Fragen und Antworten
Sehr geehrter Herr O.,
was ist "gerecht"?
1. Wenn jeder das bekommt, was er verdient?
2. Wenn jeder den gleichen Anteil vom "Kuchen" erhält?
(...) da haben Sie ein nicht einfaches Thema gewählt und ich bitte zu entschuldigen, dass ich erst jetzt antworte. Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass die Kindertagespflege mit einem Honrarsatz von 30 Euro (Brutto) pro Stunde und Kind ausgeglichen werden sollte. Von diesen 30 Euro gehen ja dann noch Steuern und Versicherungen ab. (...)
Über Stefan Weinert
Stefan Weinert schreibt über sich selbst:
Ich wurde in SH (Schleswig) in ein katholisches Elternhaus mit vier Geschwistern hineingeboren (Diaspora). Ökonomisch schwach, aber sozial starke Eltern. 1979 konvertierte ich zum Baptismus und studierte dort Theologie (BTA Wiedenest). Kevelaer, Sonthofen, Ravensburg (1989) waren meine drei Pastorenstationen. Weil ich mich weigerte, einen Kirchengemeindebeschluss durchzuführen und für gut zu halten, verlor ich Anfang 1992 meinen Job und war mit Frau und zwei kleinen Kindern arbeitslos. Bis dahin war ich ein ziemlich fundamentalistischer Christ, wie es sie heute noch in der Mehrzahl in den evangelischen Freikirchen gibt. 1994 bekam ich den Job als Flüchtlingsberater beim Landratsamt, den ich bis 2005 ausübte. Ab 2005 übernahm ich r den Job des "Kümmerers" für den Landkreis Ravensburg und studierte nebenberuflich an der FH "Konfliktmanagement" und später auch noch "Case Management". Meine Klientel waren nun Messis, Wohnungssuchende, psychisch Labile, Suizidgefährdete, das "Prekariat" (für mich das Unwort des Jahrhunderts) schlechthin usw. 2004 wurde meine Ehe nach 24 Jahren geschieden. Meine beiden Söhne Frederik (35 und Jonathan (31) haben in den 2000er Jahren hier in Ravensburg die SPD soweit aufgemischt, dass es sogar ein Parteiausschlussverfahren gegen den Jüngsten gab. Ich selbst hatte bei der Bundestagswahl 2005 versucht, in der SPD Kandidat für Berlin zu werden, scheiterte aber an den Intrigen hinter den Kulissen, was mich hart getroffen hat. Denn verlieren an sich muss man/n können - es kommt nur auf die Art und weise an. Es war kein fairer Kampf, den ich aber auf meiner Abschlussrede in Oberteuringen angemahnt hatte. Im Mai 2005 kam mir die Idee, "meine" alte Rockband in Schleswig-Holstein zu reaktivieren. Auf teilweise verrückten Wegen kam ich an alle Jungs ran und alle waren begeistert. Wir hatten von 1969 - 78 zusammen unter dem Namen "Menetekel" gespielt und wollten dies nun nach 37 Jahren, die wir uns nicht geshen hatten!!, wieder tun. Also bin ich alle acht Wochen da hochgefahren und wir probten Santana, Cream, Moody Blues, Beatles, Love Sculpture usw. Zwar spiele ich seit 50 Jahren Gitarre, doch in der Band war und ist mein Job der des Drummers. Nach der fünften Übungssequenz habe ich mich aber wieder rausgenommen und dann starb auch noch überraschend unser Leadgitarrist. Nun machen die Jungs in anderer Besetzung weiter. Mitte der 1990er Jahre begann sich mein theologisches Denken total zu ändern. Ich las Bücher von Jack Miles (Biographie Gottes, Selbstmord Jesu) und von Eugen Drewermann (Glauben in Freiheit, 6 Bände; Strukturen des Bösen, 3 Bände usw.) Ich las auch das "Manifest des evolutionären Humanismus" von Schmidt-Salomon. Aber auch meine Lebensgeschichte und meine Erfahrungen mit Mitmenschen und als Ex-Insider der Kirche haben mein Gottesbild radikal geändert. Mein bester Freund in Flensburg nennt sich zu Recht ein Agnostiker. Ich sagte spaßeshalber zu ihm, dass ich eigentlich ein Theist sei, mich aber mehr und mehr zum "B-Gnostiker" entwickle, eben womöglich auf dem Weg, ein Agnostiker zu werden. Das Tao, das du Tao nennst, ist kein Tao. Oder: Ich weiß, dass ich nichts weiß. Genau da bewege ich mich zurzeit. Einen Gott, den ich benennen kann, von dem ich meine zu wissen, wer und was und wie und wo er ist, ist nicht mehr Gott. Zwar glaube ich noch immer, dass es einen persönlichen Gott gibt, doch halte ich es durchaus auch für möglich, dass er nur eine menschliche Projektion vom Diesseits in die Zeit nach dem Tod ist, angesichts der Verlorenheit des Menschen im "Nirwana" und in der Unendlichkeit des Universums und angesichts der Grausamkeiten des Lebens hier. Es ist auch möglich, dass Gott das ist, was wir in unseren ersten Lebenswochen und -Monaten in der Dyade mit der Mutter erlebt oder auch nicht erlebt haben. Die Vertreibung aus dem Garten Eden wäre dann nichts anderes, als die unfreiwillig Loslösung von der Mutterbrust, die aber zu unserer Individualisierung unbedingt nötig ist. Was dann wäre das Essen von dem verbotenen Baum? Sünde? Schuld? Böses? Jeder !! von uns hätte dann eben sein eigenes Gottesbild, je nach dem, wie er geprägt ist und es kann, ja es muss sich im Laufe des Lebens ändern, sonst wird Gott und der Glaube an ihn zur Konserve, eben konservativ = Stillstand. Ich bin dazu gekommen, die Bibel nicht nur theologisch, sondern vor allem psychoanalytisch zu lesen. Und so war es von den Verfassern m. M. nach auch gedacht. Vor allem die Genesis und die vier Evangelien. Und jetzt kommen wir zu meinem Satz. Der historische Jesus hat genau gewusst, wie der Mensch denkt und "tickt". Von den Primaten ist er der einzige, der (nach der Loslösung von der Mutter, s.o.) weiß, dass er sterben muss und deshalb den Trost des Jenseits benötigt, um nicht zu verzweifeln. Und er hat den Menschen seiner Zeit - im Gegensatz zu den Schriften der Thora und den anderen Religionen - Gott eben als einen barmherzigen Vater vor Augen gemalt. Ob es diesen Gott realistisch nun tatsächlich gibt, ist zunächst mal zweitrangig. Was Jesus ereichen wollte, war ein Zweifaches: Zum einen unsere Gelassenheit, dass wir Menschen uns das "Himmelreich" nicht verdienen müssen. Dann aber der Appell an uns, human, menschlich, barmherzig miteinander umzugehen, so wie es eben Gott mit uns tut. Wer mordet, tötet, neidet, intrigiert, ausbeutet, unterdrückt, Kriege anzettelt, unterscheidet sich nicht vom Tierreich. Drewermann sagt zu Recht - und ich kann es nur dick und rot unterstreichen - dass die Kirche (er meint die katholische, aber die anderen sind auch nicht viel besser) genau das Gegenteil aus dem gemacht hat, was Jesus wollte. Nach wie vor behaupte ich, dass Jesus ein Rebell und Revoluzzer war, der mit dem vorherrschenden Gottesbild seiner Zeit aufräumen wollte, der es wagte, gegen die Mächtigen (nicht die Römer, sondern die Oberfrommen und Selbstgerechten) aufzustehen und dafür mit seinem Leben bezahlen musste, wie auch Gandhi und King und Jan Hus und Giardano Bruno ... Ich gehöre seit 2001 keiner Kirche mehr an und das ganz bewusst. Wenn (?) es einen Gott gibt, dann ist es ihm nicht wichtig, ob wir Juden, Christen, Muslime, Buddhisten, Mormonen, Agnostiker, Atheisten ... sind, sondern dass wir barmherzig (= ein Herz, dass sich angesichts der Not des andern umdreht) miteinander umgehen, wie er es mit uns tut. Und was die ganzen Gräueltaten anbetrifft, sind sie uns Menschen und nicht einem Gott zuzuschreiben. Wir plündern, wir belügen, wir töten, wir beuten aus, wir holzen ab, wir . wir . wir ... Ein junger deutscher Soldat schrieb aus den Schützengräben bei Stalingrad in einem Brief nach Hause: "Vater, angesichts dessen, was ich hier sehe und erlebe, muss ich dir sagen: Es kann keinen Gott geben. Es gibt keinen Gott. Vielleicht bei euch im warmen Zimmer. Nicht aber hier in den Schützengräben." DREI TAGE FRIEDEN REICHEN NICHT - von Stefan Weinert Unweigerlich wieder einmal steht bald das Weihnachtsfest vor unserer Tür. Da gibt es sicher einige, die sich für ein paar Tage zum Frieden verpflichtet fühlen. Für andere war dies an allen anderen Tagen des Jahres irgendwie eine Selbstverständlichkeit. Manche lehnen Weihnachten ganz bewusst ab, oder feiern es aus religiösen Gründen nicht und wieder andere können mit diesem Fest seid ihrer Kindheit nichts mehr anfangen. Dann gibt es auch solche, die das Weihnachtsfest angesichts ihrer Lebensgeschichte und aktuellen Lebenssituation (physisch, psychisch, ökonomisch) in tiefe Depressionen oder gar den Wahnsinn treibt. Für mich hat Weihnachten in den vergangenen 25 Jahren eine etwas andere Bedeutung bekommen. Der historische Jesus was kein "holder Knabe mit lockigem Haar", weder im Stall nahe Bethlehem, noch in den folgenden 33 Jahren. Wenn man/frau genau hinschaut und nicht nur übernimmt, was seit Jahrhunderten als Konserve von den Kanzeln gelehrt wird, muss man/frau feststellen, dass der Zimmermann von Nazareth ein Revoluzzer war (seine Waffen allerdings waren einzig sein Wort und sein Handeln danach), jemand, der seine Mission bis zu seinem ganz persönlichen blutigen Ende "durchzog" und sich auch nicht davon beirren ließ, dass man ihn zum König machen wollte - und auch nicht von einem "Hosianna". Und er wusste, auf was er sich da einlässt. Jesu Botschaft lässt sich für mich ganz persönlich in einem einzigen Satz zusammenfassen: "Gott ist ein barmherziger Gott aller Menschenkinder." Religion ist und war schon immer die Reaktion des Menschen auf die Gewissheit seines Todes. Im Gegensatz zu den Primaten weiß der Mensch seit der frühen Kindheit, dass er sterben muss. Das Tier weiß es nicht und benötigt deshalb auch keine Religion. Drei bis vier Tage Frieden reichen nicht, wir sollten den Faktor 100 hinzufügen. Dann stimmt's!