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Agnieszka Brugger
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Colja K. •

Frage an Agnieszka Brugger von Colja K. bezüglich Energie

Liebe Frau Brugger,
da Sie gestern, in der aktuellen Stunde des Bundestages, vehement gegen Nordstream 2 gesprochen haben, würde es mich interessieren, ob die unter den Grünen zu verantwortenden Fracking-Gas-Terminals, in Stade und Brunsbüttel, nun hochgefahren werden? Gibt es dann vermehrt US-Fracking-Gas?

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Lieber Herr Kosel,
vielen Dank für Ihre Frage. Seit vielen Jahren weisen wir Grüne darauf hin, dass Nord Stream 2 auf vielen Ebenen ein hochproblematisches Projekt ist, das eine Wette gegen die europäischen Klima- und Energieziele darstellt und mit diesen nicht vereinbar ist. Der von der Bundesregierung angegebene Gasbedarf basiert auf relativ alten und überschätzten Prognosen des russischen Staatskonzerns Gazprom, der mittlerweile auch selbst eingeräumt hat, dass diese Pipeline nicht erforderlich ist, um unseren Bedarf an Gas zu decken. Für die bis zur Vollendung der Energiewende noch notwendige Gasversorgung reichen die bestehenden Infrastrukturen aus. Mit Nord Stream 2 drohen wir uns aber auf Jahrzehnte an klimaschädliche fossile Energieträger zu binden.

Da wir als Grüne wie viele Expert*innen mit Blick auf die Klimaziele der EU und die bestehende Gasinfrastruktur zu dem Ergebnis kommen, dass wir keinen Bedarf an zusätzlichem Gas haben, brauchen wir das Fracking-Gas aus den USA ebenso wenig. Das haben wir auch mehrfach sehr deutlich zum Ausdruck gebracht und uns gegen diesen Import ausgesprochen. Somit teile ich die Schlussfolgerung nicht, dass ein Ende von Nord Stream 2 automatisch zu mehr Import von Fracking Gas über LNG-Terminals in Europa führen wurde. In diesem Zusammenhang möchte ich sie auf die Enthüllungen der Deutschen Umwelthilfe aufmerksam machen (hier zum Bericht: https://duh.de/projekte/geheimdeal-gegen-das-klima/). So war es Finanzminister Olaf Scholz, der den USA 1 Mrd. Euro Steuergelder für amerikanisches Fracking-Gas anbieten wollte, um Nordstream 2 durchzudrücken und diese beiden Projekte miteinander verbunden. Wenn das so realisiert worden wäre, hätte das dem Klimaschutz doppelt geschadet und wäre ein höchst unverantwortlicher Umgang mit Steuergeld.

Die Entscheidung mit Blick auf das LNG-Terminal in Brunsbüttel und der Leistungstrasse bei Hetlingen/Stade aus dem Koalitionsvertrag der schleswig-holsteinischen Jamaika-Koalition von 2017 waren deshalb auch mehr als ein sehr schwieriger Kompromiss. Aber wie es in Koalitionsverträgen immer der Fall ist, kann in der Regel keine Partei alle ihre Punkte in den Verhandlungen durchsetzen, schon gar nicht als kleinerer Koalitionspartner. Ich finde, der Vertrag kann sich trotz der schmerzhaften Einigung beim zusätzlichen Terminal sehen lassen und ohne die Grünen wären viele klimapolitische Fortschritte nicht möglich gewesen.

Nicht nur die grüne Bundestagsfraktion, auch die Grünen in Schleswig-Holstein halten den Bau und die Netzanbindung des LNG Terminals für falsch. Die originäre Position der grünen Landespartei können Sie im Beschluss vom 31. Oktober 2020 noch mal sehr deutlich nachlesen (Hier zum Beschluss: https://sh-gruene.de/ablehnungen-lng-terminal-in-brunsbuettel-und-der-leistungstrasse-bis-hetlingen-stade/). Hinsichtlich des LNG-Terminals in Brunsbüttel gibt es von Seiten des Investors bisher lediglich einen Antrag auf Planfeststellung des Vorhabens, das Terminal und die zugehörige Infrastruktur sind also noch nicht gebaut (https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/energie-brunsbuettel-antrag-auf-planfeststellung-fuer-lng-terminal-eingereicht-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-210701-99-224891).

Nord Stream 2 ist aber nicht nur aus klima- und energiepolitischen Gründen hochproblematisch. Diese Pipeline spaltet Europa und ein Großteil unserer europäischen und internationalen Partner*innen kritisiert dieses Projekt seit Jahren. Auch wenn ich das Projekt ablehne, viele von der Kritik anderer Staaten teile und die Sorgen der Ukraine insbesondere angesichts der jüngsten Äußerungen von Präsident Putin sehr nachvollziehen kann, habe ich die US-amerikanischen Sanktionen, die unter Donald Trump verhängt wurden, massiv kritisiert.

Am Ende profitieren von diesem Projekt vor allem der russische Staatskonzern und der Kreml, es ist mitnichten ein rein privatwirtschaftliches Projekt, wie es die Bundesregierung immer wieder behauptet.

Nicht nur mit der Besetzung der Krim und seiner Destabilisierungspolitik in der Ostukraine fügt Russland der Ukraine und der gesamten europäischen Friedensordnung massiven Schaden zu und hat mit der Besetzung der Krim völkerrechtswidrig und mit militärischen Mitteln Grenzen in Europa verschoben und darüber hinaus auch einen wichtigen Abrüstungsvertrag, das Budapester Memorandum, massiv gebrochen. Auch die Verbrechen in Syrien, der Angriff mit völkerrechtswidrigen chemischen Kampfstoffen in Salisbury, die Hackerattacken in Deutschland wie auf den Bundestag und der Auftragsmord im Tiergarten direkt vor den Türen unseres Parlaments, eine Reihe von unangemeldeten Militärmanövern, bei denen die vereinbarten Regeln nicht eingehalten werden und nicht zuletzt die massive und brutale Gewalt gegen Oppositionelle zeigen uns eine Eskalation seitens des Kremls, die uns mit großer Sorge erfüllen muss und die wir auch nicht einfach ignorieren sollten.

Die Bundesregierung darf sich hier nicht dauernd wegducken und sollte daher beispielsweise dem Projekt North Stream 2 die politische Unterstützung entziehen. Sie muss die Eskalationen Russlands mit diplomatischen Mitteln wie mit klaren Konsequenzen beantworten und das zugleich mit der Botschaft verbinden, dass wir eigentlich wieder zu Dialog und besseren Beziehungen zurückkehren möchten, wenn der Kreml seinen destruktiven Kurs ändert.

Ich halte es daher auch aus menschenrechts- und sicherheitspolitischen Gründen für einen großen Fehler, weiter an diesem Projekt festzuhalten. Dies sendet auch an andere Regelbrecher die Botschaft, dass der Bundesregierung im Zweifel der wirtschaftliche Profit wichtiger ist als außenpolitischen Interessen und Überzeugungen.

Nur die konsequente Förderung von erneuerbaren Energien und Energieeffizienz in der Europäischen Union wird unsere Abhängigkeit von Staaten wie Russland verringern, eine echte europäische Energiewende vorantreiben und zum Erreichen der Pariser Klimaziele beitragen.

Mit freundlichen Grüßen
Agnieszka Brugger

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