abgeordnetenwatch.de: Schwerer Rückschlag für die Zivilgesellschaft
Leipzig / Berlin – Nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom heutigen Mittwoch muss die Bundestagsverwaltung keine Unterlagen zu ihrer Prüfung der Parteifinanzen nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) herausgeben. Die Richter hoben damit zwei Urteile der Vorinstanzen auf, die jeweils zugunsten der Transparenzorganisation abgeordnetenwatch.de entschieden hatten.
“Das heutige Urteil kam überraschend und ist ein schwerer Rückschlag für die Zivilgesellschaft”, erklärte abgeordnetenwatch.de-Mitgründer Gregor Hackmack am Mittwoch nach der Urteilsverkündung. “Die Richter verweigern den Bürgerinnen und Bürgern Einblick in die Prüftätigkeit einer Behörde, deren oberster Chef Wolfgang Schäuble (CDU) selbst einschlägige Erfahrungen mit dubiosen Parteispenden hat. Dazu bemühen sie das Parteiengesetz, das im Hinblick auf Transparenzvorschriften längst nicht mehr auf der Höhe der Zeit ist.”
Hackmack kündigte an, dass abgeordnetenwatch.de das schriftliche Urteil nun genau prüfen werde und schloss auch einen Gang zum Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe nicht aus. Gleichzeitig fordert abgeordnetenwatch.de strengere und vor allem zeitnahe Regeln für die Veröffentlichung von Zuwendungen an Parteien sowie deren Prüfung durch eine unabhängige und nicht parteipolitisch besetzte Behörde.
abgeordnetenwatch.de hatte von der Bundestagsverwaltung im September 2015 auf Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) alle vorliegenden Unterlagen zur Prüfung der Parteifinanzen angefordert, darunter die internen Prüfberichte der Verwaltung zu Parteispenden. Anhand der Dokumente wollte abgeordnetenwatch.de der Frage nachgehen, ob und wie intensiv die Parlamentsverwaltung fragwürdigen Zahlungen an die Parteien nachgeht.
Als der Bundestag den Aukunftsantrag ablehnte, reichte abgeordnetenwatch.de im März 2016 Klage vor dem Berliner Verwaltungsgericht ein. Sowohl das VG Berlin als auch das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg gaben abgeordnetenwatch.de in allen Punkten Recht und verpflichteten die Verwaltung des Bundestages zur Herausgabe der Prüfunterlagen. Die Parlamentsverwaltung zog daraufhin vor das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, das der Revision heute stattgab.
In einer Mitteilung teilte das Gericht mit: “Die Regelungen des Parteiengesetzes über die Pflicht zur Veröffentlichung der Rechenschaftsberichte der politischen Parteien und die Berichtspflichten des Bundestagspräsidenten schließen einen weitergehenden Informationsanspruch nach dem Informationsfreiheitsgesetz aus. Das Informationsfreiheitsgesetz sieht vor, dass Regelungen in anderen Rechtsvorschriften über den Zugang zu amtlichen Informationen dem allgemeinen Informationszugangsanspruch vorgehen. Hierunter fallen auch die Transparenzregelungen des Parteiengesetzes. Diese enthalten ein in sich geschlossenes Regelungskonzept zur Veröffentlichung von Informationen, die im Zusammenhang mit der Rechenschaftslegung der Parteien und der Entwicklung der Parteienfinanzen stehen.”