Bayerische Landtagsabgeordnete kassieren bis zu 13,7 Mio. Euro nebenher - Millionenbeträge bleiben im Dunkeln

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Die bayerischen Landtagsabgeordneten haben seit Beginn der Legislaturperiode bis zu 13,7 Millionen Euro mit Nebentätigkeiten verdient. Das berichtet die Transparenzorganisation abgeordnetenwatch.de am Freitag mit Bezug auf die Angaben der Volksvertreter auf der Parlamentshomepage.

Über den Zeitraum der vergangenen zwei Jahre haben gleich fünf Parlamentarier Bruttozuflüsse von mindestens einer halben Million Euro gemeldet:

  • Michael Brückner (CSU, Gartenbaumeister): Nebeneinkünfte: mind. 1.994.000 Euro
  • Ludwig Freiherr von Lerchenfeld (CSU, u.a. Geschäftsführer Mobilsägewerk): Gesamteinkünfte: mind. 1.415.500 Euro
  • Anton Kreitmair (CSU, Landwirt): Gesamteinkünfte: mind. 852.000 Euro
  • Alfred Sauter (CSU, Rechtsanwalt): Gesamteinkünfte: mind. 725.000 Euro
  • Harald Schwartz (CSU, Geschäftsführer): Gesamteinkünfte: mind. 662.000 Euro.

"Wenn Abgeordnete mit ihren Nebentätigkeiten mehr kassieren als der bayerische Ministerpräsident, läuft etwas gehörig schief”, so abgeordnetenwatch.de-Geschäftsführer Gregor Hackmack. “Wir müssen jetzt darüber diskutieren, ob Nebeneinkünfte nicht komplett verboten werden sollten."

Nach Recherchen von abgeordnetenwatch.de gaben 48 der 180 Landtagsabgeordneten seit Beginn der Legislaturperiode Zusatzeinkommen an, also mehr als jeder vierte. Bei der CSU ist es sogar fast jeder dritte (30 von 101 Landtagsabgeordneten). 126 Parlamentarier haben mindestens eine Nebentätigkeit, allerdings ohne eine meldepflichtige Einkunft. Sechs Landtagsabgeordnete geben auf der Landtagshomepage keinerlei Tätigkeit neben ihrem Mandat an.

Sicher nachweisen lässt sich durch die Angaben der Volksvertreter auf der Parlamentshomepage, dass sie in dieser Legislaturperiode Nebeneinkünfte in Höhe von 8,4 Mio. Euro kassiert haben. Dies ist allerdings nur die absolute Mindestsumme – tatsächlich können die Abgeordneten sogar bis zu 13,7 Mio. Euro eingestrichen haben.

Der Grund für die riesige Grauzone ist, dass Landtagsabgeordnete nicht die tatsächliche Höhe eines Nebenverdienstes veröffentlichen, sondern ihre Einkünfte jeweils einer von zehn Stufen zuordnen müssen. So steht "Stufe 3" beispielsweise für Einkünfte zwischen 7.000 und 15.000 Euro. Die Höchststufe 10, in die Einkünfte von mindestens 250.000 Euro fallen, ist nach oben hin offen. Ob ein Abgeordneter 250.001 Euro, 1 Million Euro oder sogar mehr erhielt, ist nicht ersichtlich.

Die Veröffentlichungsregeln im Bayerischen Landtag orientieren sich an denen des Deutschen Bundestages, dessen Abgeordnete nach Recherchen von abgeordnetenwatch.de in den zwei Jahren seit Beginn der Legislaturperiode bis zu 21,4 Millionen Euro mit Nebentätigkeiten kassiert haben (siehe: https://www.abgeordnetenwatch.de/nebeneinkuenfte2015 )

"Dass mehrere Millionen Euro im Dunkeln bleiben ist nicht hinnehmbar. Die bayerischen Landtagsabgeordneten müssen endlich sämtliche Nebeneinkünfte offenlegen, und zwar vom ersten Euro bis zum letzten Cent", fordert abgeordnetenwatch.de-Geschäftsführer Gregor Hackmack.

Die jetzigen Veröffentlichungsregeln haben noch weitere große Schlupflöcher, so dass der Graubereich an unbekannten Nebeneinkünften tatsächlich noch sehr viel größer ist als die von abgeordnetenwatch.de errechneten rund 5 Millionen Euro. Denn bestimmte Einkünfte müssen die Parlamentarier überhaupt nicht melden. Vollkommen im Dunkeln bleiben zum Beispiel alle Nebenverdienste eines Abgeordneten, die unterhalb von 1.000 Euro monatlich bzw. unterhalb von 10.000 Euro jährlich liegen. Auch Gewinne aus der Unternehmensbeteiligung eines Abgeordneten tauchen nirgends auf.

Bei Freiberuflern wie Landwirten, Rechtsanwälten oder Unternehmensberatern ist außerdem nicht einmal bekannt, wer die Mandanten oder Geschäftspartner sind, von denen einige Politiker bis zu mehreren hunderttausend Euro erhalten.

"Die Verschleierung von Geldgebern ist ein Einfallstor für Lobbyisten", so abgeordnetenwatch.de-Geschäftsführer Gregor Hackmack. "Bürgerinnen und Bürger müssen in einer Demokratie wissen, von wem ihre Repräsentanten Geld kassieren. Nur mit strikten Offenlegungspflichten können Nebentätigkeiten wirksam auf finanzielle Abhängigkeiten und mögliche Interessenkonflikte geprüft werden."

Bei den von den Bundes- und Landtagsabgeordneten gemeldeten Nebeneinkünften handelt es sich um Bruttozuflüsse, von denen Freiberufler wie die Landwirte u.U. Mitarbeitergehälter oder Maschinen bezahlen müssen.

Eine Liste mit Nebeneinkünften aller Bayerischen Landtagsabgeordneten und weitere Hintergründe finden Sie im abgeordnetenwatch.de-Rechercheblog unter:
https://www.abgeordnetenwatch.de/blog/nebeneinkuenfte2015_bayern