Frage an Alexander Geiger von Irina K. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Geiger,
hier nun die nächste Frage:
Wie stellen Sie bzw. Ihre Partei sich den Problemen, die in absehbarer Zeit aus der derzeit verharmlosten Schuldenkrise innerhalb der Euro-Währungsunion über uns hereinbrechen werden?
Wie unser Bundesfinanzminister selbst aussagte, kann eine Einlagensicherung nur so lange funktionieren, wie der Staat auch zahlungsfähig ist. Ist er das de facto im Bezug auf die Target-2-Salden überhaupt??
Wo und wie sehen Sie die Lösung oder zumindest einen Ansatz, um die Interessen und Ersparnisse der deutschen Bürgerinnen und Bürger zu schützen?
Mit freundlichen Grüßen
Irina Kretschmer
Sehr geehrte Frau Kretschmer,
vielen Dank für Ihre zweite Frage.
Im Bezug auf die Frage zur Schuldenkrise, möchte ich anführen, dass es sich für mich eben nicht nur um eine Schuldenkrise sondern um eine gleichzeitige Schulden- und Finanzmarktkrise handelt. Zwar war mir Verschuldung der öffentlichen Haushalte weit vor dem Ausbruch der immer noch aktuellen Finanzmarktkrise zu hoch, doch durch die Bankenrettungen wurden die Staatshaushalte der Eurozone verstärkt ins Wanken gebracht. Mindestens genauso wichtig wie der Abbau der Staatsschuldenquote ist daher eine Schuldenbremse für Banken. Daher verfolgen die Grünen das Ziel ein widerstandsfähigeres Finanzsystem zu etablieren, bei welchem auch die Eigentümer(inn)en wieder für die Risiken ihrer Banken mit geradestehen. Die Verschuldung von Banken soll begrenzt werden, so dass das Finanzsystem insgesamt stabiler wird. Damit dieses Risiko für die Anleger(inn)en aber handelbar wird, brauchen wir eine verbindliche Schuldenbremse für Banken in Höhe von 3 Prozent bis spätestens 2017. Langfristig wollen wir deutlich höhere Eigenkapitalquoten erreichen.
In der Eurokrise existiert in manchen Staaten ein Teufelskreis: Die Staaten müssen, um ihre Banken retten zu können, noch höhere Schulden aufnehmen, was dann den Wert der Staatsanleihen senkt. Die Staatsanleihen wiederum gehören den Banken, die durch den Wertverlust noch tiefer in die Krise geraten. Mit einer einheitlichen Bankenaufsicht, einem einheitlichen Mechanismus für Bankenabwicklungen sowie gleichen Regeln für die Einlagensicherung wollen wir die Bankenregulierung auf europäische Ebene heben. Denn wir wollen im europäischen Kontext dafür sorgen, dass wenn Banken zukünftig abgewickelt werden müssen dieses zentral und einheitlich im Sinne der Steuerzahler(inn)en durchgeführt wird.
Wir möchten den Finanzmärkten Grenzen geben. Wir wollen die Trennung von Einlagen- bzw. klassischem Kreditgeschäft und Handelstätigkeiten beenden. Gleichzeitig ist die Spekulation mit Nahrungsmitteln zu untersagen. Dies hält die Lebensmittelpreise stabil.Zusätzlich wollen wir eine umfassende Finanztransaktionssteuer einführen und damit für einen fairen Beitrag der Finanzindustrie sorgen. Wir Grünen wollen die Finanzmärkte aus Verbraucher(inn)ensicht entwickeln, denn es ist ihr Geld das sie dem Markt anvertrauen. Schlechte Finanzberatung und undurchsichtige Verträge müssen der Vergangenheit angehören. Deshalb muss sich auch beim Rechtsschutz für Anleger(inn)en was ändern. Die Grünen setzen für eine Beweislastumkehr im Rahmen von Schadensersatzklagen ein.
Um der Staatsschuldenkrise zu begegnen fordern wir einen europäischen Schuldentilgunspakt, der auf dem Vorschlag des Sachverständigenrat der Bundesregierung basiert. Alle Schulden der Teilnehmerstaaten (auch Deutschlands) oberhalb der Marke von 60 Prozent der Wirtschaftleistung sollen in den Fonds eingebracht werden. Zu Beginn wird also für jedes Land ein konkreter Euro-Betrag an Schulden vertraglich festgelegt, den sie somit auslagern können. Der Schuldentilgungsfond würde Anleihen ausgeben. Für dieses Papiere würden die Länder gemeinsam haften. Dadurch ergäbe sich etwa für die Krisenländer ein Zinsvorteil bezogen auf die Refinanzierung der ausgelagerte Schulden. Die vom Schuldentilgungsfonds am Markt aufgenommenen Gelder sind zeitlich wie volumenmäßig begrenzt. Durch die Tilgungszahlungen an den Fonds schrumpft das Volumen der gemeinsam garantierten Anleihen nach und nach - ähnlich wie bei einem Hauskredit. Durch die Rückführung der Staatsschuldenquote der Euroländer auf die in den Maasstrichtkriterien festgelegten 60% des BIP und die Einführung einer verbindlichen Schuldenbremse in den Eurostaaten schaffen wir auch im Hinblick auf das von Ihnen erwähnte Zitat von Finanzminister Schäuble die Einlagen der Sparer(inn)en weiterhin hinreichend zu sichern.
Mit freundlichen Grüßen
Alexander Geiger