Lobbyskandale: abgeordnetenwatch.de fordert Transparenz-Offensive noch vor der Bundestagswahl

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Hamburg / Berlin, 10. März 2021 - Die Korruptions- und Lobby-Skandale der vergangenen Woche offenbaren ein strukturelles Transparenz-Problem in Deutschland. abgeordnetenwatch.de fordert eine Transparenz-Offensive noch vor der Bundestagswahl, die auf drei Ebenen Verbesserungen bringt: Bei den Regeln für Abgeordnete, bei den Parteifinanzen und bei der Regulierung des Lobbyismus.

Erste Vorschläge der Regierungsparteien liegen inzwischen vor. Die Union schlägt bisher ausschließlich fraktionsinterne Regelungen vor, die auf Freiwilligkeit basieren - darunter einen „Verhaltenskodex“ und strengere Regeln für Nebentätigkeiten. Aus Sicht von abgeordnetenwatch.de hätten diese Maßnahmen höchstens symbolische Wirkung - das Ziel effektiver Korruptionsvermeidung verfehlen sie komplett. Die SPD hat einen Zehn-Punkte-Plan vorgelegt, der viele Forderungen von abgeordnetenwatch.de aufgreift - nun muss sie zeigen, dass sie diese auch umsetzten kann.

Die gute Nachricht: Solide Lösungsvorschläge liegen seit Jahren auf dem Tisch. Folgende Änderungen sind laut abgeordnetenwatch.de für eine Transparenz-Offensive nötig:

1. Einkünfte von Abgeordneten:
abgeordnetenwatch.de fordert ein Verbot von Lobbytätigkeiten für die Abgeordneten während ihres Mandates sowie die Offenlegung sämtlicher Einkünfte und Vermögen (inkl. Unternehmensbeteiligungen ab 5 Prozent und Aktionenoptionen) auf Euro und Cent. Diese Regelung sollte per Gesetz eingeführt werden und für den gesamten Bundestag gelten, inklusive strengerer Sanktionen.

2. Lobbyregister:
Der Kompromiss, den die Große Koalition erst vor einer Woche vorgestellt hat, ist für abgeordnetenwatch.de lückenhaft und verfehlt sein eigentliches Ziel - Lobbyaktivitäten nachvollziehbar zu machen. Die gemeinnützige Organisation fordert die Offenlegung sämtlicher Lobbykontakte im Register sowie ein deutlich erhöhtes Bußgeld bei Fehlverhalten. Ausnahmen sollten weitestgehend abgeschafft werden. Diese sind aktuell zum Beispiel für Rechtsanwält:innen, Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände und Kirchen vorgesehen.

Léa Briand kommentiert: „Die aktuellen Skandale zeigen: Wenn es Schlupflöcher gibt, werden diese auch genutzt und die Regeln verlieren an Bedeutung. Deshalb muss transparent sein, wer sich mit wem trifft und um welches Anliegen es geht. Eine sogenannte exekutive Fußspur, die Lobbyist:innen-Beteiligungen an Gesetzten sichtbar macht, kann ein erster Schritt sein, wirkungsvoller ist aber die Offenlegung sämtlicher Kontakte, unabhängig davon, ob es um konkrete Gesetzte geht oder um allgemeinere Anliegen. Ohne diese Aspekte ergibt ein Lobbyregister keinen Sinn und bringt nur halbe Transparenz.“

3. Parteifinanzen:
abgeordnetenwatch.de fordert bei Parteispenden bereits seit Jahren eine Veröffentlichungspflicht der Spender:innen ab 2.000 Euro statt der aktuellen 10.000 Euro. Außerdem sollte eine Spenden-Höchstgrenze eingeführt werden. Um die Abhängigkeit der Politik von der Wirtschaft zu gewährleisten sollten zusätzlich Unternehmensspenden ganz verboten werden, wie es in Frankreich oder Spanien bereits üblich ist.

Auch beim Parteisponsoring, zum Beispiel in Form von Unternehmensständen bei Parteitagen, ist Transparenz nötig: Bisher müssen die Namen von Unternehmen sowie die Höhe der Sponsoring-Beträge nicht veröffentlicht werden. abgeordnetenwatch.de fordert eine gesonderte Aufschlüsselung im Rechenschaftsbericht.

„Unternehmen sollten nicht mit Geld Einfluss auf die Politik nehmen können.“ sagt abgeordnetenwatch.de-Pressesprecherin Léa Briand.

*Nötige Konsequenzen aus den Korruptions- und Lobbyskandalen*
CDU und CSU haben jetzt die Chance ihre Blockadehaltung aufzugeben und verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen. Dafür sind echte Reformen nötig, nicht mehr die bisher vorgeschlagene Symbol-Politik. Die SPD muss glaubhaft machen, dass sie den „Zehn-Punkte-Plan“ tatsächlich noch in dieser Legislaturperiode umsetzen wird. Zudem sollte die SPD an zwei Stellschrauben nachbessern: Erstens bei der Offenlegung sämtlicher Kontakte im Lobbyregister und zweitens beim vollständigen Verbot von Unternehmensspenden.