Die Transparenzorganisation abgeordnetenwatch.de kritisiert den Wechsel des früheren Rüstungs-Staatssekretärs Stéphane Beemelmans zur Lobbyagentur EUTOP Berlin GmbH. Der Spitzenbeamte a.D., der 2011 vom damaligen Verteidigungsminister Thomas de Maizière ins Ministerium geholt worden war und auch zuvor schon viele Jahre eng an dessen Seite arbeitete, hatte gestern einen Geschäftsführerposten bei EUTOP angetreten. Beemelmans war im Februar 2014 von de Maizières Nachfolgerin Ursula von der Leyen in den einstweiligen Ruhestand versetzt worden.
"Dass ein Spitzenbeamter kurz nach seinem Ausscheiden Türöffner für eine Lobbyagentur wird, ist skandalös", so abgeordnetenwatch.de-Sprecher Roman Ebener. "Das Verteidigungsministerium muss jetzt erklären, warum es in dem Seitenwechsel offensichtlich keinen Interessenkonflikt sieht. Ansonsten hätte es ihn untersagen müssen."
Nach dem Bundesbeamtenrecht müssen Beamte einen Wechsel in die freie Wirtschaft bis zu fünf Jahre nach dem Ausscheiden aus dem öffentlichen Dienst ihrer Behörde mitteilen. Besteht ein möglicher Interessenkonflikt, ist "die Erwerbstätigkeit oder sonstige Beschäftigung [...] zu untersagen."
Das Verteidigungsministerium wollte sich zu der Angelegenheit gegenüber abgeordnetenwatch.de trotz mehrfacher Anfragen nicht äußern.
Mitte November hatte das Magazin STERN berichtet, dass die Bundesregierung den Wechsel von ausscheidenden Staatsdiener in die Wirtschaft so gut wie nie wegen möglicher Interessenkonflikte untersagt. Dies gehe aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine schriftliche Anfrage des SPD-Bundestagsabgeordneten Marco Bülow hervor.
abgeordnetenwatch.de forderte das Verteidigungsministerium auf, den Fall Beemelmans erneut auf einen möglichen Interessenkonflikt zu überprüfen. "Unter Umständen arbeitet Beemelmans bei EUTOP nun für Unternehmen, an die er als früherer Staatssekretär Aufträge vergeben hat", so Ebener. Im Verteidigungsministerium war Beemelmans u.a. für den Bereich Ausrüstung zuständig. Kurz vor seiner Entlassung kam heraus, dass er beim Jagdflugzeug "Eurofighter" eine Zahlung von 55 Millionen Euro am Bundestag vorbei an die Industrie freigegeben hatte.
abgeordnetenwatch.de forderte angesichts neuer Enthüllungen schärfere Regeln gegen Lobbyismus. Die TV-Dokumentation "Lobbyisten – Die stille Macht im Land”, die an diesem Mittwochabend im SWR-Fernsehen ausgestrahlt wird, belegt u.a., dass die Landesvertretungen von Sachsen, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Hamburg im laufenden Gesetzgebungsprozess eng mit ausgewählten Interessenvertretern großer Konzerne kooperierten. "Dieser privilegierte Zugang von Großkonzernen zu internen Informationen muss endlich ein Ende haben", appellierte Roman Ebener.
Ausführliche Informationen zum Thema:
- Pikanter Seitenwechsel: Vertrauter von Innenminister de Maizière wird Geschäftsführer einer Lobbyagentur (abgeordnetenwatch.de-Blog)
- Wurde ein früherer Staatssekretär mit dem Segen des Verteidigungsministeriums Chef einer Lobbyagentur? (abgeordnetenwatch.de-Blog)
- Erst Regierung, dann Revolving Door (stern.de)