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Agnieszka Brugger
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Frage von Josef R. •

Frage an Agnieszka Brugger von Josef R. bezüglich Senioren

Sehr geehrter Fraur Abgeordnete Brugger,
ich wende mich an Sie als meine Wahlkreisabgeordnete mit einer Frage zum Versorgungsausgleich von Soldaten nach Scheidung.
Ein Beispiel: Die 30-jährige Ehe eines Stabsfeldwebel mit seiner vier Jahre jüngeren Ehefrau wird im Jahr seiner Zurruhesetzung (mit 54) geschieden. Von der Pension (2.194,67 EUR vor Steuern/ privater Krankenversicherung) wird ein Ehezeitanteil von ca. 1.940 € berücksichtigt, der eheanteilige Rentenanspruch der Ehefrau beträgt ca. 300 €. Er hat ab Beginn der Pension 820 € Versorgungsausgleich abzuführen. Nach Steuern verbleiben 1.280 € zum Bestreiten des Lebensunterhalts und der privaten Krankenversicherung. Bei Zugrundelegung der allgemeinen Altersgrenze für die Beamten läge der Ehezeitanteil nur 1.400 €, die Höhe des Versorgungsausgleichs 550 € und das Nettoeinkommen dann bei immerhin 1.600 €.
Der Stabsfeldwebel zahlt bis zu seinem statistischen Ableben (Sterbetafel statistisches Bundesamt) ca. 196.800 €. Seine Ehefrau erhält daraus mit Rentenbeginn (66 Jhr/10 Mon) bis zu ihrem statistischen Ableben ca. 118.000 €. Die Differenz von ca. 78.800 € kommt dem Bundeshaushalt zugute!
2008 erwirtschaftete der Einzelplan 14 so die Summe von 11,5 Mio € Versorgungsausgleichszahlungen, die nicht weitergeleitet worden sind. Wie sehen diese Zahlen für die Folgejahre aus? Nach meinem Berechnungsbeispiel läge dann das Verhältnis bei 132.000 € zu 118.000 € - immer noch ein Plus für den BHH !
In vielen Fällen haben die dienstlichen Besonderheiten des Soldatenberufes wesentlich zum Scheitern ihrer Ehe beigetragen. Leider wird dieses von Abgeordneten stereotyp mit Hinweis auf die Halbteilung des Versorgungsrechts beantwortet. Dabei bleiben die volle Versteuerung der Pensionen und die nicht kostengünstigen privaten Krankenversicherungen unberücksichtigt.
Auch der Wehrbeauftragte sieht hier Handlungsbedarf!
Was unternehmen Sie als Mitglied im VA gegen diese offensichtlich ungerechte Praxis?

Mit freundlichem Gruß
Josef Rauch

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Rauch,

vielen Dank für Ihre Nachricht vom 27. August 2013.

Ihre Kritik am Versorgungsausgleich als Ungerechtigkeit gegenüber Soldatinnen und Soldaten teile ich so nicht. Dieses Prinzip gilt nicht nur für Soldatinnen und Soldaten. Die Darstellung, der zum Ausgleich verpflichtete ehemalige Ehepartner würde zahlen, beschreibt den Versorgungsausgleich nicht korrekt.

Beim Versorgungsausgleich wird davon ausgegangen, dass (ehemalige) Ehegatten sich die Erwerbs- und Versorgungsarbeit geteilt haben, wobei die Aufgaben und dadurch auch die Einkommen ungleich verteilt waren. Anders gesagt: Der eine hat mehr Hausarbeit und Kindererziehung erledigt und weniger verdient. Dennoch wird davon ausgegangen, dass das Ehepaar gemeinsam gewirtschaftet und dabei auch Ansprüche für die Altersversorgung gemeinsam erwirtschaftet hat. Im Scheidungsfall werden diese Ansprüche geteilt. Dabei gehen die Ansprüche aus dem Versorgungsausgleich endgültig auf den Ehepartner über, der weniger Einkommen hatte. Die beiden ehemaligen Ehepartner werden nach der Scheidung unabhängig voneinander gesehen. So ist auch gewährleistet, dass der ausgleichsberechtigte Ehepartner auch nach dem Tod des Ausgleichspflichtigen den Versorgungsausgleich erhält. Darum wird bei dem Ehepartner, der zum Versorgungsausgleich verpflichtet ist, von Anfang seines Ruhstandes an die Minderung vorgenommen, auch wenn sein ehemaliger Ehepartner selber noch keine Rente bezieht.

Soldatinnen und Soldaten sind aufgrund der besonderen Altersgrenzen besonders häufig davon betroffen, dass der Ausgleichspflichtige in den Ruhestand gegangen ist, während der andere noch viele Berufsjahre vor sich hat. Ich stimme Ihnen absolut zu, dass es im Hinblick auf die hohen Scheidungsraten dringenden Handlungsbedarf bei der Gewährleistung einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Dienst gibt. Dafür setzten wir Grüne uns, wie Sie ja auch selbst aus einigen persönlichen Gesprächen wissen, mit Nachdruck ein. Jedoch halte ich das grundlegende Prinzip, dass dem Ehepartner, der sich mehr um die Versorgungsarbeit kümmert, eigene Ansprüche entstehen, für richtig.

Mit freundlichen Grüßen

Agnieszka Brugger

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