Gabriel lobbyierte bei Merkel für die Deutsche Bank

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Berlin / Hamburg, 7. September 2021 - Der frühere SPD-Vorsitzende und Vizekanzler Sigmar Gabriel hat sich im April 2020 bei Bundeskanzlerin Angela Merkel für eine Aussetzung der EU-Bankenabgabe eingesetzt. Das berichten die Transparenzinitiative abgeordnetenwatch.de und ZEIT ONLINE unter Berufung auf ein vertrauliches Schreiben von Gabriel, der einige Monate zuvor als Aufsichtsrat der Deutschen Bank nominiert worden war.

In der Mail an Merkel, die als “Strictly Confidential” klassifiziert ist, beruft sich der ehemalige Außenminister auf ein Telefonat mit der Kanzlerin am selben Tag und leitet ein Ideenpapier des Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank weiter. Um dem Kreditinstitut zu helfen, sollte sich Merkel auf EU-Ebene für die Aussetzung der Bankenabgabe engagieren. “Ich finde die Idee verantwortbar und hilfreich”, empfahl Gabriel. Im Kanzleramt fertigte daraufhin eine Referatsleiterin eine wohlwollende Bewertung zu dem Vorschlag an.

Im Jahr 2018 hatte Sigmar Gabriel noch ausgeschlossen, nach Ende seiner politischen Laufbahn als Lobbyist zu arbeiten. „Man soll nicht an Türen klopfen, hinter denen man selbst mal gesessen hat“, hatte der SPD-Politiker der “Bild“-Zeitung gesagt. Neben dem Telefonat mit Kanzlerin Merkel sprach Gabriel nach seinem Ausscheiden aus dem Ministeramt auch noch mit seinem Nachfolger als Vize-Kanzler: dem derzeitigen SPD-Kanzlerkandidaten Olaf Scholz. Er habe “keines dieser Gespräche im Auftrag oder gegen Bezahlung geführt”, sagte Sigmar Gabriel auf Anfrage. Als Aufsichtsrat erhielt Gabriel im vergangenen Jahr laut Geschäftsbericht der Deutschen Bank 166.667 Euro.  

Clara Helming von abgeordnetenwatch.de kommentiert: “Hochkarätige Lobbytreffen dürfen nicht nur durch Zufall ans Licht kommen. Lobbyist:innen wie Herr Gabriel sollten verpflichtet werden, alle Kontakte zu Ministerien und Abgeordneten im Lobbyregister zu veröffentlichen. Zudem sollte die Abkühlzeit für ehemalige Regierungsmitglieder auf mindestens drei Jahre verlängert werden. Erst dann sollte es Ihnen erlaubt sein, in die Wirtschaft zu wechseln.”

In der laufenden 19. Legislaturperiode des Bundestags hatten ehemalige Minister:innen und Staatssekretär:innen über 500 Lobby-Kontakte zur aktuellen Regierung. Das geht aus Kleinen Anfragen der Linkspartei hervor, die abgeordnetenwatch.de und ZEIT ONLINE ausgewertet haben. “Wir müssen das Lobbyregister dringend um den legislativen Fußabdruck ergänzen”, fordert Jan Korte von der Linken. “Für die Bevölkerung muss klar erkennbar sein, welche Änderungen an Gesetzentwürfen auf die Intervention durch Lobbyistinnen und Lobbyisten entstanden sind."