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Alexander-Martin Sardina
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Frage von Jan G. •

Frage an Alexander-Martin Sardina von Jan G. bezüglich Recht

Hallo Herr Sardina,

vielen Dank für Ihre schnelle Rückmeldung. Leider ist aus ihrer Antwort nicht ersichtlich, ob sie nun grundsätzlich für oder gegen eine geschlossene Unterbringung sind. Über eine weitere Stellungnahme würde ich mich sehr freuen.

Beste Grüße,

Jan Gernke

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Gernke,

vielen Dank für Ihr verstärktes Interesse an dem PUA GUF und der grundsätzlichen Frage nach einer geschlossenen Unterbringung. In Ergänzung zu meiner ersten Antwort weiter unten würde ich gern ausführen, dass es kein pauschales "dafür" oder "dagegen" in dieser Frage m. E. geben kann. Ich versuche deswegen jetzt eine differenzierte Beantwortung der Frage aus pädagogischer Sicht.

Festzuhalten bleibt als Faktum, dass pluralistisch-urbane Gesellschaften ganz einfach bestimmte Rahmenbedingen haben, mit denen sich nicht alle in ihnen lebenden Menschen (dies schließt Kinder und Jugendliche logischerweise ein) zu jedem Zeitpunkt ihres Lebens voll identifizieren können und es deswegen im Einzelfall zu einem (manchmal extrem) normabweichenden Verhalten kommen kann. Das ganze wird in der Regel begleitet durch sich wechselseitig beeinflussende Faktoren, so dass auch - ich will es gleich vorwegnehmen - eine "Schuldfragen"-Diskussion nicht zielführend ist. Dennoch bleibt dann aber die Frage, wie man schließlich mit den betreffenden Kindern und Jugendlichen umgeht. Der Staat steht dabei in der Verantwortung, sowohl einen Schutz des Individuums vor sich selbst wie auch vor dem Rest der Gesellschaft organisieren zu müssen. Eine geschlossene Unterbringung bietet beides; wenn dies in relativ angenehmer Atmosphäre geschieht, gibt es oftmals auch gute Chancen zum Greifen pädagogisch-psychologischer Maßnahmen. Unter anderem auch deswegen wehre ich mich sehr gegen den in den Medien oftmals verwendeten Begriff eines "Kinderknastes", denn genau das ist die GUF eben nicht. Individuelle Hilfsangebote und professionelle Prognosen sind hier der Schlüssel zum Erfolg, den jedoch keiner (wie immer im Leben) in jedem Fall garantieren kann.

Schräge finde ich es - und das sei mir als politisches Statement gestattet -, wenn bestimmte Landesregierungen sich gegen eine gecshlossene Unterbringung aussprechen, "ihre" Kinder und Jugendlichen dann aber ganz einfach in entsprechende Einrichtungen anderer Bundesländer verbringen und dafür dann zahlen. Das ist unehrliche Augenwischerei und weicht den realen Problemen aus. Wenn wir also konform gehen, dass es Kinder und Jugendliche gibt, auch oder gerade in einer Großstadt wie Hamburg, die in das oben beschriebene Raster fallen, dann sollte die Stadt eine geschlossene Unterbringung hier vor Ort vorhalten, um adäquat reagieren zu können. Auf die Individualfallprüfung hatte ich ja bereits ausdrücklich hingewiesen und glaube, damit Ihre Frage dann abschließend beantwortet zu haben.

Zudem darf ich Sie hinweisen auf eine knappe präzise Ausführung zu Zielen und Methoden der Geschlossenen Unterbringung in der Feuerbergstraße auf der Homepage der Behörde für Soziales und Familie (BSF), die ich beifüge,

und verbleibe mit den besten Grüßen,
Ihr AMS

Freie und Hansestadt Hamburg
Behörde für Soziales und Familie (BSF)

Landesbetrieb Erziehung und Berufsbildung - Jugendhilfe

Geschlossene Unterbringung Feuerbergstraße (GUF)

Feuerbergstraße 43

22337 Hamburg

Stand: 22.07.2004

Geschlossene Unterbringung Feuerbergstraße

Erziehung zum verantwortungsvollen Umgang mit sich und anderen

Die Jugendhilfe ist gefordert, für Jugendliche mit außergewöhnlichen Belastungen und Problemen Angebote zu schaffen. Ihre Biographie ist geprägt von Beziehungsabbrüchen, tiefen Kränkungen und Misserfolgen. Diese Jugendlichen gefährden durch ihr Verhalten nicht nur sich selbst, sondern auch andere. Oft sind sie Opfer von Vernachlässigung, Gewalt und Missbrauch. Es gilt, dem Erziehungsanspruch dieser jungen Menschen und ihrem Anspruch auf Schutz vor Gefahren für ihr Wohl sowie dem Schutz anderer – oft ebenfalls Jugendlicher - gerecht zu werden.

Fachlich orientiert sich die Geschlossene Unterbringung an pädagogisch-therapeutischen Inhalten. Ziel ist es, Jugendliche - mit Blick auf deren individuelle Entwicklung und Fähigkeiten - zu einem verantwortlichen Umgang mit sich und anderen zu erziehen.

Zielgruppe und Ziele

Das Hauptaufnahmealter der Jugendlichen liegt zwischen dem 14. und 16. Lebensjahr. Es können aber auch zwölf- und 13-Jährige aufgenommen werden. Im diagnostischen Aufnahmeverfahren wird ein individueller pädagogischer und therapeutischer Hilfeplan erstellt. Die individuelle Betreuung und die Förderung der persönlichen Entwicklung der Jugendlichen stehen im Vordergrund der pädagogischen Arbeit in der Geschlossenen Unterbringung Feuerbergstraße.

Ziel ist es, den Jugendlichen ein Leben ohne Straftaten zu ermöglichen, um weitere Eigen- und Fremdgefährdung zu vermeiden. Sie lernen Verhaltensweisen, die sie befähigen, sozial angemessen zu reagieren. Schulängste werden abgebaut, eine stabile Lern- und Leistungsmotivation aufgebaut. Interessen in musischen, kreativen und sportlichen Bereichen werden gefördert, damit die Jugendlichen ihre Stärken erfahren. Die Akzeptanz grundlegender sozialer Normen und Regeln und ihre schrittweise Verinnerlichung wird - mit der Stärkung sozialer Fähigkeiten und Fertigkeiten - gefördert. Die Jugendlichen werden angehalten, ihr Verhalten und seine Konsequenzen zu reflektieren.

Konzeptioneller Rahmen

Die Geschlossene Unterbringung Feuerbergstraße bietet Phasen der verbindlichen Intensivbetreuung mit dem Ziel, einen verlässlichen Rahmen zu schaffen, in dem Kontakte und Beziehungen zu den pädagogischen und therapeutischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aufgebaut werden. Die geschlossenen Phasen sind individuell altersgemäß und zeitlich befristet, um die Jugendlichen auf die Überleitung in die von mehr Freiräumen geprägten, folgenden Phasen vorzubereiten.

Das Leben in der Einrichtung zeichnet sich aus durch transparente, erfüllbare Regeln, Verbindlichkeit und einen klaren, strukturierten Alltag. Jede Regelverletzung hat eine pädagogische Intervention zur Folge: Straftaten, deutlich verspätete Rückkehr vom Ausgang, Verweigerung von Schule oder Arbeit und Gewalt sind Anlass für eine Überprüfung der individuellen Erziehungsplanung. Die Einrichtung verfügt über ein internes Schulangebot. Schule und Beschäftigung sind in den Alltag integriert wie Sport, Gruppen- und Einzelgespräche sowie interne und externe therapeutische Angebote. Jedem Jugendlichen stehen zwei Bezugsbetreuer zur Seite. Sie führen wöchentlich Feedback-Gespräche mit dem Jugendlichen und planen mit ihm die Schritte für die folgende Woche. In der Tagesreflektionsgruppe werden das Miteinander thematisiert und Konflikte aufgearbeitet. Das Gruppengespräch ist auch das Forum, in dem die jungen Menschen das Gruppenleben planen und mitgestalten lernen. In einem Rat werden sie an Entscheidungen über Gruppenaktivitäten beteiligt.

Je nach Fortschritt der Hilfeplanung werden die Frei- und Erprobungsräume ausgeweitet. Die individuelle Planung orientiert sich an vier Phasen - Eingewöhnungs- und Orientierungsphase, Konsolidierungsphase, Erprobungsphase, Reintegrationsphase -, die durch jeweilige Erziehungsziele und Erwartungen an die Jugendlichen gekennzeichnet sind.

Das Phasenmodell

In allen Phasen sind Schulunterricht und Beschäftigungsangebote in der Aktivzeit verbindlich.

Vorbereitung der Aufnahme

Gruppengespräch mit den jungen Menschen

Jeder neu Aufgenommene erhält einen Mentor aus der Gruppe

Eingewöhnungs- und Orientierungsphase

Gegenseitiges Kennenlernen, Aufbau erster Beziehungen

Erste Problem- und Ressourcenanalyse

Einzelaktivitäten mit dem Jugendlichen

Nur begleitete, anlassbezogene Ausgänge

Besuche von wichtigen Bezugspersonen

Verbindlich: Angebote in der Aktivzeit

Die Phase endet, wenn der Jugendliche die zentralen Regeln eingehalten
hat

Konsolidierungsphase

Zu Beginn dieser Phase findet der Ausgang nur in Begleitung statt. Das Team entscheidet aufgrund der Erfahrungen aus den begleiteten Ausgängen, wann mit dem Jugendlichen die ersten anlassbezogenen unbegleiteten Ausgänge geplant und durchgeführt werden. Später haben die Jugendlichen die Möglichkeit, an einem Nachmittag bis zum Abendbrot die Einrichtung zu verlassen.

Einzel- und Gruppengespräche

Soziales Kompetenztraining

Perspektiven für Bildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen

Anti-Gewalt-Training / Konfliktgruppe

Wenn die Anforderungen erfüllt wurden:

Erprobungsphase

Einbindung in externes Schul-/Beschäftigungsangebot

Berufsbildungsangebote

Verbindlich: Zentrale Gruppenangebote

Individuelle Ausgangsregelung

Bei Missachtung zentraler Regeln beginnt erneut für zwei Wochen die Eingewöhnungsphase

Reintegrationsphase

Regelungen/Einschränkungen werden individuell vereinbart

Unterstützung beim Ablöseprozess - Vorbereitung der Rückkehr in die Familie, Suche nach Nachfolgeeinrichtungen oder eigenem Wohnraum

Intensivierung der Kontakte zum neuen Lebensort

Zugang zur Hilfe

Die Aufnahme der männlichen Jugendlichen erfolgt über ein Verfahren des Familien-Interventions-Teams (FIT) im Rahmen von erzieherischen Hilfen gem. § 27ff SGB VIII in Verbindung mit einer familienrichterlichen Genehmigung nach §1631b BGB.