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Agnieszka Brugger
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Jakob F. •

Frage an Agnieszka Brugger von Jakob F. bezüglich Verkehr

Sehr geehrte Frau Agnieszka Brugger,

Ich weiß nicht ob Sie darauf großen Einfluss nehmen können, aber ich möchte bitte, dass Sie Ihr Bestes tun. Es geht um die Privatisierung der Autobahnen in Deutschland.
Ich bin strikt dagegen, dass sich der Staat eine ausdrücklich herrschaftliche Aufgabe aus der Hand nehmen lässt. Zum anderen finde ich es gerade zu ungeheuerlich, dass falls es zu einer Misswirtschaft der zuständigen Privatunternehmen kommt, der Steuerzahler deren Fehler begleichen soll. Ich würde mir von dem Bundestag wünschen, dass eine Autobahnprivatisierung ausdrücklich ausgeschlossen wird. Dazu sollte die folgende Formulierung in den Art. 90 Grundgesetz aufgenommen werden: „Eine Beteiligung Privater im Rahmen von Öffentlich-Privaten Partnerschaften ist ausgeschlossen.“
Falls dies ein Ding der Unmöglichkeit darstellen sollte, so wäre es nur fair wenn wenigstens nicht die Bundesrepublik Deutschland für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haftet. Damit sollen überhöhte Zinsen auch unter einer möglichen, neoliberalen schwarz-gelben Koalition ausgeschlossen, weil der Bund für mögliche Schulden bürgt und so die Zinsen niedrig hält.
Ich frage Sie nun, ob Sie als meine gewählte Vertretung im Bundestag gleicher Meinung sind und meinen Vorschlag gegen die Privatisierung unterstützen? Wenn nein welche Gründe haben Sie dafür?

Mit freundlichen Grüßen
Jakob Frey

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Frey,

vielen Dank für Ihre Nachricht. Wir Grüne lehnen die Privatisierung von Autobahnen ab. Verkehrsinfrastruktur als Daseinsvorsorge darf nicht privatisiert werden, auch nicht indirekt durch Öffentlich-Privaten Partnerschaften (ÖPP) oder wie im Rahmen der jetzt geplanten Bundesfernstraßengesellschaft.

Das haben wir jenseits der Debatten und Entscheidungen der letzten Jahre und Monate auch noch einmal in unserem Bundestagswahlprogramm bekräftigt
www.gruene.de/fileadmin/user_upload/Dokumente/BUENDNIS_90_DIE_GRUENEN_Bundestagswahlprogramm_2017.pdf#page=58

Wir Grüne haben im Bundestag gegen die Privatisierung der Autobahnen gestimmt. Öffentliches Infrastrukturvermögen darf nicht verschleudert, der politischen Kontrolle entzogen und reinen Gewinninteressen untergeordnet werden. Eine zukünftige Umwandlung in eine Aktiengesellschaft und die Aufnahme von Krediten mit überhöhten Zinsen muss dauerhaft und rechtssicher ausgeschlossen werden. Wir brauchen eine demokratische Kontrolle über die Autobahnen und keine neuen Renditeobjekte.

Union und SPD haben in die jetzige Regelung jedoch zahlreiche Hintertüren eingebaut, durch die sich Versicherungen, Banken und Großkonzerne möglicherweise schon in der nächsten Legislaturperiode am Straßennetz beteiligen können. Denn viele Schranken für die Privatisierung sind nur einfachgesetzlich geregelt, nicht jedoch verfassungsrechtlich. Und schon die nächste Koalition kann diese Hürden übergehen.

Um den Schutz vor Privatisierungen bei der Gründung einer Autobahngesellschaft sicherzustellen, hatten wir bei der Abstimmung beantragt, diesen Schutz eindeutig ins Grundgesetz zu schreiben - auch bei möglichen Tochtergesellschaften. Unseren Änderungsantrag dazu finden Sie unter http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/125/1812597.pdf und unseren Entschließungsantrag zur Schlussabstimmung unter http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/125/1812598.pdf. Die schwarz-rote Mehrheit im Bundestag hat unsere Anträge aber leider abgelehnt.

Wir Grüne wollen, dass der Zustand unserer Straßen künftig ehrlich bilanziert wird und der Erhalt bestehender Straßen und Brücken Vorrang hat vor teuren Neubauprojekten. Öffentliches Eigentum darf nicht an Konzerne und Versicherungen verramscht werden. Die neue Autobahngesellschaft muss im unveräußerlichen Eigentum des Bundes stehen. Eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung Privater muss ausgeschlossen bleiben. Die Bildung einer Aktiengesellschaft, wie sie etwa im Bereich des Schienenverkehrs mit der Deutschen Bahn AG im Zuge der Bahnreform von 1994 erfolgt ist, lehnen wir genauso ab wie die Ausweitung der teuren Öffentlich-Privaten Partnerschaften. Dass die privaten Betreiber der A1 gerade die Bundesrepublik auf mehr als 600 Millionen Euro verklagt zeigt , dass solche Privatisierungsvorhaben mit erheblichen Problemen verbunden sind und mitnichten die schönen Versprechen erfüllen, die die Befürworter*innen im Vorfeld gemacht haben. Wir schlagen vor, dass die Verwaltung der Autobahnen künftig durch eine Anstalt öffentlichen Rechts oder eine Gesellschaft privaten Rechts erfolgt, bei der ein unbeschränkter Einfluss des Bundes auf die Aufgabenerfüllung sichergestellt ist.

Mit freundlichen Grüßen
Agnieszka Brugger

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