Frage an Agnieszka Brugger von Gebhard A. bezüglich Verbraucherschutz
Warum leben wir hier in Oberschwaben mit einer so schlechter Verkehrs Infrastruktur?
Warum müssen die Grünen noch am liebsten per Gesetz noch zum Kantinenessen eine Verordnung erlassen.
Sind wir in Deutschland nicht schon überreglementiert? Wo bleibt unsere Freiheit?
Sehr geehrter Herr Adler,
vielen Dank für Ihre Nachricht und die Fragen, die ich Ihnen gern beantworte.
Ihre erste Frage bezieht sich auf den Zustand der Verkehrsinfrastruktur in Oberschwaben.
In ganz Baden-Württemberg gab es viele Jahre eine eklatante Fehlplanung im Verkehrsbereich, von der die Region Bodensee-Oberschwaben besonders betroffen war: Die abgewählte schwarz-gelbe Landesregierung hat zwar immer viel versprochen, doch umgesetzt wurde davon kaum etwas, Prioritäten wurden falsch oder gar nicht gesetzt. Zudem blieb völlig im Unklaren, warum einige Maßnahmen, deren Bedarf nicht so drängend war, begonnen wurden, während andere Bauvorhaben, auf die die Menschen schon lange warten und bei denen die Verkehrsbelastungen besonders hoch sind, immer wieder auf die lange Bank geschoben wurden. Meine persönliche Meinung ist, dass hier aus politischen und nicht aus sachlichen Gründen entschieden wurde. Ein grundlegendes Problem ist dabei, dass weit mehr Vorhaben in den Vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans aufgenommen wurden, als derzeit Finanzmittel zur Verfügung stehen. Auch wurden die Bürgerinnen und Bürger nicht einbezogen und Transparenz nicht hergestellt. Das ist eine Politik, die auf den ersten Blick für den einzelnen Wahlkreisabgeordneten bequem sein mag, aber weder glaubwürdig, noch transparent oder nachhaltig ist.
Seit wir Grüne zusammen mit der SPD in Baden-Württemberg regieren, haben wir einen Priorisierungs-Prozess mit nachvollziehbaren Kriterien und unter breiter Beteiligung vieler Verbände und der Bürgerinnen und Bürger eingeleitet, damit sich an diesem Umstand endlich grundlegend etwas ändert. So hat sich bei der B 30 Süd (die die grün-rote Landesregierung in der Priorisierung der Projekte aus dem Vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans zu einem der dringlichsten Vorhaben erklärt hat) nach Jahren des Stillstandes endlich etwas bewegt.
Zur Ehrlichkeit gehört aber auch, für die Zukunft anzuerkennen, dass die finanziellen Mittel begrenzt sind und nicht jedes wünschenswerte Projekt auch finanziert werden kann – insbesondere vor dem Hintergrund, dass wir endlich auch den Erhalt des bestehenden Straßennetzes in Deutschland ausreichend mit Mitteln unterlegen müssen. Wir Grüne nehmen die Hinweise, Sorgen und Klagen der Bürgerinnen und Bürger über die Belastungen, die sich durch zunehmenden Verkehr ergeben, sehr ernst. Nicht immer ist dabei aber auch die Forderung nach einer Umgehungsstraße die beste Lösung. Aus der Vergangenheit wissen wir: Mehr Straßen bedeuten nicht automatisch weniger Verkehr, manchmal tritt sogar der gegenteilige Effekt ein. Deshalb brauchen wir für die Zukunft, übrigens besonders aus der Perspektive des ländlichen Raums, vernetzte Mobilitätskonzepte, die alle Verkehrsträger intelligent miteinander verbinden und zum Klima- und Umweltschutz beitragen. Dafür haben wir Grüne bereits viele Vorschläge gemacht (z.B. den Bundesmobilitätsplan statt Bundesverkehrswegeplan, die Förderung von Elektromobilität und Car-Sharing etc.). Wir setzen auch nicht nur auf die Straße, sondern auf eine nachhaltige und klimafreundliche Verkehrspolitik für alle, für den Fußgänger ebenso wie für die Fahrradfahrerin, für die Schiene und den Öffentlichen Nahverkehr. Die Elektrifizierung der Südbahn hat dabei für das Land Baden-Württemberg gerade hinsichtlich einer zeitgemäßen Anbindung der prosperierenden Region Bodensee-Oberschwaben eine besonders hohe Priorität. Wir Grüne haben uns daher immer auf allen Ebenen mit viel Engagement dafür eingesetzt, dass die Elektrifizierung endlich vollzogen wird. Der baden-württembergische Landtag hat mit grün-roter Mehrheit dafür wiederholt die finanziellen Mittel im Haushalt eingestellt, obwohl die Finanzierung eigentlich eine reine Aufgabe des Bundes ist. Das Bundesverkehrsministerium hat die Finanzierungsvereinbarung aber leider immer noch nicht unterschrieben, was besonders ärgerlich ist. Hier mache ich als regionale Abgeordnete, auch in Zusammenarbeit mit dem baden-württembergischen Verkehrsminister Winne Hermann und der grünen Landtagsfraktion weiterhin Druck. Mit aller Kraft setzen wir uns für die Elektrifizierung der Südbahn ein, denn es ist allerhöchste Zeit, dass auf der „schwäb‘schen Eisenbahne“ endlich nicht mehr mit Diesel gefahren wird!
Ihre weiteren Fragen bezogen sich auf den von uns Grünen vorgeschlagenen Veggie-Day und die damit zusammenhängende Debatte. In unserem Wahlprogramm fordern wir Grüne, einen Veggie-Day, also einen fleischfreien Tag, zu fördern, nicht zwangsweise einzuführen. Es geht uns dabei also nicht darum, den Fleischkonsum zu verbieten, sondern Alternativen aufzuzeigen und positiv zu bewerben. Die Herstellung eines Kilogramms Fleisch ist etwa zehnmal so schädlich für das Klima und die Umwelt wie die Herstellung eines Kilogramms Gemüse. Jeder Mensch in Deutschland isst pro Jahr durchschnittlich 60 Kilogramm Fleisch und dieser immense Verbrauch trägt auch zum Klimawandel bei. Auch die Massentierhaltung lehnen wir Grüne ab. Wenn wir weniger Fleisch essen, tragen wir auch dazu bei, dass die Massentierhaltung verringert werden kann. Wir setzen darauf, dass alternative Angebote in Mensen und Kantinen zu mehr Vielfalt führen und wir gleichzeitig einen kleinen Beitrag leisten können, um das Klima schützen. Als Vegetarierin, die niemandem den eigenen Lebensstil „aufschwatzen“ will, erlebe ich aber zum Beispiel in meinem privaten Freundeskreis beim Grillen sogar oft, dass viele Nicht-VegetarierInnen das vegetarische Angebot dem Fleisch vorziehen, weil es so gut schmeckt. Das liegt sicherlich nicht nur an meinen Kochkünsten. Wir Grüne wollen niemanden bevormunden, sondern für Vielfalt der Nahrungsmittel, eine gesunde Ernährung und mehr Klimaschutz werben und so Menschen für gesunde, vegetarische Gerichte begeistern. Wenn Sie mir an dieser Stelle eine nachdenkliche Bemerkungen erlauben: Mich persönlich hat es verwundert, welche emotionale und empörte öffentliche Debatte die Förderung eines Veggie-Days auslösen konnte. Insbesondere wenn ich diese Reaktionen mit dem aus meiner Sicht weit größeren Skandal der NSA-Affäre vergleiche, bei dem offensichtlich mit Wissen der Bundesregierung die systematische Ausspähung der Bürgerinnen und Bürger stattgefunden hat und die uns aus dem Grundgesetz garantierten Rechte massiv verletzt wurden. Ich würde mir wünschen, dass die Bürgerinnen und Bürger angesichts dieses Verfassungsbruchs auch an dieser Stelle ihre Meinung deutlich und laut kundtun.
Für mich sind und waren die Grünen immer eine liberale Partei – auch wenn sie unbequemerweise die Folgen unseres persönlichen Lebensstils thematisieren. Die Grünen sind für mich eine liberale Partei und das nicht nur, weil sie sich für Datenschutz und BürgerInnenrechte stark machen und diese Themen einen hohen Stellenwert im grünen Programm haben. Vor allem von Konservativen wird uns Grünen derzeit vorgeworfen, wir würden Unmengen an neuen Verboten einführen wollen. Diejenigen, die das monieren, haben dabei übersehen, wie viele Verbote wir Grüne endlich abschaffen wollen: Das Adoptionsverbot für lesbische und schwule Partnerschaften, das Verbot der Mehrstaatlichkeit und das Arbeitsverbot für AsylbewerberInnen, das Kooperationsverbot für Bund und Länder in der Bildungspolitik, das Verbot der Fahrradmitnahme im ICE und das Mehrbesitzverbot bei Apotheken. All diese Verbote sind unsinnig oder gar menschenunwürdig. Wir Grüne setzen uns dafür ein, dass sie endlich aufgehoben werden. Den Fleischkonsum wollen wir jedoch nicht verbieten, denn wir sind eine liberale Partei, die niemandem vorschreiben möchte, wie er oder sie zu leben hat, solange die Freiheit der anderen Menschen dadurch nicht eingeschränkt wird.
Mit freundlichen Grüßen
Agnieszka Brugger