Adolf Breitmeier
ADM
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Frage von Margot W. •

Frage an Adolf Breitmeier von Margot W. bezüglich Bildung und Erziehung

Herr Breitmeier, was möchten Sie im Bildungswesen verändern?

Antwort von
ADM

Sehr verrehrte Frau Wolf!

Wenn ich als ,,Sandwichmann" durch ,,meinen" Wahlkreis gehe, wird mir diese Frage oft gestellt. Da die Leute zumeist schnell unterwegs sind, gibt es immer nur eine plakative Antwort. Deshalb bin ich recht froh, dass ich einmal ausführlich antworten kann - Papier ist geduldig, ich hoffe, Sie sind es auch:

Zum Erhalt, zum Verständnis und zum Leben einer Demokratie bedarf es einer umfassenden und allgemeinen Bildung mit Kopf. Herz und Seele. Die Freiheit, die eine echte Demokratie bietet, ist nur durch Verstehen und mutigen Einsatz zu deren Erhalt über die Bildung und das für die Demokratie zu entwickelnde Gefühl zu erreichen.

Ohne besonders gut gebildete und ausgebildete Menschen kann ein Land wie Deutschland - ohne nennenswerte Bodenschätze - im globalen >Wettstreit< nicht bestehen oder (in Wohlstand) überleben. Das heißt, dass alle Begabungen erkannt, geweckt, gefördert und genutzt werden müssen. Dafür bedarf es vom Staat und von jedem einzelnen Bürger großer Anstrengungen. Es gilt schon das Kind auf lebenslanges Lernen vorzubereiten und es dorthin zu führen - ohne Überbelastung. Das gelingt nur mit Energie, Willenskraft, Ausdauer, Arbeitswillen, großer Geduld und persönlichem Einsatz von Lehrenden und Lernenden, mit Toleranz und Kreativität. Die Eltern stehen in der Pflicht, weil sie - nach Beratung mit dem Lehrkörper - über die Schullaufbahn Ihrer Kinder entscheiden.

Ohne Bildung, Wissen, Lernbereitschaft - nicht nur im wissensmäßigen Bereich, sondern auch im sozialen Verhalten - hat Deutschland keine Überlebenschance. Ein gebildeter und zur Toleranz erzogener Mensch kennt keine Fremdenfeindlichkeit, weil er sich nicht vor dem Fremden, dem Anderen, fürchtet, sondern wissbegierig, neugierig und offen auf den Anderen, auf das Andere, zugeht, aufnimmt, was für ihn gut und nützlich ist, ohne sich dabei selbst zu verlieren oder sich selbst untreu zu werden. Die Fähigkeit, das Können, Positives zu erkennen und Negatives auszusortieren gehört zur Bildung dazu.

Die Demokratie braucht für und durch ihre Bürger eine umfassende Bildung. Dazu gehören kleine Klassen, hochmotiviertes, außerordentlich gut ausgebildetes und einsatzfreudiges Lehrpersonal, ein gutes Lernumfeld, Verständnis und klare Regeln für die Kinder, Lerninhalte, die die Idee des freiheitlich-demokratischen Rechtsstaates lehren und auf das Leben (Berufsleben) vorbereiten durch intensive Vermittlung eines Allgemeinwissens und besonders geförderte Kenntnisse eigener Schwerpunkte. Freiheitsliebe, Tolereranz (jedoch keine Selbstverleugnung oder Selbstaufgabe oder gar die Unfähigkeit, sich zu wehren), Solidarität, Achtung vor dem anderen Menschen, soziales Verhalten, Entwicklung oder Weiterführung der lebenslangen Lernfähigkeit und den Willen, das auch zu tun, Freude am Leben, Freude an der Arbeit, Liebe zur Natur und Umwelt, Erziehung zur Sparsamkeit (nicht Geiz) und Vieles andere mehr sollte - muss - in der Schule vermittelt werden. Vor ALLEM: Erziehung zum freien, selbständigen und denkenden Menschen.

Dafür müssen im Erziehungsbereich/Lernbereich Voraussetzungen für alle Kinder und Lernenden geschaffen werden. Dabei liegt mir der Kinderschutz in jedem Lebensalter und allen Lebensbereichen besonders am Herzen.
01. Kinderkrippe ( Angebot an alle, acht Kinder in der Hortgruppe) / Bezahlung des Personals wie Grundschullehrer/innen
02. Kindergarten, verbindlich, kostenfrei / Bezahlung der Erzieherinnen siehe 01
03. Vorschule/Vorklasse ab dem 5. Lebensjahr, bundesweit, verbindlich / Bezahlung des Personals siehe 01
04. Sonderschulen für besondere oder nicht vorhandene Begabungen, also auch sog. ,,Eliteschulen"
05. gesamtschulartiger Unterricht bis Klasse 10 für alle. Berufs- oder Betriebspraktika sind von allen SS wahrzunehmen.
06. Nach dem 10. Schuljahr sollen alle SS ihrem Wunsch und/oder ihrem Können gemäß entweder eine Berufsausbildung durchlaufen oder eine weiterführende Schule besuchen. Wo es nötig erschein oder ist, muss eine soziale und/oder psychologische Unterstützung durchgeführt werden. Jedem Mensch sollen alle Richtungen der Weiterentwicklung offen stehen. Menschen mit körperlichen oder seelischen Schwierigkeiten bedürfen besonderer Zuwendung. Schulen sollten in erreichbarer Nähe sein.
07. Als Zugangsvoraussetzung zum Studium reicht der Gesellenbrief, er ist bei einem handwerklich ausgebildeten und studienwilligen Menschen dem Abitur gleichzusetzen. Ist eine zweite Fremdsprache Voraussetzung, genügt ein Volkshochschulzertifikat.
08. Zu allen Punkten: Höchstbesuchsziffern pro Lerngruppe / Klasse sind 16 Schüler(innen) (ab 20 wird geteilt).
09. Zu allen Punkten: Der Unterricht, die Betreueung findet ganztags statt. Frühstück und Mittagessen werden unentgeltlich verabreicht.
10. Pro Aufenthaltsjahr in Schule und Betreuung werden bundesweit die je vier selben Gedichte und Lieder richtig auswendig gelernt (wir singen viel zu wenig in der Schule), bis ins zweite Schuljahr je vier Märchen dazu, ab dann - bis ins 7. Schuljahr - je vier Sagen, anschließend bis Ende des Schulaufenthalts wenigstens eine Lektüre. Der Besuch einer Theateraufführung und der Besuch einer Musikaufführung ist ab dem 9. Schuljahr Pflicht.
11. Lehr- und (wo nötig) Lernmittel sind frei. Wer die ihm anvertrauten Bücher nicht pflegt, zahlt dafür.
12. Integrationsmaßnahmen für Kinder, die Schwierigkeiten sozialer, kultureller oder sprachlicher Art haben, sind unbedingt zu ergreifen und ihr Besuch ist durchzusetzen. Gegebebenenfalls ist eine Sprachförderung der Mutter/des Vaters nötig. auch sie ist durchzusetzen, weil sonst ein Verbleib in Deutschland sinnlos ist.
13. Unterrichtsprinzip in allen Fächern ist Deutsch. Mehrsprachigkeit ist als Bereicherung willkommen, soll gefördert und ausgebaut werden.
14. Privatschulen (auch die von Religionsgemeinschaften betriebenen) unterliegen der staatlichen Aufsicht, ihre Lerhinhalte sind denen der öffentlichen Schulen gleich. Lerninhalte dürfen in keiner Weise dem Grundgesetz widersprechen, sie müssen verfassungskonform sein. Rechtstreue ist zu fordern. Schulen, die sich daran nicht halten, werden ohne jede Entschädigung geschlossen. Privatschuen unterliegen der Aufsicht des Staates.
15. Die nächstgelegene Schule sollte die Regelschule sein, jedoch entscheiden die Schulen selbständig über die Aufnahme der Schüler.
16. In der Erwachsenenbildung ist besonderer Wert auf einen guten Spracherwerb solcher Erwachsener zu legen, die längerfristig in Deutschland bleiben wollen.
17. Integrationskurse für Menschen, die die deutsche Staatsbürgerschaft mit dem Ziel der Assimilation erwerben wollen, sind einzurichten.
18. Der sogenannte Zweite Bildungsweg ist zu fördern.
19. Die Verbindungen zwischen Wirtschaft, Schulen und Universitäten sind (wo nicht vorhanden) einzurichten und zu fördern.
20. Die Forschung auf allen Gebieten genießt höchste Aufmerksamkeit und muss optimal gefördert und unterstützt werden. Zwei Prozent des Staatshaushaltes und darüber sollten angesetzt werden.
21. Betriebe - gleich welcher Art - sorgen durch Weiterbildung und/oder Umschulung für Fachkräfte auf besonderen Gebieten, so dass ein Fachkräftemangel weitgehend vermieden werden kann. Auf das Wissen und Können, auf die Erfahrung älterer Arbeitnehmer zu verzichten, scheint mir töricht und dumm, weil der Wirtschaft und dem ganzen Land abträglich.
22. Schulen sollen bei der Auswahl des Lehrkörpers mitbestimmen dürfen.Lehrkräfte müssen ihren Lehrautrag lebendig und interessant gestalten.
23. Schulen und Universitäten sollen über ihren Haushalt (Etat) selbst bestimmen dürfen; die zugewiesenen Mittel müssen ausreichend sein. Sonderprojekte erhalten Sondermittel.
24. Gebäude, Anlagen und Ausstattung unterliegen der Obhut der ,,Öffentlichen Hand".
25. Ein ,,Soziales Jahr" für alle Schulabgänger sollte ernsthaft erwogen werden.

Die Lehrpläne sind so zu entrümpeln, dass ein normal begabter Mensch die Hochschulreife nach 12 Jahren Schule errichen kann. Das bedeutet, dass ein Studium ein Jahr früher abgeschlossen werden kann. Bei den vorgenannten Bedingungen wäre es möglich.
Bei allem Lernen: genügend Zeit für außerschulische Aktivitäten wie Spielen, Freundschaften, Vereinsmitgliedschaft, eigene Ideen verwirklichen, sollte ermöglicht werden.

Alle Bildungseinrichtungen - ob staatlich oder privat - sollen autonom im Wettbewerb untereinander stehen; Lehre und Forschung sind frei, unterliegen jedoch den in unserem Land gültigen und entstandenen ethischen Grundwerten, die sich der Zeit anpassen oder die Zeit gestalten.
Eine zentrale Vergabestelle von Studienplätzen kann Chancengleichheit zum Erhalt eines gewünschten Studienplatzes erleichtern. Studienplätze in ausreichender Zahl sind zur Verfügung zu stellen. Bezahlbare Wohnungen allerdings auch.
Einiges lässt sich sofort realisieren, ohne finanziellen Aufwand sogar. Das mit den kleinen Klassen, haben alle Regierrungen, insbesondere die Landesregierungen, verschlafen. Bildung geht alle an, nicht nur die Länder.

Sehr verehrte Frau Wolf, ich hoffe, ich habe ihre Geduld nicht zu sehr in Anspruch genommem. Besten Dank, dass Sie das alles gelesen haben.

Mit feundlichen Grüßen
Adolf Breitmeier