Bei einem großen Teil der Nebeneinkünfte von Bundestagsabgeordneten bleibt vollkommen im Dunkeln, von wem diese stammen. Das geht aus Recherchen der Transparenzorganisation abgeordnetenwatch.de hervor. Seit Beginn der Legislaturperiode im vergangenen Oktober haben die Volksvertreter insgesamt über 6,6 Mio. Euro nebenher verdient, davon stammen mindestens 2,1 Mio. Euro aus anonymen Quellen.
Freiberufler wie Landwirte oder Anwälte brauchen nach den geltenden Verhaltensregeln des Bundestages nicht offen zu legen, wer ihre Geschäftspartner oder Mandanten sind. Seit Oktober erhielten Abgeordnete in 197 Fällen Bruttozahlungen von namentlich nicht bekannten Privatpersonen oder Unternehmen. In Einzelfällen lagen diese bei mehr als 250.000 Euro.
Eine Aufschlüsselung der 197 Fälle, in denen Abgeordnete Einkünfte von anonymen Geldgebern erhalten haben, finden Sie hier:
https://www.abgeordnetenwatch.de/sites/abgeordnetenwatch.de/files/einkuenfte_unbekannter_herkunft_1.png
"Die Verschleierung von Geldgebern ist ein Einfallstor für Lobbyisten", kritisierte der Geschäftsführer der Transparenzorganisation abgeordnetenwatch.de, Gregor Hackmack, am Montag. "Bürgerinnen und Bürger müssen in einer Demokratie wissen, von wem ihre Repräsentanten Geld kassieren."
abgeordnetenwatch.de fordert Konsequenzen aus dem jetzt bekannt gewordenen Umfang von anonymen Geldzahlungen und hat deswegen am Sonntag eine Internetpetition mit dem Titel "Verschleierung von Nebeneinkünften stoppen!" gestartet. Darin werden die Bundestagsabgeordneten aufgefordert, sowohl die Nennung aller Geldgeber als auch die Offenlegung der Nebeneinkünfte auf Euro und Cent gesetzlich zu verankern. Link zur Petition:
https://www.abgeordnetenwatch.de/petitions/verschleierung-von-nebeneinkuenften-stoppen
Nach den derzeitigen Verhaltensregeln müssen Bundestagsabgeordnete ihre Einkünfte erst ab einem Betrag von mehr als 1.000 Euro angeben und in zehn groben Verdienststufen veröffentlichen. Allein die Höchststufe 10, in die Einkünfte von mehr als 250.000 Euro fallen, wurde von den Parlamentariern seit Oktober in sieben Fällen gemeldet. Ob die Abgeordneten in diesen Fällen 251.000 Euro, 1 Million Euro oder sogar mehr erhielten, bleibt der Öffentlichkeit verborgen.
"Britische Unterhausabgeordnete müssen sämtliche Einkünfte und alle Geschäftspartner offenlegen. Es gibt keinen Grund, warum diese Transparenzpflichten nicht auch für Bundestagsabgeordnete gelten sollen", so abgeordnetenwatch.de-Geschäftsführer Gregor Hackmack.
Insgesamt 13 Bundestagsabgeordnete haben in den ersten neun Monaten dieser Legislaturperiode bereits Nebeneinkünfte von 100.000 oder mehr bezogen. Spitzenverdiener ist der Rechtsanwalt und CSU-Abgeordnete Peter Gauweiler, der auf der Parlamentshomepage Bruttoeinkünfte von mindestens 967.500 Einkünfte angibt. Der frühere Finanzminister Peer Steinbrück (SPD), wegen dessen horrender Nebeneinkünfte in der vergangenen Wahlperiode die Verhaltensregeln reformiert wurden, kassierte seit Oktober 2013 u.a. als Vortragsredner, Berater und Autor mindestens 159.000 Euro. Unter den 13 Spitzenverdienern befinden sich neun Parlamentarier von CDU/CSU und zwei der SPD.
Eine Liste mit den 13 Spitzenverdienern (100.000 Euro und mehr) finden Sie hier:
https://www.abgeordnetenwatch.de/sites/abgeordnetenwatch.de/files/nebeneinkuenfte_top13.png
Für Unmut sorgt die Nebentätigkeit des CSU-Politikers Peter Gauweiler als Anwalt inzwischen auch in der Großen Koalition. "Die Nebenverdienste von Herrn Gauweiler sind vor der großen Zahl seiner Fehlstunden und vielen verpassten Abstimmungen durchaus ein Problem," schrieb der SPD-Bundestagsabgeordnete und Parlamentarische Staatssekretär, Ulrich Kelber, im Kurznachrichtendienst Twitter. https://twitter.com/UlrichKelber/status/493423905504522240
Bezahlte Nebentätigkeiten haben nach Recherchen von abgeordnetenwatch.de 150 der 631 Bundestagsabgeordneten und damit annähernd jeder vierte. Von den Parlamentariern der CSU bezieht sogar fast jeder zweite zumindest eine Nebentätigkeit.
Eine Liste der Nebentätigkeiten nach Fraktionen finden Sie hier:
https://www.abgeordnetenwatch.de/sites/abgeordnetenwatch.de/files/nebeneinkuenfte_fraktionsuebersicht.png
WEITERFÜHRENDE INFORMATIONEN:
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Eine Liste mit den Nebeneinkünften aller Bundestagsabgeordneten sowie weitere Hintergründe finden Sie im Rechercheblog von abgeordnetenwatch.de:
+ Nebeneinkünfte: Abgeordnete kassieren mehrere Millionen Euro aus anonymen Quellen
https://www.abgeordnetenwatch.de/blog/nebeneinkunfte-abgeordnete-kassieren-mehrere-millionen-euro-aus-unbekannten-quellen
+ 13 Bundestagsabgeordnete melden Nebeneinkünfte von mehr als 100.000 Euro
https://www.abgeordnetenwatch.de/blog/2014-07-26/13-bundestagsabgeordnete-melden-nebeneinkunfte-von-mehr-als-100000-euro
+ Link zur Onlinepetition "Verschleierung von Nebeneinkünften stoppen!":
https://www.abgeordnetenwatch.de/petitions/verschleierung-von-nebeneinkuenften-stoppen
Bei 50.000 Unterschriften wird abgeordnetenwatch.de die Petition an die Parlamentarischen Geschäftsführer der Bundestagsfraktionen überreichen.
+ Eine alphabetische Liste aller Bundestagsabgeordneten mit Nebeneinkünften finden Sie hier (pdf):
https://www.abgeordnetenwatch.de/sites/abgeordnetenwatch.de/files/nebeneinkuenfte_mdbs_wp18_alphabetisch_0.pdf