Hat die Maskenaffäre der Union nun Konsequenzen?
Hallo! Mein Name ist Clara Helming und ich arbeite bei abgeordnetenwatch.de. Wenn ich um 16:00 den Sitzungssaal „4 300“ im Paul-Löbe-Haus des deutschen Bundestages betrete, bin ich froh, dass ich nicht alleine bin. Denn mit mir kommen Sie, liebe Unterstützer:innen der Petition! Neben einer Jura-Professorin und einigen Jura-Professoren wird abgeordnetenwatch.de im Geschäftsordnungsausschuss des Bundestages angehört.
Wir kommen als Stimme der Zivilgesellschaft. Es geht um die Änderung des Abgeordnetengesetzes. Als Folge der zahlreichen Skandale der letzten Monate sollen die Regeln nun verschärft werden.
Gut - aber längst überfällig! Denn diese Regeln hätten schon vor Jahren beschlossen werden müssen. Das werde ich heute auch dem Ausschuss mitteilen. 4 Minuten Zeit bekomme ich, um meine Einschätzung vorzutragen. Danach dürfen nur noch direkte Fragen beantwortet werden. Furchtbar wenig Zeit, denn die Liste unserer Kritik ist lang.
Das Hauptproblem: Auch wenn viele überfällige Regeln kommen (Verbot von Lobbyjobs für Abgeordnete, Annahmeverbot von Spenden, mehr Transparenz bei ihren Nebeneinkünften), am Ende entscheidet vor allem, ob scharfe Regeln auch durchgesetzt werden können und wer Verstöße überhaupt feststellt.
Gäbe es beispielsweise keine Verkehrspolizei, wer sollte mögliche Verstöße ermitteln und ahnden? Nun bei Verstößen gegen das Abgeordnetengesetz übernimmt diese Aufgabe die Bundestagspräsidentin bzw. der Bundestagspräsident.
Das ist auch dann problematisch, wenn dieser nicht mehr Wolfgang Schäuble heißen sollte.
In der Vergangenheit wurden Verstöße nicht konsequent geahndet - die Bundestagsverwaltung verweigert uns bis heute Auskünfte, ob oder wie sie dabei vorgeht!
Ich werde dem Ausschuss stattdessen eine unabhängige und überparteiliche Transparenzkommission vorschlagen.
Unsere Vision: Ein Gremium, das auch nachforscht und nicht erst bei Verstößen tätig wird.
Denn: In der Vergangenheit kam es immer wieder zu fehlerhaften Transparenz-Angaben. Ob absichtlich oder nicht - korrigiert wurden sie meistens erst, wenn wir oder auch andere Medien den Bundestag auf offensichtliche Fehler aufmerksam machten. Wie viele Fälle unentdeckt blieben, ist unklar. Doch die Öffentlichkeit muss sich auf diese Angaben verlassen können, denn sie weisen auf mögliche Interessenkonflikte hin oder zeigen, in wie weit eine Abgeordnete oder ein Abgeordneter tatsächlich das Mandat in den Mittelpunkt stellt. Wichtig ist: Die Kontrolle sollte außerhalb des Bundestages stattfinden.
Perspektivisch könnte die Transparenzkommission übrigens auch weitere Tätigkeiten übernehmen: Die Prüfung der Parteifinanzen (liegt ebenfalls beim Bundestag) und Überwachung des Lobbyregisters.
Vermutlich wird die Zeit nicht reichen, alle Kritikpunkte vorzubringen, die wir mit unserer schriftlichen Stellungnahme eingereicht haben.
Trotzdem möchte ich zum Abschluss auf die lange To-Do-Liste hinweisen. Denn neben der Neuregelung des Abgeordnetengesetzes müssen auch die Strafbarkeit der Abgeordnetenbestechung und die Parteifinanzen auf den Prüfstand. Das gerade erst beschlossene Lobbyregister benötigt ebenfalls ein Update um geheime Lobbyaktivitäten ans Licht zu bringen.
Ich befürchte, dass es weitere Skandale geben wird, bevor Deutschland gute Regeln bekommt. Wie teuer das für die Steuerzahler:innen werden kann, hat die Masken-Affäre gezeigt.
Viele Grüße
Clara Helming