Berlin/Hamburg, 16. Dezember 2024 – Die verlorene Vertrauensfrage am Montag bedeutet das endgültige Ende der Ampel-Koalition. Mit ihrem Abschied stellt sich die Frage: Hat die Ampel-Koalition das politische System transparenter gemacht? Eine Bilanz von abgeordnetenwatch.de zeigt: Es gab kleine Fortschritte - aber noch viel mehr verpasste Chancen.
Einordnung von abgeordnetenwatch.de
„Chance verpasst: Die Ampel-Koalition hat einige wichtige Reformen in Sachen Transparenz auf den Weg gebracht. Aber der große Wurf, der wirklich Vertrauen schaffen könnte, ist ausgeblieben. Vielmehr hat die Ampel-Regierung durch ihr mutloses Handeln auch in Sachen Transparenz viel Vertrauen bei den Bürger:innen verspielt“, bilanziert Sarah Schönewolf, Sprecherin von abgeordnetenwatch.de. "Vieles, was im Koalitionsvertrag versprochen wurde, ist auf der Strecke geblieben. Gerade mit dem beginnenden Wahlkampf sehen wir, wie groß der Nachholbedarf zum Beispiel beim Umgang mit Parteispenden ist."
Die Bilanz im Detail:
1. Parteispenden: Halbherzige Reformen
Die Ampel-Koalition hat das Parteiengesetz reformiert und die Meldepflicht für Großspenden von 50.000 auf 35.000 Euro gesenkt sowie Parteisponsoring - ab 2025 - sichtbar gemacht. Für abgeordnetenwatch.de sind diese Schritte jedoch nur ein bescheidener Anfang. Notwendig ist ein generelles Verbot von Unternehmensspenden sowie eine Deckelung von Privatspenden, da hierdurch Konzernen und vermögenden Privatpersonen zu viel Einfluss auf die Parteien ermöglicht wird.
2. Lobbyregister: Transparenz mit großen Lücken
Die Ampelkoalition hat im Oktober 2023 das Lobbyregister reformiert. Seit März 2024 müssen Lobbyist:innen Einflussnahmen auf Gesetzesvorhaben offenlegen. Allerdings fehlt weiterhin eine gesetzliche Kontakttransparenz, um nachvollziehen zu können, wer mit wem in welcher Form gesprochen hat. Ausnahmen für Arbeitgeber:innenverbände und Kirchen sowie unzureichende Kontrollmechanismen schmälern die Wirkung der Reform.
3. Abgeordnetenbestechung: Endlich strafbar, aber verspätet
Mit der Einführung eines neuen Straftatbestands im Strafgesetzbuch ist unzulässige Interessenvertretung durch Abgeordnete seit Juni 2024 strafbar. Dies ist ein großer Erfolg für die Zivilgesellschaft, die diese Reform seit Jahren gefordert hat. Dennoch kommt sie angesichts der Maskenaffäre und ähnlicher Skandale deutlich zu spät.
4. Lobby-Fußabdruck: Flickwerk statt Reform
Die Einführung eines „exekutiven Fußabdrucks“ sowie einer Synopsenpflicht zur Offenlegung von Einflussnahmen auf Gesetzgebungsverfahren im Juni 2024 greift zu kurz. Erfolgreiche Einflussnahmen werden nur auf Regierungsebene dokumentiert, nicht jedoch für den Bundestag. Die großen Defizite bei der Transparenz bleiben.
5. Bundestransparenzgesetz: Ein Symbol des Scheiterns
Das von der Ampel geplante Bundestransparenzgesetz wurde nicht umgesetzt. Trotz der Vorlage eines Referentenentwurfs blieb es bei Ankündigungen. Die Ampel verpasste damit eine zentrale Chance, das Vertrauen der Bürger:innen in die Politik zu stärken.
Ausblick: Mehr Mut zur Reform nötig
„Die nächste Regierung muss endlich den Mut aufbringen, Unternehmensspenden zu verbieten, Privatspenden zu deckeln und eine unabhängige Transparenzkontrolle einzuführen. Diese Reformen sind unerlässlich, um Vertrauen zurückzugewinnen und unsere Demokratie zu stärken“, fordert Sarah Schönewolf von abgeordnetenwatch.de.
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