Frage an André Stinka von Tina B. bezüglich Jugend
Sehr geehrter Herr Stinka,
wie ist ihre Meinung zum OGS Gesetz? Finden Sie es wirklich richtig das Grundschulkinder verpflichtend 5 Tage bis min. 15 Uhr betreut werden müssen? Das Eltern nicht selbst entscheiden können wann sie ihre Kinder selbst betreuen oder ob sie z. B. zu Kindergeburtstagen oder Vereinen gehen.
Im Kindergarten ist es absolut flexibel zu organisieren, dort werden die Kinder ja auch qualitativ betreut, warum ist das in der OGS nicht möglich?
Mit freundlichen Grüßen
Tina Brune
Sehr geehrte Frau Brune,
vielen Dank für Ihre Anfrage, in der Sie auf die mangelnde Flexibilität der Abholzeiten in der Offenen Ganztagsschule hinweisen.
Wir sind der Auffassung, dass der Ganztag im Primarbereich neue Bildungschancen eröffnet und einen wichtigen Beitrag zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf leistet. Deshalb haben wir als SPD 2003 bei der Einführung des Offenen Ganztags als Verantwortungsgemeinschaft aus Schule (Land), Jugendhilfe (Kommune) und freien Trägern deutlich gemacht, dass wir im Angebot der OGS einen Bildungsauftrag sehen und nicht ausschließlich eine Betreuungsfunktion. Beides bedarfsgerecht zu gewährleisten, ist nur erreichbar, wenn die fachliche Kohärenz der Angebote gewährleistet ist. Zahlreiche Untersuchungen belegen die Wirksamkeit dieser Bildungsförderung, in der der Erfolg besonders dann garantiert ist, wenn die Schülerinnen und Schüler regelmäßig (d.h. täglich) an den Ganztagsangeboten teilnehmen. So folgt aus dem regelmäßigen Besuch der OGS, dass neue Kinderfreundschaften entstehen und sich entwickeln, gemeinsame Interessen entdeckt und ein verstärktes, soziales Lernen gefördert werden. Das ist uns als SPD-Landtagsfraktion deshalb ein wichtiger Baustein, weil wir auf diese Weise besonders die Kinder fördern, die zu Hause nicht die gleichen Chancen erhalten.
Dies würde jedoch erschwert, wenn an jedem Tag bereits regelmäßig vor 15 Uhr einige Eltern ihre Kinder abholen, weil sie von einer Ausnahmemöglichkeit Gebrauch machen. Dies kann das Personal erheblich belasten, weil letztlich viel Zeit darauf verwendet werden muss, Kinder zu verabschieden oder nachzuhalten, welches Kind an welchem Tag teilnimmt oder eben nicht teilnimmt. Hinzu kommt die in den Gruppen durch ständiges Kommen und Gehen ausgelöste Unruhe. Daher habe ich auch Verständnis dafür, dass in einer OGS auf die verlässliche Einhaltung der Zeiträume geachtet wird. Nur so können die Erzieherinnen und Erzieher die Zeit mit den Kindern nutzen, wie sie es wünschen, beispielsweise, indem sie Ausflüge organisieren oder gemeinsam die Natur erkunden. Indem die Eltern einen Vertrag über die Teilnahme an der OGS abschließen, legen sie sich genau für ein Schuljahr darauf fest. Sie geben den Trägern und letztendlich den Erzieherinnen und Erziehern damit Planungssicherheit.
Gleichwohl sind Forderungen nach einer flexibleren Gestaltung der OGS aus Sicht der Eltern durchaus verständlich. Die Landesregierung hat bei der Einführung der OGS vor zwölf Jahren die Regelung getroffen, die durchaus flexible Möglichkeiten eröffnet. So heißt es, dass die tägliche Anwesenheit zu den in der jeweiligen OGS geltenden Zeiten "in der Regel" erforderlich ist. Ausnahmen werden vor Ort entschieden und das müssen sie auch. Dabei ist es allerdings erforderlich, dass Regel und Ausnahme deutlich voneinander unterscheidbar sind. Das Land erlässt keine Vorgaben, welche Ausnahmen zulässig sind, weil es weder sinnvoll noch möglich ist, einen landesweiten Katalog von Ausnahmen zu erstellen, der alle denkbaren Optionen erfasst. In der Praxis finden sich erfahrungsgemäß immer flexible Lösungen, die die Elternwünsche berücksichtigen.
Wir haben uns zum Ziel gesetzt, die Potenziale aller Kinder bestmöglich zu fördern. Dabei müssen wir eine gute Ausgewogenheit zwischen Flexibilität und unserem Bildungsauftrag stetig weiterentwickeln. Wir haben uns mit unserem NRW-Plan für 2017 bis 2022 das Ziel gesetzt, die Förderungsmöglichkeiten und die Flexibilität im Rahmen der OGS weiter zu verbessern. Dieses Ziel werden wir konsequent verfolgen.
Mit freundlichen Grüßen
André Stinka