Transparenz-Bündnis fordert von der Koalition versprochenes Transparenzgesetz ein: Innenministerium soll Entwurf vorlegen

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  • Transparenz-Bündnis drängt auf die rasche Umsetzung des Bundestransparenzgesetzes: Kritik an Verzögerungen

  • Deutschland hängt im internationalen Vergleich zurück: Transparenz als Schlüssel zur demokratischen Kontrolle

  • Eigener Gesetzesentwurf des Bündnisses als Reaktion auf „angezogene Handbremse“

Hamburg/Berlin, 25. September 2023 - Ein aus neun Verbänden bestehendes Bündnis kritisiert die Verzögerung bei der Transparenzgesetzgebung: Das Gesetz sollte ursprünglich zu Beginn der Legislaturperiode angestoßen werden. Jüngste Aussagen aus dem Ministerium lassen daran zweifeln, ob die Ministerin überhaupt an dem Gesetz interessiert ist: “Wo sind die vielen Versprechen der Ampel im Koalitionsvertrag zum Thema Transparenz geblieben? Die neuerliche Verlangsamung beim Bundestransparenzgesetz ist ein Indiz dafür, dass die Ampelparteien einfach nicht bereit sind, dass die Bürger:innen mehr Einblick in die Arbeit des Staates bekommen. Um ihrer eigenen Glaubwürdigkeit willen, muss sich die Regierung hier schnellstens bewegen. Denn eines ist klar: Ohne Transparenz keine politische Mitbestimmung”, sagt Lisa Böhm von abgeordnetenwatch.de.

Ein Bundestransparenzgesetz ist nach Ansicht des Bündnisses überfällig. Deutschland hinkt hier im internationalen Vergleich hinterher. Transparenz ist ein wichtiges Merkmal einer modernen Demokratie. Sie macht das Handeln von Behörden, Parlamenten und politischen Akteur*innen nachvollziehbar und ermöglicht die wirksame Kontrolle der Exekutive. “Vor diesem Hintergrund fragt unser Bündnis: Wird das noch was, Frau Faeser?“, so Marie Jünemann, Bundesvorständin des Fachverbandes Mehr Demokratie.

Verzögerungen bei der Transparenzgesetzgebung: Breites Bündnis fordert schnelle Umsetzung

Dem Transparenz-Bündnis gehören neben abgeordnetenwatch.de, Mehr Demokratie auch der Deutsche Journalisten-Verband, das Netzwerk Recherche, Transparency International Deutschland, LobbyControl, die Deutsche Gesellschaft für Informationsfreiheit, Wikimedia Deutschland, und FragDenStaat an. Vor einigen Monaten legte das Bündnis einen eigenen Entwurf für ein Transparenzgesetz vor. Er wird auf der Webseite www.transparenzgesetz.de vorgestellt.

Eklatante Demokratie-Defizite“

Zur Mitte der Legislaturperiode müssen wir bilanzieren: Es besteht die akute Gefahr, dass diese Reform gar nicht mehr kommt, wenn es nur mit angezogener Handbremse vorangeht. Die selbsternannte Fortschrittskoalition schiebt die Transparenz auf die lange Bank”, so Manfred Redelfs von der Journalistenorganisation Netzwerk Recherche. 

Es ist unverständlich und wirft kein gutes Licht auf die Ampel-Koalition, dass das Transparenzgesetz nicht schnellstens auf den Weg gebracht wird. Egal ob im Dieselskandal oder bei Cum-Ex: Die oft nur unvollständige und schleppende Beantwortung von Auskunftsanfragen durch die Behörden gerade bei großen Skandalen haben eklatante Demokratie-Defizite deutlich gemacht. Diese müssen jetzt und nicht erst in einigen Jahren dringend behoben werden“, erklärt Hartmut Bäumer von Transparency International Deutschland.

Noch nicht mal ein Entwurf“

 „Nach unserem Wissen hat man sich im Innenministerium noch nicht einmal intern auf einen Entwurf einigen können. Stattdessen überfrachten man das Gesetzesvorhaben mit der Integration von Open Access-Fragen und ignoriert den vorgelegten Gesetzesentwurf des Transparenzbündnisses. Wir gehen davon aus, dass es ohne eine Bewegung aus der Mitte des Parlamentes gegen die Ministerialbürokratie nicht funktionieren wird”, so Christoph Partsch, stellvertretender Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Informationsfreiheit. So war es bereits 2006 bei der Verabschiedung des Informationsfreiheitsgesetzes.

Mit dem Transparenzgesetz lässt auch der Rechtsanspruch auf offene Daten weiter auf sich warten. Dieser ist zentral, um die Transparenzbestrebungen der Koalition mit Leben zu füllen und um das Potenzial offener Daten für die Gesellschaft zu nutzen. Der Rechtsanspruch auf Open Data muss jetzt ausgearbeitet werden und umfassend – das heißt ohne Ausnahmetatbestände – formuliert sein.”, sagt Jan-David Franke von Wikimedia Deutschland. 

Transparentes staatliches Handeln ist nicht nur ein wichtiges Mittel gegen einseitige Lobbyeinflüsse zu Lasten des Gemeinwohls, es regt auch politische Beteiligung und Engagement an. Davon lebt unsere Demokratie. Gerade in Zeiten, in denen das Vertrauen in Demokratie sinkt und dagegen autoritäre, antidemokratische Politik immer mehr Zustimmung gewinnt, ist dies um so wichtiger. Wir erwarten daher von Ministerin Faeser und der Ampel, beim Transparenzgesetz nun schleunigst voranzukommen”, sagt Timo Lange von LobbyControl. 

  Hintergrund

Die Ampelkoalition hatte im Koalitionsvertrag angekündigt, die Informationsfreiheitsgesetze „zu einem Bundestransparenzgesetz weiterentwickeln“ zu wollen. Eigentlich wollte das Innenministerium bis Ende des Jahres 2022 die Eckpunkte vorstellen, wie Staatssekretär Dr. Markus Richter vollmundig bei einer Konferenz der Datenschutzbeauftragten erklärte. Davon ist nichts geblieben. Doch nun will die Ampel erst bis Ende 2024 einen Gesetzentwurf vorlegen. Das würde bedeuten, dass, womit das Gesetz erst 2025 eingeführt würde – so ist es einem Aktionsplan des Bundeskanzleramts zu entnehmen.

Vierter Nationaler Aktionsplan 2023 – 2025 im Rahmen der Teilnahme an der Open Government Partnership (Entwurf). Hier.