Hamburg - In der Verhandlung um das Lobbyregister zeichnet sich eine Annäherung zwischen Union und SPD ab. Zuletzt war das Gesetzesvorhaben aufgrund von Uneinigkeiten innerhalb der Großen Koalition ins Stocken geraten. Die Transparenz-Organisation abgeordnetenwatch.de kritisiert den sich abzeichnenden Kompromiss und fordert Nachbesserungen, um konkrete Lobbyaktivitäten nachvollziehbar zu machen.
Im Oktober 2020 wurde eine geplante Bundestagsabstimmung zum Lobbyregister kurzfristig gestrichen. Grund war ein Dissens zwischen dem Innenministerium (BMI) und dem Justizministerium (BMJV). Justizministerin Lambrecht äußerte scharfe Kritik an den lückenhaften Transparenz-Vorschlägen ihres Kollegen Innenminister Seehofer.
Ein neuer Gesetzesentwurf liegt weiterhin nicht vor, aber in der Zwischenzeit haben sich Verhandler der GroKo-Fraktionen, Matthias Bartke (SPD) und Patrick Schnieder (CDU), zu Wort gemeldet. Umstritten sind demnach zwei Punkte:
- Lobbyismus in Ministerien: Die CDU will nur die Einflussnahme auf höchster Ebene registrieren, also bei Minister:innen und Staatssektretär:innen. Die SPD will auch die Referatsleitungsebene einbeziehen. Zahlreiche zivilgesellschaftliche Organisationen, darunter abgeordnetenwatch.de, fordern hingegen die Einbeziehung der gesamten Mitarbeiterebene, wie es auch in Frankreich und den USA oder auf EU-Ebene selbstverständlich ist.
- „Exekutive Fußspur“: Die Beteiligungen an Gesetzentwürfen soll nun doch nicht Teil des Lobbyregisters werden, sondern über die Gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesministerien geregelt werden. Mit diesem Kompromissvorschlag der CDU wäre die SPD einverstanden, sofern eine feste Frist für den entsprechenden Entschließungsantrag vereinbart wird.
abgeordnetenwatch.de-Lobbyexperte Roman Ebener kommentiert: „CDU und SPD steuern mit diesem Kompromiss auf ein Schmalspur-Lobbyregister zu, das den Umfang von Lobbyeinflüssen gar nicht offenlegen kann. Deutschland bleibt damit weit hinter internationalen Standards zurück. Sollte es zu einer solchen Einigung kommen, verpasst die GroKo ihre historische Chance, Lobbyaktivitäten wirklich nachvollziehbar zu machen.“
Um echte Transparenz zu gewährleisten fordert abgeordnetenwatch.de die Veröffentlichung aller Lobbyist:innen-Kontakte mit Bundestag, Bundesregierung und Bundesbehörden. Professionelle Lobbyist:innen wären somit verpflichtet alle Kontakte mit Mitarbeiter:innen von Ministerien und Behörden (unabhängig vom Dienstgrad) sowie mit Bundestagsabgeordneten zu registrieren.
Dazu Roman Ebener: „Kontakttransparenz ist eine effektive Lösung um Lobbyismus auf allen Ebenen der Politik nachvollziehbar zu machen. Zugleich entlastet dieses Vorgehen die Politik, da die Registrierungspflicht bei den Lobbyist:innen liegt.“
Am 19.02.2021 folgt ein Blog-Beitrag, in dem die jüngsten Aussagen der GroKo zum Lobbyregister genauer unter die Lupe genommen werden. Sobald der BMJV-Entwurf vorliegt, wird diese zudem eingehend untersucht.
Weiterführende Links:
Deutschlandfunk (10.02.2021)
Berliner Zeitung (15.02.2021)
Merkur.de (17.02.2021)