Wieso sind gesundheitlich bedenkliche Stoffe sogar in Kinder- und Babyshampoos sowie in Naturkosmetik standard? Und dann auch noch in bio und extra teuer.

Sehr geehrte Frau L.,

Sie sprechen selbstredend wichtige und legitime Punkte in Sachen Gesundheits- und Verbraucherschutz an. Das Prozedere, nach dem Kosmetik- und Hygieneprodukte zugelassen werden, hat zweifelsohne problematische Aspekte und man kann sich zuweilen die Frage stellen, ob hier nun die Interessen der Industrie oder die der Verbraucherinnen und Verbraucher im Vordergrund stehen. Wie Großkonzerne direkt – teils mit eigenen Büros in Ministerien – an Gesetzestexten wie etwa der EU-Chemikalienverordnung REACH mitgeschrieben haben, hatten Kim Otto und Sascha Adamek damals in ihrem lesenswerten Buch "Der gekaufte Staat" eindrücklich nachgewiesen.

Aus dem Sicherheitsdatenblatt des von Ihnen angesprochenen Natriumcocosulfats (NCS) geht hervor, dass es ab bestimmten Konzentrationen beispielsweise Reizungen der Augen, der Haut und des Atemwegssystems hervorrufen kann. Als Natriumsalze der Sulfatester des natürlich vorkommenden Kokosnuss- oder Palmöls enthält das Stoffgemisch NCS hauptsächlich Natriumlaurylsulfat (NLS). Dieses gilt als allergieauslösend und ist zumindest im Einsatz in Kosmetika daher umstritten. Andererseits stuft die US-Behörde für Lebens- und Arzneimittel NLS als sicher ein und gibt Grenzwerte in einigen Lebensmitteln in Höhe von 0,5% an, was in diesem Sektor recht hoch ist. Diverse wissenschaftliche Studien konnten negative Auswirkungen auf den Menschen hingegen nachweisen.

Ich gebe Ihnen völlig Recht, dass es problematisch bis unmöglich ist, Hygieneprodukte vollkommen frei von gesundheitsschädlichen Stoffen zu erwerben. Die Produzenten zu zwingen, hier echte Transparenz herzustellen, ist ebenso Aufgabe der Politik wie aktiv darauf hinzuwirken, die Gesundheitsinteressen der Verbraucherinnen und Verbraucher über die der Profitinteressen der Industrie zu stellen.

Mit freundlichen Grüßen
Ali Al-Dailami