns bei der Abstimmung enthalten, weil wir zwar grundsätzlich den Rettungsschirm für notwendig erachten, ihn aber nicht ausreichend flankiert sehen durch weitergehende Maßnahmen. In einer reinen Kreditermächtigung sehen wir keine Lösung für diese so grundlegende Krise. Wir benötigen zusätzliche Maßnahmen gegen Spekulationen, eine Beteiligung der Banken an den Kosten und können nicht die Steuerzahler ein zweites Mal für das unverantwortliche Verhalten von Finanzmarktakteuren in Anspruch nehmen.
Wir bekennen uns ausdrücklich zu einem starken, sozialen und demokratischen Europa, das seinen Namen auch verdient. Das ist allerdings ein anderes Europa als es Frau Merkel und ihre Regierungskoalition wollen. Obwohl mit ihrer neoliberalen Politik offensichtlich gescheitert, wollen sie im Grunde so weitermachen. Und sie werden die Krise nutzen, um den Sozialstaat weiter abzubauen, wie wir ja in den letzten Tagen erlebt haben. Das werden wir nicht mittragen. Für uns ist Europa mehr als ein Markt.
Die Chance, nachhaltige Verbesserungen für die Stabilität der gemeinsamen Währung, aber auch einen politischen Neuanfang für den Zusammenhalt der Europäischen Union zu erreichen, ist jetzt da. Nachdem die Kanzlerin so viel Vertrauen verspielt hat, haben wir unsere Entscheidung zur Abstimmung davon abhängig gemacht, ob den Worten auch Taten folgen. Reine Absichtserklärungen reichen nicht mehr aus. Wir haben eine bindende Aussage schwarz auf weiß gefordert, dass die Bundesregierung sich auf europäischer und auf internationaler Ebene aktiv für die Einführung einer Finanztransaktionssteuer sowie für schärfere Finanzmarktregeln einsetzt. Diese haben wir nicht erhalten.
Deswegen bleibe ich dabei, nicht wählen zu gehen, ist auch keine Lösung.
Beste Grüße
Andrea Nahles