Die Transparenzorganisationen abgeordnetenwatch.de und fragdenstaat.de wollen mit Unterstützung von Bürgerinnen und Bürger tausende bislang unveröffentlichte Lobby-Papiere transparent machen. Am heutigen Donnerstag präsentierten sie auf dem Internetportal http://GlaeserneGesetze.de mehr als 17.000 Fälle, in denen die Bundesregierung Konzerne, Verbände und Organisationen um eine Bewertung ihrer geplanten Gesetzentwürfe gebeten hatte. Diese Dokumente können Bürgerinnen und Bürger nun mit wenigen Klicks bei den Ministerien anfordern und dann der Allgemeinheit zugänglich machen. (Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Transparenzaktion “GlaeserneGesetze.de” finden Sie hier https://www.abgeordnetenwatch.de/blog/glaesernegesetze_faq ).
„Wir wollen herausfinden, ob Lobbyisten indirekt an Gesetzestexten mitgeschrieben haben“, so abgeordnetenwatch.de-Geschäftsführer Gregor Hackmack. „Konkret geht es um die Frage: Hat die Bundesregierung Forderungen von Lobbyisten in ihre Gesetzentwürfe übernommen oder sogar wörtlich kopiert?“, so Hackmack. „Immer wieder hat es in der Vergangenheit Hinweise darauf gegeben, dass Interessenvertreter an Gesetzen mitwirken. Wenn Lobbyisten im Verborgenen politische Entscheidungen beeinflussen, dann höhlt dies unsere Demokratie aus! Um Einflussnahme öffentlich zu machen, braucht es endlich ein verbindliches Lobbyregister und den ‘legislativen Fußabdruck”.“
Zum Hintergrund der Aktion #GläserneGesetze: Wenn die Bundesregierung ein neues Gesetz auf den Weg bringt, gibt sie in aller Regel Verbänden, Unternehmen und Organisationen in einem sehr frühen Stadium Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme. Da diese Papiere nur äußerst selten öffentlich werden, weiß niemand, ob Forderungen oder gar konkrete Formulierungen aus den Stellungnahmen in den späteren Gesetzestext einfließen.
„Die Bundesministerien könnten die Lobbyisten-Stellungnahmen von sich aus öffentlich machen, doch das tut sie leider nur in Ausnahmefällen“, so Arne Semsrott, Projektleiter bei fragdenstaat.de. „Deswegen müssen wir Bürgerinnen und Bürger nun mit Anfragen nach dem Informationsfreiheitsgesetz für Transparenz sorgen.“ Diese Anfragen können mit wenig Aufwand unter GlaeserneGesetze.de gestellt werden.
Eine Umfrage von abgeordnetenwatch.de unter den 14 Bundesministerien und dem Bundeskanzleramt hatte im November 2016 ergeben, dass lediglich das Haus von Justizminister Heiko Maas Lobbyisten-Stellungnahmen im Internet veröffentlicht. Zehn Ministerien sowie das Kanzleramt teilten dagegen mit, dass sie keine Stellungnahmen öffentlich machten (zu den Umfrageergebnissen: https://www.abgeordnetenwatch.de/blog/2016-11-24/ministerien-halten-tausende-stellungnahmen-von-lobbyisten-unter-verschluss ).
„GlaeserneGesetze.de ist die mit Abstand größte Transparenz-Mitmachaktion zum Informationsfreiheitsgesetz“, so Arne Semsrott. Über www.glaesernegesetze.de können weit mehr als 17.000 Anfragen auf Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) gestellt werden. Das IFG erlaubt jeder und jedem, amtliche Dokumente von einer Behörde anzufordern.
Mit GlaeserneGesetze.de gibt es erstmals eine umfassende Übersicht darüber, welche Interessenvertreter von der Bundesregierung im Vorfeld um eine Bewertung eines Gesetzesvorhaben gebeten wurden. Aus den Daten lässt sich beispielsweise herauslesen, ob ein Ministerium bei einem Gesetz in gleicher Weise an einer Rückmeldung von Unternehmensverbänden und zivilgesellschaftlichen Organisationen gelegen war, oder ob die Bitte um Stellungnahme ungleich verteilt war.
Für GlaeserneGesetze.de gibt es ein erfolgreiches Vorbild. 2016 hatten abgeordnetenwatch.de und fragdenstaat.de mit einer ähnlichen Aktion die Veröffentlichung tausender Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages bewirkt. Die Aktion unter dem Namen FragDenBundestag.de war im November mit dem Medienprojektpreis der Otto Brenner Stiftung ausgezeichnet worden. Bei FragDenBundestag.de ging es seinerzeit um rund 4.000 Gutachten.