Bundestagsabstimmung zum Lobbyregister abgesagt: abgeordnetenwatch.de sieht Chancen für einen besseren Gesetzentwurf

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Hamburg, 29. Oktober 2020 – Die ursprünglich für den heutigen Tag angesetzte Abstimmung über das Lobbyregister wurde von der Tagesordnung des Bundestages gestrichen. Hintergrund ist die Uneinigkeit von Union und SPD über die geplanten Änderungen am Gesetzentwurf. Für die Transparenz-Organisation abgeordnetenwatch.de ist dies eine gute Nachricht: Der bisher eingebrachte Gesetzentwurf ist mangelhaft. Nun bieten aktuelle Entwicklungen eine zweite Chance für echte Transparenz.

Viel Kritik erntete der Anfang September 2020 von den Bundestagsfraktionen von SPD und Union eingebrachte Gesetzentwurf für ein Lobbyregister, darunter auch von abgeordnetenwatch.de.

Schon in der Debatte über ihren Entwurf versprachen deshalb beide Fraktionen Nachbesserungen. Zuerst arbeitete das von der CSU geführten Innenministerium (BMI) Formulierungshilfen aus, die abgeordnetenwatch.de vorliegen.

Doch die Änderungen in dem noch internen Regierungspapier genügen dem SPD-geführten Justizministerium (BMJV) unter Christine Lambrecht nicht, was für Krach in der Koalition sorgte. Die ursprünglich für den heutigen Tag angesetzte Bundestagsabstimmung wurde gestrichen. Das BMJV verschickte stattdessen, wie die Süddeutsche Zeitung heute berichtet einen eigenen Änderungsvorschlag.

abgeordnetenwatch.de-Lobbyexperte Roman Ebener kommentiert: „Wir begrüßen, dass das Justizministerium nachbessern möchte. Denn das Innenministerium hat ein Schmalspur-Lobbyregister vorgelegt. Es fehlt das Wichtigste: Dass konkrete Lobbyaktivtäten nachvollziehbar sind.“

Laut abgeordnetenwatch.de geht das BMI zwar in seinen Änderungen auf einige der Kritikpunkte ein, berücksichtigt aber wesentliche Aspekte nicht. So sei u.a. die Liste der Ausnahmen, die ins Lobbyregister nicht müssten, noch viel zu umfangreich. Die Informationsmenge, die das Register über die Lobbyaktivitäten beinhalten würde, sei dagegen zu gering.

„Der BMI-Entwurf enthält große Lücken, die offenbar politisch gewollt sind“, schätzt Roman Ebener ein. „Wenn die konkreten Lobbyaktivtäten nicht offengelegt werden, bleibt Lobbyismus weiterhin eine Blackbox.“ Nun sind die unzureichenden Regeln wieder auf dem Prüfstand. Nach Informationen von abgeordnetenwatch.de möchte das SPD-Justizministerium durch die Änderungen u.a. eine sogenannte exekutive Fußspur einzuführen, die Beteiligungen an Gesetzentwürfen nachvollziehbar macht.

„Das es aber nicht ausreichend“, so Roman Ebener. „Es gibt die historische Möglichkeit, einen guten, Transparenz erreichenden Entwurf zu liefern. Alle Vorschläge und Expertisen der Zivilgesellschaft für ein gutes Lobbyregister liegen auf dem Tisch.“

abgeordnetenwatch.de hat den aktuellen Entwurf des Innenministeriums mit dem GroKo-Entwurf vom September sowie mit dem von abgeordnetenwatch.de zusammen mit der Organisation LobbyControl erarbeiteten Entwurf verglichen. Die sog. Checkliste finden Sie als PDF anbei. Sobald der BMJV-Entwurf vorliegt, folgt eine Ergänzung.

 

Wichtige Links: 

Artikel von abgeordnetenwatch.de zu den aktuellen Änderungen des Innenministeriums vom 26.10.2020

Artikel von abgeordnetenwatch.de zum Entwurf von Union und SPD vom 09.10.2020

Pressemitteilung von abgeordnetenwatch.de zum Entwurf von Union und SPD vom 10.09.2020 

Pressemitteilung von abgeordnetenwatch.de zur Bundestagsanhörung zum Lobbyregister vom 01.10.2020

Petition von abgeordnetenwatch.de zum Lobbyregister mit mehr als 300.000 Unterschriften