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Agnieszka Brugger
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Hans-Peter S. •

ÖPVN . Wie geht es weiter?

Sehr geehrte Frau Brugger,

das 9 Euro Ticket hat gezeigt, dass der ÖPVN für Pendler eigentlich nicht geeignet ist. Man muss die Aussage ein wenig einschränken:
Wer bei der Bahn keine Direktverbindung hat und min. 1x umsteigen muss, hat verloren. Überfüllte Züge, keine Sitzplätze, Reisende ohne Masken, Verspätungen oder sogar Komplettausfälle gehören zum Tagesgeschäft. Wenn man im Monat >5 Stunden anstatt bei der Arbeit auf dem Bahnhof verbringt, kommt man am Auto eigentlich nicht vorbei.
Wie will man das angehen, dass die Bahn neues Zug-Material erhält und die Infrastruktur verbessert wird?
Warum werden Fahrgäste nicht besser entschädigt, wenn man > 1 Stunde warten muss?
Als Pendler sitzt man in der dritten Reihe.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr S.,

vielen Dank für Ihre Nachricht.

Ich stimme Ihnen zu, dass eine zentrale Maßnahme für eine nachhaltige Mobilität in der Steigerung der Attraktivität des ÖPNVs besteht. Viele Menschen gerade auch auf dem Land würden gerne auf ein Auto verzichten oder viel stärker den Öffentlichen Nahverkehr nutzen. Das 9-Euro-Ticket hat mit über 50 Millionen verkauften Tickets gezeigt, wie viel Interesse an nachhaltigen Mobilitätsträgern wie Bus und Bahn besteht, wenn das Angebot einfach verständlich und günstig ist. Da ich selbst in meinem Wahlkreis Ravensburg intensiv den ÖPNV nutze, konnte ich beobachten, wie viel voller die Busse und Züge waren. Viele Menschen waren aber auch erstaunt darüber, dass viele Wege auch im ländlichen Raum besser möglich waren, als sie selbst erwartet haben. Das ist vielleicht auch sogar der wichtigste Erfolg, der durch das 9-Euro-Ticket entstanden ist. Um einen weiteren Anreiz zum dauerhaften Umstieg zu schaffen und gerade die Kosten für Pendler*innen zu senken, haben sich Bund und Länder auf ein bundesweit nutzbares und digital buchbares Abo-Ticket für 49 Euro pro Monat als Nachfolge für das 9-Euro-Ticket geeinigt.

Aber wie Sie zu Recht anmerken, kommt es nicht nur auf den Preis, sondern auf die Verbindungen und alle Rahmenbedingungen an, wenn wir über die Attraktivität von ÖPNV und Zugverkehr sprechen. Auch wenn sich in den letzten Jahren einiges getan und verbessert hat, wird für einige die Fahrt zur Arbeit oder zum Einkaufen dann doppelt so lang, weil Busse zu selten fahren, Zugverbindungen nicht gut aufeinander abgestimmt sind oder es für die Nutzer*innen unheimlich umständlich ist, im Dschungel der unterschiedlichen Verkehrsverbünde und Tarife einen Überblick zu behalten.

Mit den Ampel-Parteien haben wir uns im Koalitionsvertrag darauf verständigt, dass wir den Aufbruch in eine nachhaltige, effiziente, barrierefreie, intelligente, innovative und bezahlbare Mobilität gestalten und das auch mit dem Ziel der Dekarbonisierung und zur Einhaltung der Klimaschutzziele für 2030 und 2045 tun. Um die Attraktivität des ÖPNVs weiterhin zu steigern, müssen wir - wie auch von Ihnen vorgeschlagen - dafür sorgen, dass notwendige Investitionen getätigt werden können und der Ausbau vorankommt. Deswegen setze ich mit meinen Kolleg*innen aus der grünen Bundestagsfraktion dafür ein, die Investitionen in die ÖPNV-Infrastruktur und die Mittel für die Betriebsleistungen zu erhöhen, um Angebot und Qualität zu verbessern. Dazu hat die Bundesregierung bereits die Voraussetzung für regionale Investitionen ins Schienennetz erheblich verbessert, arbeitet an den Qualitätsstandards und erhöht zugleich die Regionalisierungsmittel. Denn einen besseren ÖPNV wird es gerade in schwierigen Zeiten, in denen die Landkreise, Kommunen und Bahn- und Busunternehmen durch steigende Energiepreise, Fachkräftemangel und viele weitere Herausforderungen stark belastet sind, nicht umsonst geben können. Dafür haben wir Grüne uns in den Koalitionsverhandlungen und auch in den Gesprächen für das 49-Euro-Ticket mit Nachdruck eingesetzt. Und wir werden es auch weiterhin tun.

Als Grüne Fraktion im Bundestag setzen wir uns grundsätzlich für ein zuverlässiges und serviceorientiertes Bahnsystem ein. Bei den Entschädigungen im Falle von Zugverspätungen oder Ausfällen handelt es sich jedoch um EU-Gesetzgebung. Die Europäische Kommission hat bereits 2017 einen Vorschlag zur Überarbeitung der Fahrgastrechte vorgelegt, in dessen mehrjährigen Verhandlungen sich die Grüne Fraktion im Europäischen Parlament unter anderem stark für höhere Entschädigungen, Durchgangsfahrkarten und verpflichtende Fahrradmitnahme eingesetzt hat. Am Ende konnte sich der Europäische Rat allerdings in vielen Punkten durchsetzen, so auch bei der viel diskutierten Ausnahmeklausel für „höhere Gewalt“. Mehr Informationen dafür finden Sie hier: https://anna.deparnay-grunenberg.eu/2021/04/27/pm-bei-den-eu-bahnfahrgastrechten-drohen-nicht-hinnehmbare-rueckschritte/

Gleichzeitig wird auch bei uns im Land Baden-Württemberg weiter an neuen Modellen gearbeitet, um die Fahrgastzahlen im ÖPNV bis 2030 zu verdoppeln und den Autoverkehr um ein Drittel zu reduzieren. Die klimafreundliche Verkehrswende ist ein wichtiger Baustein für das Land, um das Ziel der Klimaneutralität bis 2040 zu erreichen. Das Land Baden-Württemberg ist bundesweit federführend bei der Reaktivierung stillgelegter Bahnstrecken und baut sein Angebot an Regiobussen, mit denen ländliche Räume an Unterzentren angebunden werden, schrittweise aus. Die Taktfrequenz im Regionalverkehr wird seit Jahren immer weiter verbessert und die Schienen-Infrastruktur ausgebaut. Das Land investiert außerdem massiv in neues Zugmaterial und hat so zum Beispiel erst dieses Jahr rund 2,5 Milliarden Euro in 130 neue Züge für den Regionalverkehr investiert – mehr Informationen dazu finden Sie hier:  https://www.baden-wuerttemberg.de/de/service/presse/pressemitteilung/pid/130-neue-doppelstockzuege-fuers-land/#:~:text=Mit%20130%20neuen%20Z%C3%BCgen%20des,die%20neuen%20Fahrzeuge%20mehr%20Komfort.

Mit freundlichen Grüßen

Agnieszka Brugger

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