Portrait von Andrea Nahles
Andrea Nahles
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Andrea Nahles zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Karl-Heinz S. •

Frage an Andrea Nahles von Karl-Heinz S. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Nahles,

die Diskussion um die Schuldenkrise in Griechenland wird nun durch die Fokussierung der Spekulanten auf Portugal deutlich verschärft.

Es gibt den Vorschlag, dass angeschlagene Länder, die, auch wenn sie nur einen geringen Anteil an der gesamten Wirtschaftsleistung des Euroraumes haben, aus dem Währungsverbund ausscheiden sollen, floaten und ihre Währung den Gegebenheiten nach anpassen können.

Wäre dies nach Ihrer Meinung ein Weg?

Ich bin der Meinung, dass ein weiterer Angriff auf einen Staat fast nicht mehr abgewehrt werden kann und fürchte um die Stabilität des gesamten Euroraumes. Könnten Sie dem zustimmen?

Beste Grüße

K.-H. Stock

Portrait von Andrea Nahles
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Stock,

es ist richtig, dass die Schwierigkeiten der griechischen Regierung, zur Bedienung des Schuldendienstes neues Geld auf den internationalen Finanzmärkten zu leihen, und das aggressiv-spekulative Verhalten der Kapitalmärkte die Stabilität des Euro wie auch die Zukunft des europäischen Wirtschaftsraumes insgesamt gefährden. Es ist auch richtig, dass die Krise auf andere Regionen Europas übergreifen kann, nachdem auch die Kreditwürdigkeit Portugals und Spaniens von Ratingagenturen herabgestuft wurde. Dies hat Folgen für uns alle in der gesamten Euro-Zone.

Jedoch liegt die Lösung nicht darin, Länder die Probleme haben, einfach aus dem Währungsverbund zu verbannen. Natürlich haben wir alle das größte Interesse an einer stabilen Euro-Zone. Der Zusammenbruch ganzer Staaten in Europa und eine instabile Währung würden hunderttausende von Arbeitsplätzen in Deutschland gefährden. Ein stabiles Europa ist dagegen die Voraussetzung dafür, dass auch wir in einem mehr und mehr durch den Weltmarkt geprägten Wettbewerb die Leistungskraft unserer Wirtschaft erhalten können. Die SPD hat bereits zu Beginn der Krise gewarnt, die Situation zu unterschätzen. Wir haben aufgefordert, gemeinsam mit allen anderen EU-Staaten natürlich dafür zu sorgen, dass die griechische Regierung drastische Sparmaßnahmen ergreift. Aber wir haben auch gefordert, dass die Möglichkeit geschaffen werden muss, dass sich Griechenland seine notwendigen Kredite zu normalen Zinsen beschaffen kann und nicht auf die Spekulationen der Finanzmärkte angewiesen sein sollte. Die Sozialdemokraten des Europäischen Parlaments und ihr Vorsitzender Martin Schulz haben dafür vor Monaten Vorschläge vorgelegt.

Wir dürfen uns nicht auf kurzfristiges Krisenmanangement beschränken, sondern müssen den Ursachen der Krise zu Leibe rücken und ihre Verursacher an der Beseitigung ihrer Folgen beteiligen. Eine Finanzmarktsteuer in Europa, wie sie Peer Steinbrück wiederholt vorgeschlagen hat, würde die Verursacher zur Kasse bitten. Allein Deutschland hätte in jedem Jahr zweistellige Milliardenbeträge an Einnahmen. Würden wir dann endlich bestimmte gefährliche Praktiken an den Finanzmärkten verbieten und auch diese Märkte regulieren, dann hätten wir viel geleistet, damit sich diese Krisen nicht ständig wiederholen. Und wir würden nicht die Steuerzahler das zweite Mal für das unverantwortliche Verhalten der Banken in der Griechenlandkrise bezahlen lassen. Denn natürlich wussten viele Banker, dass Griechenland nicht mehr zahlungsfähig war - trotzdem wurden Kredite herausgegeben. Und natürlich werden im Investmentbanking weiter mit den gleichen Praktiken gearbeitet, die uns in die Krise hinein getrieben haben.

Sigmar Gabriel und Frank-Walter Steinmeier haben deutlich gesagt:
1.Wir wollen einen Verantwortungspakt. Wir wollen auch durch deutsche Beiträge den Euro stabil halten. Und wir wollen schnell und unverzüglich handeln, denn wir brauchen Klarheit, um den Spekulanten Einhalt zu gebieten.

2.Aber wir wollen auch, dass diejenigen, die verantwortlich sind für die Krise, die Kosten tragen. Deshalb fordern wir von der Bundesregierung drastische Schritte, um in Europa gemeinsam mit den anderen Mitgliedsstaaten eine Finanzmarktsteuer einzuführen. Deutschland hat eine Schlüsselstellung bei der Lösung der Griechenlandkrise. Jetzt muss die Bundesregierung diese Chance nutzen.

Und unter diesen Voraussetzungen ist die SPD bereit, Hilfen für Griechenland und damit zur Sicherung der Stabilität der gemeinsamen europäischen Währung sofort mitzutragen. Wir bieten der Bundesregierung diese „Verantwortungspartnerschaft“ an. Das setzt aber auch voraus, dass die Bundesregierung zunächst unverzüglich die Karten auf den Tisch legt und das finanzielle Risiko für die Menschen in Deutschland deutlich macht.

Beste Grüße
Andrea Nahles