Unternehmen und Verbände haben den im Bundestag vertretenen Parteien im Jahr 2015 fast 11 Mio. Euro an Spenden gezahlt, wie die Transparenzorganisation abgeordnetenwatch.de am Freitag berichtet. Der überwiegende Teil davon war bislang unbekannt und wurde erst am Donnerstag öffentlich, als die Bundestagsverwaltung die Spenderlisten ins Netz stellte. Zu den Geldgebern gehören Autokonzerne wie Daimler, die Versicherungsindustrie und die Tabaklobby.
abgeordnetenwatch.de-Geschäftsführer Gregor Hackmack kritisierte die bestehenden Transparenzpflichten als vollkommen unzureichend. „Konzerne und Lobbyverbände haben den Parteien Millionensummen zukommen lassen, die jahrelang unentdeckt bleiben konnten. Dies ist nicht länger hinnehmbar,“ so Hackmack. „Die Öffentlichkeit muss bei solchen Spenden unmittelbar informiert werden und nicht erst nach Jahren. Denn so kann niemand wirkungsvoll prüfen, ob eine Großspende im zeitlichen Zusammenhang mit einer politischen Entscheidungen steht.“
Bislang waren von den Unternehmensspenden aus 2015 erst 1,1 Mio. Euro bekannt, weil sie bereits kurz nach Eingang auf der Bundestagshomepage veröffentlicht wurden. Diese Offenlegungsregel gilt für alle Einzelspenden ab 50.000 Euro. In den jetzt veröffentlichten Rechenschaftsberichten sind dagegen sämtliche Spenden aufgeführt, die über 10.000 Euro lagen.
Allein auf die Unionsparteien entfielen 2015 rund 8,6 der 10,95 Mio. Euro, also mehr als drei Viertel aller Spendenzahlungen von sog. juristischen Personen (u.a. Unternehmen, Verbände, Organisationen). Die SPD erhielt etwa 1,8 Mio. Euro, die Grünen 580.000 Euro. Die Linkspartei bekam keine meldepflichtige Unternehmensspende von mehr als 10.000 Euro.
Größter Spender war der Verband der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie, der 2015 insgesamt 450.000 Euro an CSU, SPD und Grüne überwies. Allein die CSU erhielt von dem Lobbyverband 370.000 Euro. Weitere hohe Spenden kamen von Südwestmetall (insgesamt 320.000 Euro) und Daimler (insgesamt 280.000 Euro). Auf der Spenderliste für 2015 stehen außerdem die Deutsche Vermögensberatung AG (u.a. 195.000 Euro an die CDU), die Allianz AG (u.a. 30.000 Euro an die SPD), die Daimler AG (u.a. 40.000 Euro an die Grünen) sowie die Airbus Defence Space GmbH (20.000 Euro an die CSU).
abgeordnetenwatch.de forderte die Parteien auf, die Transparenzregeln zu verschärfen und künftig sämtliche Parteispenden zeitnah zu veröffentlichen. „Wir müssen ausschließen, dass politische Entscheidungen in Deutschland käuflich sind. Das schaffen wir nur durch mehr Transparenz und strenge Spendenregelungen,“ so Hackmack. Die Transparenzorganisation fordert, die derzeitige Veröffentlichungsgrenze von 50.000 auf 10.000 Euro zu senken, ab der eine Parteispende zeitnah im Internet veröffentlicht werden muss. Außerdem müsse es für Sponsoringeinnahmen dieselben Transparenzpflichten geben wie für Parteispenden. Derzeit müssen die Parteien ihre Sponsoringgelder nicht einzeln aufführen.
abgeordnetenwatch.de appellierte an Union und SPD, Zuwendungen von Unternehmen und Lobbyverbänden an politische Parteien zu verbieten. "In einer Demokratie darf politischer Einfluss nicht vom Geld abhängen", so Hackmack. Eine von abgeordnetenwatch.de gestartete Internetpetition "Lobbyistenspenden an Parteien verbieten!" wurde bis Freitagvormittag von 50.896 Menschen unterzeichnet ( https://www.abgeordnetenwatch.de/petitionen/unternehmensspenden-verbieten )
Im laufenden Bundestagswahljahr 2017 sind nach abgeordnetenwatch.de-Berechnungen insgesamt rund 2,5 Euro an Großspenden von Unternehmen sowie wohlhabenden Privatpersonen gezahlt worden. Die Zuwendungen lagen jeweils über 50.000 Euro und waren deshalb unverzüglich auf der Parlamentshomepage zu veröffentlichen (mehr: https://www.abgeordnetenwatch.de/blog/2017-04-13/schon-1-mio-euro-grossspenden-fur-cdu-und-fdp-seit-jahresbeginn )
Weiterführende Informationen:
Eine Kurzauswertung der Rechenschaftsberichte finden Sie im abgeordnetenwatch.de-Rechercheblog unter: https://www.abgeordnetenwatch.de/blog/2017-06-16/spenderliste-veroffentlicht-parteien-kassierten-2015-mehr-als-10-mio-euro-aus-der