Frage an Adel Ben Fredj von Thomas B. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Ben Fredj,
Bezugnehmend auf Ihre ausführliche Antwort auf die Frage nach der aktuellen Entwicklung in Nordafrika, frag ich mich inwieweit die Freie und Hansestadt Hamburg involviert ist, resp. wie können Hamburger Bürger zu einer friedlichen und demokratischen Revolution beitragen?
Die Bundesregierung hat sein dem Jahr 2000 Waffenexporte nach Ägypten im Wert von 270 Mio. € genehmigt, u.a. Panzer, MGs und Gewehre. Die Bilder zeigen Wasserwerfer von MAN im Einsatz gegen die Demonstranten. Hamburg ist nicht nur Tor zur Welt, sondern auch eine Drehscheibe bei den Waffenexporten. Sehen Sie Möglichkeiten dagegen einzuschreiten, und wenn ja welche?
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Baden
Sehr geehrter Herr Baden,
natürlich kann ich Ihre Bedenken sehr gut verstehen. Ich habe ja bereits in meiner Antwort auf Herrn B. Frage ausgeführt, daß der Westen eine Neueinschätzung darüber vornehmen muß, wie er künftig mit den Diktatoren auf dieser Welt umgehen will. Für mich ist völlig klar, daß ethische Werte wie Menschenrechte und Freiheit die Leitlinie für die Gestaltung der Beziehungen zu solchen Ländern sein müssen. Diktatoren Waffen zu liefern, die sie dann gegen ihr eigenes Volk einsetzen, entspricht dieser Leitlinie sicherlich nicht.
Glücklicherweise gibt es aber auch andere Möglichkeiten von Wirtschaftsbeziehungen als den Waffenhandel. Der Aufbau von soliden und stabilen mittelständischen Strukturen in Nordafrika ist meiner Meinung nach eine wichtige Voraussetzung für die Demokratisierung dieser Länder. Denn nur ein gefestigter Mittelstand wird langfristig in der Lage sein, dauerhafte Arbeitsplätze zu schaffen und jungen Menschen wieder eine Lebensperspektive zu eröffnen. Dazu gehört nicht nur der Tourismus, der schnellstens wieder angekurbelt werden muß, sondern auch normale typische Handelsbeziehungen wie z.B. der Gewürze- oder Olivenölhandel. Wirtschaftsbeziehungen im energiepolitischen Bereich können neu aufgebaut werden, so möchte Deutschland beispielsweise Sonnen- und Windenergie aus Tunesien beziehen. Auch im medizinischen Bereich sind Kooperationen denkbar; so arbeiten schon heute sehr viele ägyptische hoch qualifizierte Ärzte in deutschen Krankenhäusern. Allerdings werden die Nordafrikaner Hilfe beim Aufbau der mittelständischen Rahmenbedingungen (rechtliche, finazielle und andere Fragen) benötigen. Hier könnte die Hamburger Handelskammer, aber auch Hamburger Wirtschaftsunternehmen in die Zukunft investieren, indem sie jetzt ihre Hilfe anbieten.
Desweiteren sind Kooperationen mit Hamburger mittelständischen Betrieben denkbar, die im entwicklungspolitischen Bereich tätig sind wie z.B. die GFA Consulting Group in Hamburg Wandsbek. Nordafrikanische und Hamburger Unternehmen könnten gemeinsam entwicklungspollitische Aktivitäten in ganz Afrika etablieren. Dies würde auch den innerafrikanischen Handel fördern. Überhaupt werden die nordafrikanischen Länder für die innerafrikanischen Wirtschaftsbeziehungen künftig eine wichtige Rolle spielen. Vielen Dank für Ihre Frage.
Adel Ben Fredj