Würden Sie bei einen Antrag für ein AFD Verbot beim Bundesverfassungsgericht gerne voranbringen?
Sehr geehrter Herr S.,
vielen herzlichen Dank für Ihre Anfrage zum Thema Parteiverbot der AfD.
Die AfD befindet sich seit ihrer Gründung in einem anhaltenden und immer weiter fortschreitenden Radikalisierungsprozess. Ich sehe die aktuellen Entwicklungen, insbesondere den menschenverachtenden "Geheimplan gegen Deutschland", der vom Recherche-Medium CORRECTIV offenbart wurde, als unmissverständliches Warnsignal, das auch durch die letzten Parteitage der AfD, u.a. zur Aufstellung ihrer Kandidat*innen zur Europawahl, untermauert wird. Für mich steht es daher außer Frage, dass diese Partei sich weit außerhalb des demokratischen Spektrums bewegt und eine massive Belastung und Gefahr für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung darstellt. Rechtsextreme, rassistische und menschenverachtende Positionen sind fester Bestandteil ihres Programms, ihrer Strategie und der Verlautbarungen ihres Führungspersonals. Sie attackiert die offene Gesellschaft und greift die Werte unseres Grundgesetzes an. Und die AfD wird aus nationalistischen und faschistischen Netzwerken unterstützt. Aus guten Gründen wird die AfD deshalb im Bund und in (mindestens) neun Bundesländern vom Verfassungsschutz beobachtet und mittlerweile auch in drei Bundesländern offiziell als rechtsextrem eingestuft.
Ich habe für meine Fraktion im Landtag das Thema Rechtsextremismus mehrere Jahre direkt politisch begleitet, war in zwei Untersuchungsausschüssen zum Nationalsozialistischen Untergrund und auf mich geht die Etablierung der Dokumentationsstelle Rechtsextremismus am Generallandesarchiv Karlsruhe zurück, die jetzt auch um eine Forschungsstelle Rechtsextremismus an der Universität Tübingen ergänzt wurde. Die Arbeit und auch der Kampf gegen die extreme Rechte ist daher seit Jahrzehnten ein wesentlicher Bestandteil meines politischen wie auch meines persönlichen Handelns.
Es ist mir daher ein Kernanliegen, dass wir der Bedrohung durch rechte Umsturzpläne und totalitäre Fantasien mit unserer Wehrhaftigkeit entgegentreten. Denn in einer wehrhaften Demokratie darf sich der Staat gegenüber den Feinden der Demokratie nicht neutral verhalten, er muss sich zur Wehr setzen. Und so leiten mich zwei Ansätze, nämlich zuerst der Grundsatz, dass meine Fraktion der GRÜNEN im Landtag von Baden-Württemberg und ich persönlich die AfD im politischen Wettbewerb stellen und bekämpfen wollen, um zu verhindern, dass sie jemals in irgendeine Form von Regierungsverantwortung kommt.
Für mich ist es zweitens klar, dass ein AfD-Verbotsverfahren nicht ausgeschlossen werden darf und wir uns in die Lage versetzen müssen, eine Entscheidung über das Ja oder Nein eines Antrags fällen zu können. Daher ist nun neben der wichtigen und hervorragenden Arbeit von Journalist:innen und vielen aktiven Menschen gegen Rechts zwingend notwendig, dass die Vorarbeit und Bewertung durch die Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder erfolgt. Erst auf der Grundlage dieser Bewertung durch die Sicherheitsbehörden kann eine politische Entscheidung durch die antragsberechtigten Verfassungsorgane (Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung) getroffen werden, ein gegen die AfD gerichtetes Parteiverbotsverfahren beim Bundesverfassungsgericht einzuleiten. Nicht nur aus meiner Sicht liegt bereits eine sehr konkrete und verdichtete Sachlage vor, die ein Verfahren rechtfertigen würde, ähnlich sieht es das Deutsche Institut für Menschenrechte.
Aufgrund der Erfahrungen mit dem Verbotsverfahren der NPD (heute: Die Heimat) würde ich allerdings zuerst die Faktenlage bewerten und danach darüber entscheiden wollen, ob ich ein Verfahren gegen die AfD als Gesamtpartei einleiten möchte. Diese tiefgreifende Prüfung ist wichtig, denn ein Scheitern des Verfahrens wäre verhängnisvoll und würde die AfD weiter stärken. Es würde der AfD durch unser Bundesverfassungsgericht das „Siegel“ einer vermeintlichen Legitimität verleihen. Zusammengefasst sollten wir also all die Informationen, die wir bereits haben, jetzt zusammenführen, bewerten und darauf aufbauend einen Verbotsantrag schreiben. Ob man diesen dann auch einreicht, sollte erst in einem zweiten Schritt politisch entschieden werden. Dieses Vorgehen hat meiner Ansicht nach den Vorteil, dass man zügig eine Entscheidungsgrundlage herbeiführt, ohne sich in der großen Frage „Antrag ja oder nein?“ zu verlieren.
Fakt ist: Man kann sich aus guten Gründen für oder gegen ein Verfahren entscheiden. Klar ist allerdings auch, dass kein Verfahren den politischen Kampf gegen Rechtsextremismus ersetzen kann. Deshalb ist es ein sehr wichtiges Signal, dass am Anfang des Jahres so viele Menschen auf die Straße gegangen sind: Gemeinsam gegen Rechts. Gemeinsam für Demokratie, Freiheit und Vielfalt. Ich habe viel Zuversicht und Mut daraus gewonnen, weil sich in unserer Gesellschaft immer mehr Menschen für unsere Demokratie und für ein friedliches Zusammenleben stark machen. Das schafft die nötige Sichtbarkeit und hat damit Einfluss auf die gesamte Politik, wie sich bereits an der geänderten Tonalität im demokratischen Parteienspektrum zeigt. Wir hoffen, das Engagement der Menschen wächst und bleibt, denn wir brauchen diese Sichtbarkeit im Kampf für unsere Demokratie. Wie wichtig und relevant nun ein gemeinsames Vorgehen gegen die AfD ist, zeigen die letzten Ergebnisse bei den Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg. Noch haben wir die Möglichkeit gemeinsam zu agieren und unsere Demokratie vor ihren Feinden zu schützen.
Ich darf Ihnen versprechen, dass ich meine ganze Kraft, Energie und Zeit dafür einsetzen werde, dass wir die extreme Rechte und ihre Parteien, allen voran die AfD, weiterhin mit allen Mitteln unseres Rechtsstaats bekämpfen werden.
Gerne stehe ich Ihnen für weitere Fragen oder Anregungen zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Alexander Salomon MdL
https://www.staatsanzeiger.de/debatten-im-landtag/salomon-plaediert-fuer-antrag-fuer-verbotsverfahren/