Preisgelder, Orden, Wein: Was mit den Geschenken an Minister:innen passierte | abgeordnetenwatch.de Direkt zum Inhalt
Preisgelder, Orden, Wein
Was mit den Geschenken an Minister:innen passierte
Ein Orden hier, ein Preisgeld da: Behalten dürfen Minister:innen ihre Geschenke meist nicht. Unterlagen aus dem Kanzleramt zeigen nun, wer das Geld bekam.
Etwas anderes erzählen Unterlagen, die die Bundesregierung kürzlich auf Antrag von abgeordnetenwatch.de nach dem Informationsfreiheitsgesetz herausgegeben hat. Sie zeigen, was mit mehreren hunderttausend Euro passiert ist. Das Geld war eigentlich für Minister:innen bestimmt, am Ende kam es aber bei zivilgesellschaftlichen und oftmals karitativen Organisationen an.
10.000 Euro für die Welthungerhilfe – und ein Aktenvermerk
Einer der Namen, der in den Dokumenten häufig vorkommt, ist der des früheren Innenministers Wolfgang Schäuble (CDU). Im Mai 2015 schrieb Schäuble an Kanzleramtschef Peter Altmaier, dass er kürzlich den mit 10.000 Euro dotierten Johann-Heinrich-Voß-Preis für Literatur erhalten habe. Das Preisgeld wolle er gerne der Welthungerhilfe zugute kommen lassen.
In einem Antwortbrief fand Altmaier anerkennende Worte für Schäuble. Die Entscheidung, das Preisgeld der Welthungerhilfe zu spenden, sei "eine Geste, die Ihr großes politisches Wirken unterstreicht, das durch Streben nach sozialer Gerechtigkeit und Menschenwürde geprägt ist."
Mit Altmaiers Brief an den Minister war es allerdings nicht getan. Eine Beamtin im Kanzleramt legte zu dem Vorgang – so viel Sorgfalt muss sein – auch noch einen Vermerk an. Schließlich war über die Spende in der folgenden Kabinettssitzung unter dem Punkt "Verschiedenes" zu sprechen. Dort mussten Kanzlerin Angela Merkel und ihre Minister:innen noch zustimmen.
Geschenke bis 150 Euro dürfen behalten werden
Dass es derart formal zugeht, liegt am Bundesminister-Gesetz. In Paragraph 5 Absatz 3 ist geregelt, dass Mitglieder und ehemalige Mitglieder der Bundesregierung Geschenke melden müssen, die sie in Bezug auf ihr Amt erhalten. "Die Bundesregierung entscheidet über die Verwendung der Geschenke." Behalten dürfen Minister:innen ein Geschenk nur, wenn der Wert unter 150 Euro liegt.
Schäubles Preisgelder und deren weitere Verwendung waren mehrfach Thema im Kabinett. Im Juni 2015 hatte der Minister wieder einmal eine Auszeichnung erhalten, den “Point-Alpha-Preis für Verdienste um die deutsche Wiedervereinigung und den Frieden und Freiheit in Europa”. Die 25.000 Euro wolle er der Point-Alpha-Stiftung "zur Finanzierung einer deutsch-polnischen Jugendbegegnung zuwenden", teilte Schäuble dem Kanzleramt mit. Ein Jahr später bekam er von der “Stiftung Marktwirtschaft” einen mit 15.000 Euro dotierten Preis verliehen. Das Preisgeld sollte dem Deutschen Roten Kreuz zugehen, "um es in meinem Sinne für Flüchtlingshilfe in den bzw. nahe der Herkunftsregionen von Flüchtlingen (Nahost) zu verwenden", schrieb Schäuble. Weitere 10.000 Euro für einen Preis der “Europäischen St. Ulrichs-Stiftung” waren für Caritas International bestimmt.
Viel Geld zu verteilen hatte auch der damalige Außenminister und heutige Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Ein Preisgeld der Hans-Ringier-Stiftung in Höhe von 50.000 Euro spendete er der Obdachlosenarbeit der Evangelischen Bahnhofsmission Zoologischer Garten in Berlin. 50.000 Euro, die er für den Ignatz Bubis-Preis erhalten hatte, ließ Steinmeier zu gleichen Teilen der Bente-Kahan-Stiftung in Breslau und der Hochschule für Jüdische Studien in Heidelberg zukommen. Weitere 10.000 Euro Preisgeld von der Katholischen Akademie Bayern spendete er dem Projekt "Flüchtlingsnetzwerk Brandenburg", das von evangelischen und katholischen Kirchengemeinden getragen wird.
Die frühere Forschungsministerin Johanna Wanka verteilte ein 10.000 Euro-Preisgeld von der Handelskammer Düsseldorf an zwei Organisationen: den Förderverein Freiwillige Feuerwehr Nitzow und die Jugendbauhütte Quedlinburg Westendorf. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil erhielt 2019 den mit 5.000 Euro dotierten Regine Hildebrandt-Preis. Das Geld reichte er an die Bahnhofsmission Bielefeld weiter.
Ein Modellflugzeug wollte Altmaier gerne behalten, einen Orden nicht
Doch bei den Geschenken und der Frage, was mit ihnen passieren soll, geht es nicht immer um große Summen. Als Kanzleramtschef Peter Altmaier 2016 einen Karnevals-Orden mit dem schönen Namen “Es war einmal anders – die Heinzelmännchen auf den Kopf gestellt” erhielt, verzichtete er auf das Unikat (Materialkosten: "rund 10 Euro"). Er habe entschieden, "dass der Orden der ständigen Ausstellung in Köln u. damit der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden kann", ließ er über eine Mitarbeiterin ausrichten.
Anders sah es aus, als Altmaier einmal vom Chef der chinesischen HNA-Firmengruppe ein Modellflugzeug (Wert: "ca. 80 Euro") übergeben bekam. "ChefBK [Chef des Bundeskanzleramtes] möchte das Modellflugzeug gern behalten," heißt es in einer internen Mail des Kanzleramtes. "Es steht im Büro des Ministers."
"4 Biere der Sorte Domian" und sechs Flaschen Wein
2017 erhielt Altmaier von den belgischen Christdemokraten und dem CDU-Auslandsbüro eine Aufmerksamkeit im Wert von 12 Euro: "Das Präsent waren 4 Biere der Sorte Domian (belgisches Bier) und ein Glas", ist dazu vermerkt. Über den Verbleib der Getränke geben die Unterlagen keinen Aufschluss.
Geklärt ist dagegen die Verwendung von sechs Flaschen Wein im Wert von 156 Euro, die eine Amtschefin der Bayerischen Staatskanzlei mit nach Berlin brachte. Altmaier verfügte, "dass der Wein im Rahmen von Gesprächen der Leitungsebene im Kanzleramt genutzt wird."