Statement von abgeordnetenwatch.de zur heutigen Bundestagsabstimmung über das Lobbyregister: Augenwischerei statt Transparenz

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Hamburg/Berlin, 25. März 2021 - Am heutigen Donnerstag, 25. März, wird im Bundestag über das Lobbyregister von Union und SPD abgestimmt. International gibt es Lobbyregister bereits länger, z.B. in Großbritannien, Frankreich und den USA. Doch das Gesetz der Großen Koalition ist mangelhaft. Die inhaltlichen Lücken sind viel zu groß - aus Transparenzsicht handelt es sich um einen Etikettenschwindel.

Roman Ebener, Lobbyexperte bei abgeordnetenwatch.de, kommentiert: „Mit diesem Entwurf wird die Problematik ‚geheimer Lobbyismus‘ nicht angegangen. Lediglich die bislang vorhandene ‚Verbändeliste‘ wird zu einer Lobbyist:innen-Namensliste ausgebaut. Die im Gesetz angekündigte Zielsetzung ‚Einflussnahme von Interessenvertreterinnen und Interessenvertreter auf politische Entscheidungen transparent zu machen‘ kann das vorliegende Gesetz nicht erfüllen. Um die Einflussnahme offenzulegen, müsste auch angegebenen werden, welche Lobbyist:innen konkret auf welche Vorgänge einwirken.

Stattdessen erhalten wir lediglich eine Liste der Lobbyist:innen in Berlin, ohne zu erfahren, was sie genau machen.

Die vier wesentlichsten Kritikpunkte:

1) Besonders problematisch aus Sicht von abgeordnetenwatch.de ist die fehlende Kontakttransparenz: Lobbyist:innen, die ihre Interessen gegenüber dem Bundestag oder der Bundesregierung vertreten, müssen sich zwar in das Register eintragen. Doch mit wem genau sie im Gespräch sind und um welche Anliegen es geht, wird nicht festgehalten. Das Lobbyregister der Großen Koalition beantwortet also lediglich die Frage „Wer lobbyiert"?. Worüber und mit wem Lobbyist:innen sprechen, soll nicht bekannt werden.

„Ohne die Kontakttransparenz bleibt geheimer Lobbyismus auf der Tagesordnung“, kommentiert Roman Ebener. „Dabei sind gerade die Angaben zu einzelnen Kontakten notwendig, um problematische Einflussnahme zu nachvollziehen zu können, zum Beispiel, wenn es um die Beeinflussung konkreter Gesetzesvorhaben geht.“

2) Auch die Begrenzung auf die oberen Ebenen im Ministerium ist ein Problem. Interessenverteter:innen müssen sich nur registrieren, wenn sie sich an höhere Ebenen in Ministerien wenden. Wer sich ausschließlich an Fachreferate wendet, also dorthin, wo am Ende die Gesetze vorbereitet werden, muss überhaupt keine Angaben machen.

3) Ein weiterer Kritikpunkt: Die Sanktionen bei Verstößen gegen der Registrierungspflicht im Register bleiben unzureichend. Bei Fehlverhalten müssen Lobbyist:innen mit einer maximalen Strafzahlung in Höhe von 50.000 Euro rechnen. Doch weil es den Interessenvertreter:innen in ihren Gesprächen mit Regierungsmitgliedern durchaus um Einflüsse auf Entscheidungen in Milliardenhöhe geht, hat auch die nun im Entwurf angegebene Zahlung möglicherweise nicht die abschreckende Wirkung, die angedacht ist.

„Die Regelverstöße müssten neben einer deutlich höheren maximalen Strafe auch eine sogenannte "Vorteilsabschöpfung" beinhalten, so dass sich die Verstöße für die Lobbyakteur:innen auf keinen Fall lohnen“, ergänzt Roman Ebener.

4) Zuletzt sind im Gesetz noch zu weitreichende Ausnahmen formuliert. So ist Lobbyismus, sofern er auf öffentlichen Veranstaltungen stattfindet, einfach ausgenommen. Ebenso sind Kirchen, Arbeitgeber:innen- und Arbeitnehmer:innen-Verbände komplett befreit. „Zwar hat da die GroKo seit dem letzten Entwurf die Ausnahmen reduziert. So sind Rechtsanwaltskanzleien nun nicht mehr automatisch ausgenommen.“, meint der abgeordnetenwatch.de-Lobbyexperte, „Dennoch sind die Ausnahmen zu zahlreich. Einzelne Lobbyakteure bekommen so einen unfairen Vorteil und ihre Einflussnahme ist für die Öffentlichkeit nicht nachvollziehbar“

Für abgeordnetenwatch.de ein mangelhaftes Ergebnis. Das deutsche Gesetz bleibt im internationalen Vergleich weit zurück.

Ebener: „Eine Straße muss man auch zu Ende bauen, wenn sie halten soll. Sonst ist jeder Ansatz nutzlos.“ Die Chance, das Vertrauen in die Politik nachhaltig zu stärken, wurde vertan.

Die Kritik am aktuellen Entwurf von abgeordnetenwatch.de zusammengefasst.