abgeordnetenwatch.de schickt offenen Willkommensbrief an die designierten Regierungsmitglieder: „Bitte legen Sie Ihre künftigen Lobbykontakte offen“

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Berlin / Hamburg, 1. Dezember 2021 – Die Transparenz-Organisation abgeordnetenwatch.de hat an diesem Mittwoch einen offenen „Willkommensbrief“ an die zukünftigen Regierungsmitglieder verschickt. Sie appelliert darin an den künftigen Kanzler und die Minister:innen, ihre Kontakte zu Lobbyist:innen proaktiv offenzulegen und für umfassende Lobbytransparenz zu sorgen.

Am vergangenen Donnerstag wurde der Koalitionsvertrag zwischen den drei Ampel-Parteien veröffentlicht. abgeordnetenwatch.de begrüßt die angekündigte Einführung einer Lobby-Fußspur, die den Einfluss von Lobbyist:innen auf Gesetze sichtbar machen soll. Zugleich bemängelt die Transparenzorganisation, dass das Regierungsprogramm darüber hinaus keine Offenlegung sämtlicher Kontakte zwischen Lobbyist:innen und Bundestag bzw. Bundesregierung vorsieht.

Clara Helming von abgeordnetenwatch.de: „Um den Einfluss von Lobbyismus auf die Politik ausreichend nachvollziehbar zu machen, genügt ein Fußabdruck für Gesetze leider nicht. Denn auch wenn es nicht um Gesetze geht, sondern um andere politische Anliegen, versuchen Lobbyakteur:innen, Abgeordnete und Ministerien zu beeinflussen. Wir wollen wissen, wer mit wem über welches Anliegen spricht. Das geht nur mit einer umfassenden Kontakttransparenz.“

Die gemeinnützige Organisation möchte erreichen, dass die neuen Minister.innen von Anfang an für umfassende Lobbytransparenz sorgen. Deshalb sendet abgeordnetenwatch.de noch vor der offiziellen Bekanntgabe des Kabinetts einen Brief an die zukünftigen Minister:innen.

Darin heißt es: „Wir appellieren an Sie, alle Lobbykontakte, die Sie und Ihre Mitarbeiter:innen im Kanzleramt erreichen, ab dem ersten Tag zu veröffentlichen und eine gesetzliche Regelung zur Offenlegung aller Kontakte zwischen Lobbyist:innen und Politiker:innen im Lobbyregister zu unterstützen. Nur so kann die Öffentlichkeit nachvollziehen, welche Lobbyist:innen versuchen, auf politische Entscheidungen Einfluss zu nehmen.“

Weitere Informationen: https://www.abgeordnetenwatch.de/bitte-legen-sie-ihre-lobbykontakte-offen

Bereits im Vorfeld der Bundestagswahl hatte die gemeinnützige Organisation in Rahmen ihrer Aktion „Transparenz-Versprechen“ die Direktkandidierenden aufgefordert, sich zu fünf fünf wichtigen politischen Transparenz-Maßnahmen zu bekennen, die sofort umgesetzt werden könnten: https://www.abgeordnetenwatch.de/transparenz-versprechen-zur-bundestagswahl-2021.

276 der aktuell 736 Bundestagsabgeordneten gaben mindestens ein Transparenz-Versprechen ab. Darüber hinaus signalisierten im Laufe der Koalitionsverhandlungen mehr als 53.000 Menschen mit ihrer Unterschrift ihren Wunsch, Lobbytransparenz im Koalitionsvertrag zu sehen (siehe dazu: https://www.abgeordnetenwatch.de/presse/pressemitteilungen/abgeordnetenwatchde-uebergibt-50000-unterschriften-fuer-mehr-lobbytransparenz-im-koalitionsvertrag-an-spd-verhandler-dirk).

Clara Helming: „Die Ampelkoalition hat jetzt die historische Chance, von Anfang an einen anderen Ton zu setzen als ihre Vorgängerregierungen. Die neue Regierung muss ihre Transparenz-Versprechen umgehend erfüllen und so die Demokratie stärken.“

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Zehn namentliche Briefe wurden per Post und per E-Mail an die zum Dato bekannten zukünftigen Regierungsmitglieder verschickt: Annalena Baerbock (B90/Die Grünen), Marco Buschmann (FDP), Robert Habeck (B90/Die Grünen), Steffi Lemke (B90/Die Grünen), Christian Lindner (FDP), Cem Özdemir (B90/Die Grünen), Olaf Scholz (SPD), Anne Spiegel (B90/Die Grünen), Bettina Stark-Watzinger (FDP) und Volker Wissing (FDP).

Text des Briefs:

Sehr geehrte:r X/Y,
herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Nominierung als Minister:in!

Wenn Sie demnächst Ihren Kabinettsposten antreten, werden Sie viele wichtige Entscheidungen treffen, auf die auch spezifische Interessengruppen Einfluss nehmen wollen. Dieser Austausch mit Interessensvertreter:innen ist in einer Demokratie wichtig, er sollte aber nicht im Geheimen stattfinden.

Wir appellieren daher an Sie, alle Lobbykontakte, die Sie und Ihre Mitarbeiter:innen im Kanzleramt erreichen, ab dem ersten Tag zu veröffentlichen und eine gesetzliche Regelung zur Offenlegung aller Kontakte zwischen Lobbyist:innen und Politiker:innen im Lobbyregister zu unterstützen.

Der im Koalitionsvertrag angekündigte „Lobby-Fußabdruck“ ist ein guter erster Schritt. Er reicht jedoch nicht aus, um alle Lobbyaktivitäten – auch jenseits von Gesetzesvorhaben – nachvollziehbar zu machen. Zudem bleibt unklar, ob auch die Veröffentlichung von Lobbytreffen vorgesehen ist.
Diese Transparenz ist jedoch in einer demokratischen Gesellschaft unabdingbar.

Das Vertrauen der Bürger:innen in unsere demokratischen Institutionen hat durch Skandale im Zusammenhang mit Masken-Provisionen oder mit Aserbaidschan großen Schaden erlitten. Ihre neue Regierungskoalition hat jetzt die Chance auf einen Neuanfang, bei dem Transparenz und die Nachvollziehbarkeit politischer Entscheidungen im Mittelpunkt stehen.

Als Minister:in haben Sie die Gelegenheit, ein Zeichen zu setzen und als gutes Vorbild voranzugehen. Bitte nutzen Sie diese Chance!

Mit freundlichen Grüßen

Clara Helming und das Team von abgeordnetenwatch.de

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Hier finden Sie als PDF die Kopie des Briefs, der an Olaf Scholz verschickt wurde: https://www.abgeordnetenwatch.de/sites/default/files/media/documents/2021-12/willkommensbrief-2021scholz.pdf

Hier ist die Aktion von abgeordnetenwatch.de erklärt: https://www.abgeordnetenwatch.de/bitte-legen-sie-ihre-lobbykontakte-offen