Frage an André Höftmann von Ernst S. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen
Guten Tag Herr Höftmann,
Ihre Partei will den "Flächenfraß" bekämpfen. Kommen Bauverbote? Oder gibt es Beschränkungen, wo gebaut werden darf, und wo nicht?
Wie führt ein solches Vorhaben denn dann nicht zu weiteren Miet- und Grundstückspreis-Explosionen?
Hallo Herr S.,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Wir GRÜNE begrenzen den Flächenverbrauch per Gesetz auf durchschnittlich fünf Hektar am Tag. Das lässt genug Raum für wirtschaftliche Entwicklung und Wohnungsbau und sorgt gleichzeitig für einen sparsameren und intelligenten Umgang mit Grund und Boden. Dadurch wird die Zerstörung unserer Landschaft eingedämmt, die Ortszentren werden revitalisiert, und es bleibt genügend Raum für weitere Entwicklung. Für die Umsetzung sind verschiedene Maßnahmen denkbar, wie zum Beispiel ein Flächenpool, Flächenzertifikate, neue Qualitätskriterien für Planung, Kontrollsysteme, Erleichterung von Innenentwicklung oder Stärkung der Landesplanung. Ein effektives Leerstandsmanagement macht so manchen Neubau überflüssig. Künftig soll es heißen: Nachdenken, bevor der Bagger kommt.
Zwischen 2014 und 2016 betrug der Anteil allein für Wohnungsbau (ohne Flächen gemischter Nutzung) 45 % am gesamten Flächenverbrauch. Das entspricht 4,5 ha/Tag, also fast der von uns geforderten Höchstgrenze. Aber diese simple Rechnung greift zu kurz. Wir müssen genau hinschauen, wo in Bayern Wohnflächen ausgewiesen werden, wo es Bevölkerungszuwächse gibt und wo es tatsächlich einen Mangel an bezahlbaren Wohnraum gibt.
Die von den bayerischen Gemeinden schon ausgewiesenen und noch leerstehenden Gewerbegebiete sind etwa zehnmal so groß, wie der tatsächliche jährliche Bedarf an Gewerbeflächen. Anders gesagt: Wenn die bayerischen Kommunen ab jetzt keine weiteren Gewerbeflächen mehr ausweisen würden, würden die sofort verfügbaren Gewerbeflächen rein rechnerisch zehn Jahre für den aktuellen Bedarf reichen.
Der Bedarf an bezahlbarem Wohnraum, vor allem in den Städten, benötigt wenig Fläche und steht nicht im Widerspruch zu unserem 5 ha-Ziel. Die Neubaugebiete auf dem Land sind da eher ein Problem. Neue Wohngebiete am Ortsrand fressen Fläche, sind teuer zu erschließen (Breitband, Elektrizität, Abwasser etc.) und führen dazu, dass die Ortskerne ausbluten.
Gerade junge Familien auf dem Land wollen genügend Kitas, Einkaufsmöglichkeiten und kulturelle Angebote. Und das alles gut erreichbar, am besten zu Fuß. Deswegen ist es wichtig, bestehende und kompakte Siedlungsstrukturen zu reaktivieren und aufzuwerten. Außerdem kann auch auf dem Land flächenschonender gebaut werden, indem mehr auf Zwei- oder Dreispänner gesetzt wird und auch der dreistöckige Bau nicht von vornherein ausgeschlossen wird.
Wir wollen Spekulationen mit Grund und Boden und Shared Deals einen Riegel vorschieben. Brachliegende innerörtliche Grundstücke sollen über einen zusätzlichen Grundsteuer-Hebesatz höher besteuert und so aktiviert werden. Mit einer Initiative für eine bayernweite sozialgerechte Bodennutzung gewinnen wir Grundstücke für den geförderten Wohnungsbau. Der Freistaat wird seinen Grundbesitz nur noch im Erbbaurecht vergeben oder Grundstücke gemeinwohlorientiert verkaufen, mit einem Vorkaufsrecht für die Kommunen. So erreichen wir, dass die Steigerung des Bodenwertes der Allgemeinheit zugutekommt und trickreiche Steuersparmodelle („Share Deals“) beendet werden.
Beste Grüße nach Roßtal
André Höftmann