Spenderlisten aus dem Wahljahr 2017 veröffentlicht: abgeordnetenwatch.de fordert Verbot von Lobbyistenspenden

Veröffentlicht am

Unternehmen und Verbände haben den im Bundestag vertretenen Parteien im Wahljahr 2017 insgesamt 26 Millionen Euro an Spenden gezahlt, wie die Transparenzorganisation abgeordnetenwatch.de berichtet. Der überwiegende Teil davon war bislang unbekannt und wurde erst am Mittwoch, 16. Januar 2019, öffentlich, als die Bundestagsverwaltung die Spenderlisten ins Netz stellte. Zu den Geldgebern gehören Autokonzerne, die Versicherungsindustrie und die Tabaklobby. abgeordnetenwatch.de fordert Konsequenzen: „Wir müssen ausschließen, dass politische Entscheidungen in Deutschland käuflich sind,” so Sprecherin Léa Briand.

Berlin/Hamburg - abgeordnetenwatch.de-Sprecherin Léa Briand kritisiert die bestehenden Transparenzpflichten als vollkommen unzureichend: Konzerne und Lobbyverbände haben den Parteien rund um die Bundestagswahl Millionen zukommen lassen, die lange Zeit unentdeckt bleiben konnten. “Dies ist nicht länger hinnehmbar“, so Briand. "Wir brauchen ein absolutes Verbot von Unternehmensspenden und die strikte Begrenzung von Spenden durch Einzelpersonen.“ abgeordnetenwatch.de fordert außerdem, dass alle Angaben zeitnah veröffentlicht werden. Solche Regelungen sind in anderen Ländern bereits vorhanden. So dürfen in Frankreich Einzelpersonen maximal 7.500 Euro pro Jahr spenden, im Rahmen von Wahlkampagnen sogar nur 4.600 Euro. Unternehmensspenden sind komplett verboten.

Allein auf die Unionsparteien entfielen im Wahljahr 2017 rund 17 Millionen Euro (CDU: 12,6 Millionen Euro, CSU: 4,4 Millionen Euro). Damit erhielten beide Parteien weit mehr als die Hälfte aller Spendenzahlungen von sogenannten juristischen Personen (Unternehmen, Verbände, Organisationen). Die FDP bekam 4,6 Millionen Euro aus der Wirtschaft, die SPD 3,1 Millionen Euro. Die Grünen meldeten Spenden von ‘juristischen Personen’ in Höhe von 960.000 Euro, die AfD 167.000 Euro. Die Linkspartei nimmt nach eigenen Angaben keine Unternehmensspenden an. Im Rechenschaftsbericht werden 3.400 Euro von ‘juristischen Personen’ aufgeführt.

Zu den Spendern an die Bundestagsparteien gehören unter anderem der Automobilkonzern Daimler, der Tabakprodukthersteller Philip Morris und das Rüstungsunternehmen Rheinmetall. Die mit Abstand meisten Spenden zahlten die Arbeitgeberverbände der Metall- und Elektroindustrie in Bayern, Baden-Württemberg und NRW mit weit über 1,7 Millionen Euro. 

„Wir müssen ausschließen, dass politische Entscheidungen in Deutschland käuflich sind. Das schaffen wir nur durch mehr Transparenz und strenge Spendenregelungen,“ erklärt Léa Briand. abgeordnetenwatch.de fordert deshalb, die derzeitige Veröffentlichungsgrenze, ab der eine Parteispende zeitnah im Internet veröffentlicht werden muss, von 50.000 auf 10.000 Euro zu senken. Außerdem müsse es für Sponsoringeinnahmen - zu denen unter anderem Dienstleistungen wie Werbung und Bereitstellen von Ausstellungsflächen bei Parteiveranstaltungen zählen - dieselben Transparenzpflichten geben wie für Parteispenden. Derzeit müssen die Parteien ihre Sponsoring-Gelder nicht einzeln aufführen.

Die Transparenzorganisation appelliert an die Regierungsfraktionen Union und SPD, Zuwendungen von Unternehmen und Lobbyverbänden an politische Parteien zu verbieten. "In einer Demokratie darf politischer Einfluss nicht vom Geld abhängen", so Briand. Die von abgeordnetenwatch.de gestartete Internetpetition "Lobbyistenspenden an Parteien verbieten!" wurde bis Donnerstagmorgen, 17. Januar 2018, von mehr als 108.700 Menschen unterzeichnet. 

Das gesamte Spendenvolumen an die im Bundestag vertretenen Parteien lag im Wahljahr 2017 bei insgesamt rund 90 Millionen Euro. In dieser Summe enthalten sind sowohl die Spenden aus der Wirtschaft als auch die von Privatpersonen. 

Weiterführende Informationen: