Kurz notiert
Spendenlisten veröffentlicht

Immobilienlobby, Tabakindustrie, Versicherungen: Von wem die Parteien Geld bekamen

Mehr als 16,3 Mio. Euro haben die Bundestagsparteien im Jahr 2020 aus der Wirtschaft kassiert. Das zeigen Spendenlisten, die die Parlamentsverwaltung erst jetzt veröffentlicht hat. Besonders hohe Beträge flossen an CSU und CDU.

von Martin Reyher, 12.05.2022

Mit großer Verzögerung hat Bundestagspräsidentin Bärbel Bas die Rechenschaftsberichte von CDU, CSU, SPD, Grünen und AfD für das Jahr 2020 veröffentlicht (die Berichte von FDP und Linkspartei waren es bereits). In dem 271-seitigen Dokument enthalten sind unter anderem alle Spenden von mehr als 10.000 Euro – die allermeisten waren bislang unbekannt.

Unter den Spendernamen befinden sich zahlreiche große Unternehmen wie Allianz, Deutsche Vermögensberatung oder der Tabakkonzern Philip Morris. Viel Geld floss auch von Interessenverbänden insbesondere aus der Metall- und Elektro-Industrie.

[Grafik "Einnahmen der Parteien aus Spenden von Unternehmen, Verbänden, Organisationen". Ggfs müssen Sie diese zunächst aktivieren.]

Von den Zuwendungen aus der Wirtschaft profitierte vor allem die CDU: Sie erhielt mit rund 8,8 Mio. Euro mehr Spenden von Unternehmen, Verbänden oder Vereinen - sogenannten “juristischen Personen” -, als alle anderen Bundestagsparteien zusammen. Auch die zehn höchsten Einzelspenden gingen mit zwei Ausnahmen an die CDU.

Die zehn höchsten Parteispenden aus der Wirtschaft (2020):

  1. Verband der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie: 343.000 Euro an die CSU
  2. Gröner Family Office GmbH: 500.000 Euro an die CDU
  3. Deutsche Vermögensberatung AG (DVAG): 128.000 Euro an die CDU
  4. Südwestmetall: 100.000 Euro an die CDU
  5. Sachsenmilch: 100.000 Euro an die CDU
  6. Allfinanz Deutsche Vermögensberatung: 90.000 Euro an die CDU
  7. Verein der Bayerischen Chemischen Industrie: 62.000 Euro an die CSU
  8. Trumpf GmbH: 60.000 Euro an die CDU
  9.  Juan Garcia Lax GmbH: 59.999 Euro an die CDU
  10.  Metall NRW: 58.000 Euro an die CDU

Bei der CDU fallen darüber hinaus drei außergewöhnlich hohe Spenden von Privatpersonen auf. Diese stammen allesamt von Unternehmern aus der Immobilienwirtschaft. Christoph Alexander Kahl, Inhaber des Immobilienkonzerns Jamestown, überwies der Partei 331.290 Euro. Christoph Gröner (CG Gruppe) und Dietmar Bücher (Dietmar Bücher Schlüsselfertiges Bauen) spendeten 320.000 bzw. 179.000 Euro.

Zahlreiche Unternehmen ließen mehreren Parteien Geld zukommen, zum Beispiel der Tabakkonzern Philip Morris (insgesamt 71.500 Euro an CDU, CSU, SPD und FDP) oder die Ergo-Versicherungsgruppe (je 15.000 Euro an CDU, CSU, SPD, Grüne, FDP).

Nachfolgend aufgeführt sind die höchsten Spenden an die Bundestagsparteien aus der Wirtschaft (mehr als 25.000 Euro):

CDU:

Spenden von Unternehmen, Verbänden etc.: 8,8 Mio. Euro

  • Gröner Family Office GmbH: 500.000 Euro
  • Deutsche Vermögensberatung AG (DVAG): 128.000 Euro
  • Südwestmetall: 100.000 Euro
  • Sachsenmilch: 100.000 Euro
  • Allfinanz Deutsche Vermögensberatung: 90.000 Euro
  • Trumpf GmbH: 60.000 Euro
  • Juan Garcia Lax GmbH: 59.999 Euro
  • Metall NRW: 58.000 Euro
  • Klartext Grafik, Messe, Event GmbH: 54.439 Euro
  • WI Immobilienmanagment GmbH: 50.000 Euro (WI Bad Wörrishofen GmbH: 15.000 Euro)
  • Lakestar Advisors Germany: 49.800 Euro
  • Dr. Theiss Naturwaren; 49.000 Euro
  • Evonik Industries: 45.000 Euro
  • Ströer Deutsche Städte Medien GmbH: 43.914 Euro
  • Marquard GmbH: 40.000 Euro
  • Bundesverband private Anbieter sozialer Dienste: 39.200 Euro
  • Heinrich Schmidt Holding: 38.000 Euro
  • Groß & Partner Grundstücksgesellschaft: 32.000 Euro
  • Wörwag Pharma GmbH: 31.000 Euro
  • Allianz: 30.000 Euro
  • Klinikum Döbeln: 30.000 Euro
  • HanseMerkur: 25.000 Euro
  • Verband der Chemischen Industrie: 25.000 Euro
  • Griesemann Holding GmbH: 25.000 Euro
  • Dr. August Wolff GmbH & Co. KG Arzneimittel: 25.000 Euro
  • Dr. Helmut Rothenberger Holding GmbH: 25.000 Euro
  • Dr. Kurt Wolff GmbH GmbH & Co. KG: 25.000 Euro

CSU:

Spenden von Unternehmen, Verbänden etc.: 3,6 Mio. Euro

  • Verband der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie: 343.000 Euro
  • Verein der Bayerischen Chemischen Industrie: 62.000 Euro
  • Max Aicher GmbH: 54.300 Euro
  • Bayerischer Industrieverband: 41.000 Euro
  • Allianz: 30.000 Euro
  • Schön Klinik SE: 30.000 Euro
  • Wolfgang Weiss Immobilien: 25.000 Euro

SPD:

Spenden von Unternehmen, Verbänden etc.: 1,9 Mio. Euro

  • Verband der bayerischen Metall- und Elektroindustrie: 50.001 Euro
  • Evonik Industries: 40.000 Euro
  • Dr. Theiss Naturwaren: 35.000 Euro
  • Allianz: 30.000 Euro
  • Südwestmetall: 25.000 Euro

FDP:

Spenden von Unternehmen, Verbänden etc.: 1,3 Mio. Euro

  • Verband der bayerischen Metall- und Elektroindustrie: 50.001 Euro
  • Südwestmetall: 50.000 Euro
  • Ralph Dommermuth GmbH & Co. KG Beteiligungsgesellschaft: 48.000 Euro
  • Verband der Metall- und Elektroindustrie NRW: 40.000 Euro
  • MOSOLF SE & Co. KG: 37.500 Euro
  • Dr. Theiss Naturwaren GmbH: 35.000 Euro
  • Aelius GmbH (Immobilien): 25.000 Euro

Grüne:

Spenden von Unternehmen, Verbänden etc.: 690.000 Euro

  • Verband der bayerischen Metall- und Elektroindustrie: 50.001 Euro
  • Allianz Deutschland: 30.000 Euro
  • Südwestmetall: 25.000 Euro

In den Spendenlisten von AfD und Linkspartei finden sich keine veröffentlichungspflichtigen Zuwendungen von Unternehmen, Verbänden und anderen Organisationen ("juristische Personen"). Die Linke nimmt nach eigenen Angaben keine Spenden aus der Wirtschaft an.

Intransparente Parteienfinanzierung ist immer wieder Gegenstand von Kritik

Erst kürzlich forderte die Organisation für Zusammenarbeit und Sicherheit (OSZE) von Deutschland striktere Maßnahmen. Parteispenden müssten nicht nur schneller veröffentlicht, sondern auch bei einer bestimmten Höhe gedeckelt werden. 

Eine Begrenzung von Parteispenden wird es für längere Zeit wohl nicht geben. Vor allem CDU, CSU und FDP haben sich wiederholt dagegen ausgesprochen. Die Ampel-Koalition plant jedoch eine frühere Veröffentlichung. So sollen Großspenden künftig bereits ab 35.000 Euro sofort nach ihrem Eingang öffentlich gemacht werden, bislang liegt die Grenze bei 50.000 Euro. 

abgeordnetenwatch.de setzt sich für eine Sofortveröffentlichung schon ab 10.000 Euro ein. Dies würde dazu führen, dass die allermeisten Spenden zeitnah sichtbar würden – und nicht erst mit einer Verzögerung von teilweise mehr als zwei Jahren.

Warum die Veröffentlichung der Rechenschaftsberichte dieses Mal so lange dauerte

Nach dem Parteiengesetz müssen Parteien ihren Rechenschaftsbericht "bis zum 30. September des dem Rechenschaftsjahr folgenden Jahres" bei der Bundestagspräsidentin einreichen. Für das Jahr 2022 wären die Berichte also bis Ende September 2021 fällig gewesen. Nicht selten beantragen Parteien jedoch eine Fristverlängerung von drei Monaten. Normalerweise veröffentlicht die Bundestagsverwaltung die Berichte dann zeitnah und führt anschließend einen Plausibilitätscheck durch. Dass es bis zur Veröffentlichung im Mai 2022 dieses Mal deutlich länger dauerte als in den Vorjahren, erklärte die Bundestagsverwaltung auf Anfrage von abgeordnetenwatch.de so: "Die Bearbeitung der Korrekturen haben in diesem Jahr leider beträchtliche Zeit in Anspruch genommen." Sowohl die Bundestagsverwaltung als auch die Parteizentralen seien von pandemiebedingten Personalausfällen betroffen gewesen. Die Rechenschaftsberichte von FDP und Linkspartei waren bereits im vergangenen Dezember online gestellt worden.

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