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Frage von Jens G. •

Frage an Andrea Nahles von Jens G. bezüglich Bildung und Erziehung

Sehr geehrte Andrea Nahles.
Mein Studium liegt nun schon ein paar Jahre zurück aber ich habe durch einige Bekannte immer noch gute Kontakte zu Menschen die an Hochschulen arbeiten. Zu meiner Hochschulzeit begann die Einführung des BA/MA Systems. Nach der Halbherzigkeit der Einführung, bei gleichzeitiger Beibehaltung des dualen Ausbildungssystems, möchte ich hier nicht fragen, sondern nach den Akkreditierungs-Agenturen. In letzter Zeit höre ich des Öfteren, wie solche Studiengänge geplant werden. Da werden studentische Hilfskräfte damit betraut mal eben ein Konzept zu schreiben. Die saugen sich dann irgendwas aus den Fingern, was dann so ohne weitere Kontrolle akkreditiert wird. Für die Akkreditierung fließen Gelder an die Agenturen, die den Prüfaufwand entschädigen. Meine Frage, wie kann es sein, dass …

1. Studiengänge akkreditiert werden zu denen es kein Studienprogramm gibt? (Also m.E. eine Prüfgrundlage fehlt)

2. Studiengänge akkreditiert werden bei denen, die nötigen Lehrdeputate fehlen? (die also nicht durchführbar sind)

3. BAs akkreditiert werden, die von jeglicher Berufsqualifizierung befreit sind? (Also die BA Idee nicht umgesetzt wird)

Meine Interpretation ist das hier Gelder fließen, ohne dass es eine entsprechende Gegenleistung gibt und das klingt für mich nicht in Ordnung. Was genau wird die SPD an diesem Filz ändern?

Mit freundlichen Grüßen,
Jens Geumann

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Geumann,

als generelle Anmerkung möchte vorweg betonen, dass ich die Umstellung der Studienstrukturen im Rahmen des Bologna-Prozesses richtig finde. Dass bei der Umsetzung dieser Umstellung auf europaweit einheitliche und kompatible Studienabschlüsse in Deutschland viele Fehler gemacht worden sind, ist offensichtlich und muss nach meiner Meinung nach korrigiert werden.

Dies ist nur möglich, wenn die Akkreditierungsverfahren der neuen Studiengänge nach verlässlichen, vergleichbaren, transparenten und international anerkannten und nachvollziehbaren Kriterien ablaufen. Die Qualitätssicherung wird durch Akkreditierungsagenturen sichergestellt. Die Agenturen akkreditieren Studiengänge nach dem von der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) und der Kultusministerkonferenz (KMK) ausgehandelten Qualifikationsrahmen. Dieses System der Programmakkreditierung halte ich im Grundsatz für sehr sinnvoll, weil es alle Interessengruppen um Qualitätsprüfungsverfahren als Gutachter in einem sogenannten peer review Verfahren beteiligt: Professoren, Studierende und Vertreter der beruflichen Praxis. Dies gewährleistet aus meiner Sicht, dass Aspekte der Beschäftigungsbefähigung und Praxisorientierung in den Studiengängen abgedeckt werden. Wie die neuen Abschlüsse auf dem Arbeitsmarkt angenommen werden ist dabei noch einmal eine andere Frage, an der weiterhin gearbeitet werden muss.

Dass Studiengänge ohne vorliegendes Curriculum akkreditiert werden, kann ich mir kaum vorstellen. Wenn ihnen diese Fälle konkret bekannt sind, bitte ich sie, mir oder dem entsprechenden Wissenschaftsministerium dies mitzuteilen, dass dem nachgegangen werden kann. Das wäre ein unakzeptabler Zustand. Sicher ist, dass jede Agentur, die ein Gütesiegel ohne vorliegende Studienverlaufspläne und Modulhandbücher vergibt, die Akkreditierung von Akkreditierungsrat entzogen wird, da die Agenturen selbst einer ständigen Qualitätsprüfung unterliegen.

Teil des Akkreditierungsverfahrens ist - wie von ihnen angesprochen -, dass die Gutachter zu überprüfen haben, ob für den jeweiligen Studiengang die notwendigen Lehrdeputate zur Verfügung stehen. Hier drängt sich der Eindruck auf, dass vielfach dem erhöhten Betreuungsbedarf in den Bachelor-Studiengängen nicht Rechnung getragen wird. Wir müssen die Gutachter in den Akkreditierungsagenturen dazu ermutigen, öfter von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, Studiengänge bei offensichtlichen Mängeln gar nicht oder nur unter Auflagen zu akkreditieren. Gleichzeitig müssen wir uns darum bemühen, den Hochschulen die notwendigen Mittel für ausreichendes Lehrpersonal zur Verfügung zu stellen, damit auch tatsächlich genügend Lehrdeputate vorhanden sind. Nur so kann dem Anspruch einer hochwertigen Sicherung der Qualität von Studiengängen Rechnung getragen werden. Ich will mich in Gesprächen mit den am Akkreditierungsprozess Beteiligten dafür einsetzen, dass die definierten Qualitätsstandards ernst genommen und eingehalten werden.

Beste Grüße
Andrea Nahles