Portrait von Adis Ahmetovic
Adis Ahmetovic
SPD
97 %
58 / 60 Fragen beantwortet
Frage von Stefan U. •

Wie werden Sie abstimmen in Bezug auf den Beschluß zur Einleitung eines Parteiverbotsverfahrens gegen die AfD?

Portrait von Adis Ahmetovic
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr U.,
 
vielen Dank für Ihre Nachricht anlässlich des Antrages zur Initiierung eines AfD-Verbotsverfahrens, der am morgigen Donnerstag im Plenum des Deutschen Bundestages beraten wird. Diesbezüglich werde ich dort auch eine Rede halten. 
 
Zunächst einmal möchte ich Ihnen mitteilen, dass ich Ihre Sorgen und Ängste sehr ernst nehme und auch teile. Auch ich bin schockiert über die politischen Entwicklungen rund um die AfD. Wie Sie schreiben mir viele Menschen, die sich nicht nur um die eigene Zukunft, sondern ebenso um den Fortgang unseres demokratischen Zusammenlebens Sorgen machen. Und lassen Sie mich eines klar machen: Für unsere Gesellschaft und unser demokratisches Zusammenleben müssen wir alles daransetzen, dass sich niemand ausgeschlossen fühlt.
 
Rechte und reaktionäre Kräfte versuchen weiterhin, das gesellschaftliche Miteinander und das öffentliche Klima zu vergiften. Sie, dazu gehören auch gewählte Volksvertreter:innen abseits der demokratischen Parteien, greifen Menschen, die nicht in ihr Weltbild passen, an. Personen werden von ihnen pauschalisiert, abgewertet und als Ursache aller gesellschaftlicher Probleme ausgemacht, insbesondere Menschen mit Migrationshintergrund oder Menschen mit Behinderungen. Dem müssen wir als demokratische Gesellschaft Einhalt gebieten. Und hier sehe ich auch uns Politiker:innen aller demokratischen Parteien in der Verantwortung.
 
Als SPD-Fraktion stehen wir dabei besonders in der Verantwortung, uns nicht von den antidemokratischen Kräften treiben zu lassen und ihnen politische Zugeständnisse zu machen. Denn wie Sie in Ihrem Schreiben zu Recht angemerkt haben, führt dies nur zu einer Stärkung der rechtsextremen Parteien und einer Validierung ihrer extremen Positionen. Daher müssen wir auch bei einem möglichen AfD-Verbotsverfahren eine sorgfältige und abwägende Debatte führen.
 
Lassen Sie es mich klar formulieren: Ich selbst habe keinerlei Zweifel, dass die AfD eine rechtsextreme Partei ist. Hierzu habe ich mich am 15. Januar 2024 öffentlich geäußert und klar Stellung bezogen: https://adis-ahmetovic.de/meldungen/rechtsradikalen-kraeften-die-stirn-bieten
 
Was Anfang des vergangenen Jahres galt, gilt heute umso mehr. Ich unterstütze den fraktionsübergreifenden Antrag für ein AfD-Verbotsverfahrens nicht nur deshalb als Erstunterzeichner, weil ich die politischen Ansichten der AfD größtenteils für schrecklich und menschenverachtend halte, sondern weil ich der Überzeugung bin, dass die AfD auch eine Gefahr für unsere Verfassung und unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung darstellt.

Als überzeugter Sozialdemokrat sehe ich mich in der Verantwortung, unsere Demokratie und ihre Institutionen gegen jene Kräfte zu verteidigen, welche sie angreifen und schwächen möchten. Weiterhin gilt aber auch, dass ein Parteiverbotsverfahren an hohe juristische Hürden geknüpft ist. Das ist in einer Demokratie auch richtig so. Daher muss mit Hilfe von juristischen Expert:innen geprüft werden, ob ein Verbotsverfahren gegen die AfD Aussicht auf Erfolg hätte. Genau das geschieht gerade.

Ich betone ganz klar: Ich unterstütze den fraktionsübergreifenden Antrag zum AfD-Verbot als Erstunterzeichner. Dadurch wird auch der Druck auf das Bundesinnenministerium erhöht, die „Beweissammlung“ zum AfD-Verbot zu beschleunigen. 

Dass die AfD rechtmäßig durch das Bundesamt für Verfassungsschutz als Verdachtsfall beobachtet wird, hat nach dem Verwaltungsgericht Köln nun auch das Oberverwaltungsgericht Münster als Berufungsinstanz bestätigt. Das Bundesamt darf damit Erkenntnisse über die Handlungen der AfD auch mit nachrichtendienstlichen Mitteln sammeln. Die Auswertung dieser Erkenntnisse durch den Verfassungsschutz spielt auch für uns als Fraktion eine Rolle, wenn wir gemeinsam darüber entscheiden, ob wir uns für die Beantragung eines Verbots der AfD einsetzen. Es handelt sich um eine politische Entscheidung mit großer Tragweite, die wir uns als Teil des Verfassungsorgans Bundestag nicht leicht machen. Deshalb müssen wir jede Möglichkeit zur Beweissammlung nutzen, um schließlich darüber entscheiden zu können, ob wir den Weg nach Karlsruhe beschreiten. Parlamentarische Initiativen im Deutschen Bundestag, die zunächst eine Beweissammlung und Prüfung der Erfolgsaussichten eines Parteiverbotsantrags durch Expertinnen und Experten beauftragen wollen, sind aus unserer Sicht dabei zielführend, da sie einen methodisch klaren Weg gehen. 

Aufgrund der Mehrheitsverhältnisse im Deutschen Bundestag ist von einer gründlichen und finalen Befassung mit entsprechenden Anträgen in dieser Wahlperiode nicht mehr auszugehen. Für einen Beschlussantrag, mit dem sofort über einen Verbotsantrag des Deutschen Bundestages entschieden werden soll, ist nach heutigem Stand eine Mehrheit im Plenum absolut nicht zu erwarten, da die Fraktionen CDU/CSU und FDP jegliche Unterstützung dieses Vorhabens zum jetzigen Zeitpunkt mit wenigen Ausnahmen ausgeschlossen haben. Ohnehin könnte ein solcher Beschlussantrag den neuen Bundestag nicht binden (Diskontinuität; für Näheres siehe: https://verfassungsblog.de/das-afd-verbot-in-der-sackgasse). Der Antrag auf ein Verbot der AfD müsste bis zum Zusammentritt des neuen Bundestages Ende März 2025 beim Bundesverfassungsgericht eingehen. Dies ist in der Kürze der Zeit jedoch nicht mehr zu erwarten, da allein die Beauftragung eines Prozessbevollmächtigten und die Erstellung einer ordnungsgemäß begründeten Antragsschrift mehrere Monate in Anspruch nehmen wird. Deshalb sollte sich der Deutsche Bundestag in der kommenden Wahlperiode mit den neuen Erkenntnissen und Einschätzungen der zuständigen Behörden zeitnah erneut auseinandersetzen und einen entsprechenden Antrag beraten. Dennoch halte ich eine Debatte zum Verbot für genau richtig. 

Bitte seien Sie versichert, dass ich alles Mögliche dafür tun werde, um unsere Verfassung und unsere demokratischen Institutionen zu schützen. 

Ich bedanke mich ausdrücklich für Ihr Engagement und Ihren Einsatz für unsere Demokratie. 
 
Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit meiner Antwort weiterhelfen. Mir ist es wichtig, Ihnen meine Positionen und weiteren Überlegungen transparent zu machen.

Ich freue mich, wenn wir weiter im Austausch bleiben.
 
Mit freundlichen Grüßen
Adis Ahmetović, MdB

Was möchten Sie wissen von:
Portrait von Adis Ahmetovic
Adis Ahmetovic
SPD