Frage an Agnieszka Brugger von Wolfgang R. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Frau Brugger!
Gestern hörte ich in den Tagesthemen von den Vorsitzenden der Grünen, dass sie die Flüchtlingspolitik zu einem zentralen Thema der Koalitionsverhandlungen mit der CDU machen werden. In den Tagesthemen am Tag zuvor kündigte Anton Hofreiter in einem Interview eine humane Flüchtlingspolitik seiner Partei an. Eine Stunde vorher wurde im „Report Mainz“ berichtet, dass die zuständigen Bundesländer nur Symbolpolitik betreiben, weil sie viel zu hohe finanzielle Hürden für die Aufnahme von Syrischen Flüchtlingen durch ihre Verwandten in Deutschland aufbauten, um Kosten für den Landeshaushalt zu vermeiden. Spitzenreiter sei das von den Grünen geführte BW mit einem Nettomindestgehalt von 3100 €/Monat, was nur von wenigen Syrern erreicht wird.
Wie passt das zusammen? Wissen die Landesgrünen nicht was die Bundesgrünen wollen? Welche praktische Flüchtlingspolitik gilt denn nun bei den Grünen? Kann man jetzt auch den Grünen Verlautbarungen nicht mehr trauen?
Wäre dieser Wirrwarr vor der Bundestagswahl bekannt geworden, dann hätte ich die Grünen mit Sicherheit nicht gewählt!
Mit freundlichem Gruß.
Wolfgang Richter
Sehr geehrter Herr Richter,
herzlichen Dank für diese wichtige Anfrage.
Bitte entschuldigen Sie, dass ich Ihnen erst jetzt antworte. Ich habe mich in der Zwischenzeit mit meinen Kolleginnen und Kollegen aus den Landtag Baden-Württemberg in Verbindung gesetzt, um den Sachverhalt zu prüfen.
Obwohl auf Drängen der Grünen im Baden-Württemberg die Zahl der Flüchtlinge, die aufgenommen werden können, noch einmal um 500 auf 1.000 erhöht wurde, sind die finanziellen Anforderungen an die Flüchtlinge unverhältnismäßig hoch. Dieser Umstand trifft aus meiner Sicht auf alle Bundesländer zu. Baden-Württemberg bildet da leider keine Ausnahme.
Ich werde mich gegenüber der Landesregierung mit Nachdruck dafür einsetzen, dass diese finanzielle Hürde in Baden-Württemberg kippt. Aus meiner Sicht kann es nicht sein, dass Menschen, die vor so viel Not und Elend fliehen und um ihr Leben fürchten, in dem Land, in dem sie Schutz suchen, ein Nettoeinkommen von 3.100 Euro nachweisen müssen. Das ist schlichtweg kaum möglich. Nicht erst seit den aktuellen erschreckenden Berichten aus Lampedusa bin ich der Auffassung, dass Deutschland viel mehr für diejenigen tun muss, die meist unter großer Lebensgefahr aus ihrer Heimat nach Europa fliegen müssen.
Mit freundlichen Grüßen
Agnieszka Brugger
Sehr geehrter Herr Richter,
vor dem Hintergrund der neusten Entwicklungen und aus uneingeschränkter Solidarität, habe ich auf unserem Parteitag am vergangenen Wochenende in Esslingen am Neckar einen Antrag zur Aufnahme syrischer Flüchtlinge gestellt: "Mehr Solidarität mit den syrischen Flüchtlingen zeigen - Aufnahme erleichtern und Kontingente erhöhen". Dieser hat enormen Zuspruch erhalten und wurde ohne Gegenstimme angenommen: http://tinyurl.com/ovaadeu+
Darin fordern wir Grüne, dass das bundesweite Kontingent von derzeit unzureichenden 5000 Flüchtlingen hochgesetzt wird. Darüber hinaus haben wir Grüne die baden-württembergische Landesregierung aufgefordert, erstens keine Obergrenze für die Aufnahme von Familienangehörigen zu setzen und zweitens, auf die bisher erforderlichen Einkommensnachweise zu verzichten. Auch müssen Ausnahmeregelungen für diejenigen geschaffen werden, die den Lebensunterhalt ihrer Angehörigen nicht oder nicht vollständig absichern können. Der Schutz von Hilfebedürftigen kann nicht weiterhin von unnötigen und rigiden bürokratischen Anforderungen torpediert werden.+
Wir Grüne werden sowohl auf Landes- als auch Bundesebene weiterhin darauf drängen, dass schutzbedürftigen Flüchtlingen endlich eine realistische Aufnahmeperspektive bekommen.
Mit freundlichen Grüßen
Agnieszka Brugger