Alexander Geiger
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Irina K. •

Frage an Alexander Geiger von Irina K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Geiger,

die aktuellen Diskussionen rund um die NSA haben ein für meine Begriffe seit Jahren überfälliges Thema an die Oberfläche gebracht: Warum sind wir noch immer nicht souverän?
Wann werden die alten Besatzungsgesetze aufgegriffen und geändert?
Wann erhalten wir eine richtige Verfassung?
Warum wird das Thema totgeschwiegen?
Dazu würde mich Ihre bzw. die Stellungnahme Ihrer Partei sehr interessieren.

Mit freundlichen Grüßen

Irina Kretschmer

Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Kretschmer,

vielen Dank für Ihre Anfrage zum Themenkomplex Demokratie und Bürgerrechte, die ich Ihnen gern beantworte.
Sie sprechen die aktuelle Diskussion bzw. die daraus abzuleitenden Konsequenzen im Rahmen der NSA-Affäre an.
PRISM und TEMPORA stellen nach bisherigem Kenntnisstand die größten jemals bekannt gewordenen Internetüberwachungsaktionen dar.
Sie bedrohen in ihrem Umfang unseren freiheitlichen und demokratischen Grundrechtsschutz.
 
Wir fordern von der Bundesregierung (und legen den Maßstab natürlich bei einem Wahlsieg auch bei uns selbst an):

-  mit allen verfügbaren Mitteln auf eine Beendigung der Ausspähung durch die Geheimdienste der USA und Großbritanniens hinzuwirken. Dabei ist zu prüfen, ob rechtliche Schritte gegen Großbritannien (Vertragsverletzungsverfahren beim Europäischen Gerichtshof oder Anrufung des Internationalen Gerichtshofes (IGH)) und gegen die USA (Anrufung des IGH) eingeleitet werden können.
- die parlamentarische Kontrolle und die Datenschutzkontrolle über die Geheimdienste wesentlich zu verbessern, vor allem auch im Hinblick auf Kooperation mit ausländischen Diensten
- Aufgaben und Befugnisse der deutschen Geheimdienste so eng und konkret zu regeln, dass pauschale Ausspähung und Ringtausch mit ausländischen Geheimdiensten ausgeschlossen ist und die neuen technischen Möglichkeiten zur Totalüberwachung gesetzlich wirksam begrenzt werden.
- das Fernmeldegeheimnis in Art. 10 Grundgesetz aufbauend auf der Verfassungsrechtsprechung zu einem umfassenden Mediennutzungs- und Telekommunikationsgeheimnis fortzuentwickeln und dabei die staatlichen Schutzpflichten konkreter zu normieren
- eine Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung in Deutschland zu verhindern
- Schutz von Whistleblowern gesetzlich zu regeln
Auf EU-Ebene fordern wir,
- angesichts der Spionage in EU-Vertretungen die Verhandlungen zum Freihandelsabkommen TTIP auszusetzen
- die Safe Harbor - Vereinbarung, das SWIFT-Abkommen über Zahlungsverkehrsdaten und das Fluggastdatenabkommen mit den USA aufzukündigen und neu zu verhandeln
- das EU-Datenrecht zu stärken. Wo Daten über Staatsgrenzen hinweg fließen, muss auch der Datenschutz transnational wirken und geregelt werden. Wir wollen, dass es in der EU ansässigen (Tochter-)unternehmen im Zuge der Reform des EU-Datenschutzrechts verboten wird, ohne EU-Rechtsgrundlage Daten in Nicht-EU-Staaten zu übermitteln. Damit werden Unternehmen wie Google, Facebook und Microsoft zum Schutz ihrer KundInnen mit in die Pflicht genommen.

Sehr geehrte Frau Kretschmer,
die Grünen treten für eine selbstbewusste BRD im Kreise der EU und der internationalen Gemeinschaft auf, die auch unbequeme Themen aufgreift.
Das Grundgesetz als unsere Verfassung hat sich aus meiner Sicht bewährt.
Der Komplex der von Ihnen aufgeworfenen Fragen, speziell zum Verhältnis zu den ehemaligen alliierten Siegermächten, halte ich durch die 1990 gefassten Vereinbarungen(2+4-Vertrag) für weitgehend beantwortet. Die weiterhin gültigen Inhalte sind durch normale Gesetzgebung änderbar. Für welche einzelnen Inhalte dies angebracht wäre, muss ich Ihnen zum jetzigen Zeitpunkt eine persönliche Antwort schuldig bleiben.
 
Mit freundlichen Grüßen
Alexander Geiger