abgeordnetenwatch.de erklagt Zugang zu Lindner-SMS mit Porschechef 

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Hamburg/Berlin - 28.03.2025. Das Bundesfinanzministerium muss insgesamt zwölf Textnachrichten zwischen dem damaligen Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) und Porsche-Chef Oliver Blume aus dem Sommer 2022 an abgeordnetenwatch.de herausgeben. Das hat das Berliner Verwaltungsgericht am gestrigen Donnerstag entschieden (Urteil vom 27. März 2025, Aktenzeichen VG 2 K 60/23).

Sarah Schönewolf Sprecherin von abgeordnetenwatch.de, wertet das Urteil als einen Meilenstein für Lobbytransparenz: „Wenn ein Minister über sein Diensthandy Absprachen mit einem Autolobbyisten trifft, hat die Öffentlichkeit ein Recht zu erfahren, was geschrieben wurde. Dass das Finanzministerium die Porschegate-SMS über zweieinhalb Jahre unter Verschluss halten wollte, ist ein Schlag ins Gesicht von uns allen. Dieses Urteil zeigt: Ohne starke Auskunftsrechte bleiben Lobbyabsprachen im Dunkeln. Wer jetzt – wie CDU und CSU – das Informationsfreiheitsgesetz schleifen will, stellt sich gegen die demokratische Kontrolle von Macht.“

Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts hat abgeordnetenwatch.de einen Anspruch auf Zugang zu den Textnachrichten nach dem Umweltinformationsgesetz (UIG). Bei den SMS handele es sich um Umweltinformationen, da die Nachrichten zwischen dem damaligen Finanzminister Lindner und Porsche-Chef Blume im Zusammenhang mit der Entscheidung des EU-Ministerrates über ein Verbot von Neuwagen mit einem Verbrennungsmotor im Juni 2022 stünden. 

Die SMS-Kommunikation des Bundesfinanzministers mit einem Vertreter der Automobilindustrie über die Öffnung des geplanten Verbots für E-Fuels weise den erforderlichen Umweltbezug auf, heißt es in einer Mitteilung des Gerichts. Das Finanzministerium verfüge über die SMS, da sie auf dem Diensthandy von Lindner gespeichert worden seien und damit dem BMF tatsächlich vorlägen.

Das Interesse von Lindner und dem Vorstandsvorsitzenden der Porsche AG am Schutz ihrer personenbezogenen Daten trete hinter dem öffentlichen Interesse an der Bekanntgabe der SMS zurück, so das Gericht. Beide seien nur in ihrer beruflichen Funktion betroffen. Demgegenüber überwiege das Interesse der Öffentlichkeit daran, Inhalt und Art der Kommunikation zu erfahren, die Rückschlüsse auf mögliche Näheverhältnisse zwischen Regierenden und Dritten zum Thema E-Fuels zulasse.

Gegen das Urteil kann der Antrag auf Zulassung der Berufung beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg gestellt werden.

Hintergrund zur Porschegate-Affäre: 

Lindner und Blume hatten im Vorfeld einer Abstimmung im EU-Ministerrat über ein Verbot von Verbrennungsmotoren Ende Juni 2022 insgesamt vier Textnachrichten ausgetauscht. Die Bundesregierung stimmte schließlich wie vom damaligen Finanzminister Lindner und seiner Partei gefordert ab: Statt eines kompletten Verbots von Neuwagen mit einem Verbrennungsmotor ab 2035, wie es die grüne Umweltministerin Steffi Lemke wollte, bleiben Verbrennungsmotoren erlaubt, wenn sie mit synthetisch hergestellten E-Fuels betrieben werden. Das ist auch im Interesse von Porsche: Der Konzern ist selbst an einem E-Fuel-Unternehmen in Chile beteiligt.

Wenige Wochen nach dem Beschluss des EU-Ministerrates enthüllte das ZDF-Satiremagazin “Die Anstalt”, Konzernchef Blume habe sich intern damit gebrüstet, dass Porsche einen "sehr großen Anteil” daran habe, dass E-Fuels in den Ampel-Koalitionsvertrag aufgenommen wurden. Porsche sei einer der Haupttreiber gewesen, “mit ganz engem Kontakt mit den Koalitionsparteien". FDP-Chef Lindner habe ihn "fast stündlich auf dem Laufenden gehalten".

Die ZDF-Sendung schlug unter dem Stichwort “Porschegate” hohe Wellen. Nach der Ausstrahlung am 19. Juli 2022 kommunizierten Lindner und Blume in insgesamt acht SMS und zwei Telefonaten im Zusammenhang mit der “Porschegate”-Berichterstattung.

Die vier Textnachrichten vor der EU-Abstimmung sowie die acht SMS nach der ZDF-Ausstrahlung muss das Finanzministerium nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin nun an abgeordnetenwatch.de herausgeben.

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